ECHO 1/03

 

Advent, die kurzen, trüben Tage, die Zeit der Düsternis. Roland H. Wiegenstein schickt in seiner Zeitschriften-Rundschau (FR, 14.12.02) der Dezember-Kommune melancholische Gedanken nach: »Die Kommune, eine Zeitschrift, die sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Selbstverständigungsorgan der Linken entwickelt hat, wird vom nächsten Jahr an nur noch alle zwei Monate erscheinen. In ihrem Dezemberheft glänzt sie noch einmal mit informativen, gut geschriebenen Reportagen aus Kosovo und Albanien, sie berichtet über politische Strömungen in den USA, aber sie mischt sich auch in gegenwärtige Haushaltsdebatten ein, vor allem, was die kommunalen Etats betrifft, und bricht eine Lanze für städtische Theater, nicht bloß als »Event«-Maschinen und »Standortfaktor«, sondern als Möglichkeit öffentlicher Selbstverständigung. Kämmerer kann so etwas vielleicht ein bisschen nachdenklicher machen.«

Mit dem neuen Heft hoffen wir, Herrn Wiegensteins Melancholie aufhellen zu können. Inzwischen ist Arnulf Baring von den Barrikaden der »Salonrebellion« (FAS) ins Feuilleton zurückgekehrt und befasst sich in der FAZ vom 7.1. mit Politik in Zeitschriften: »Das europäisch-amerikanische Verhältnis wandelt sich rasant. Im Dezemberheft der Kommune spricht Balduin Winter von fundamentalen Erschütterungen: ›Der Atlantik, auf dessen kaltem und dunklem Grund die Titanic vor sich hin träumt, die einst besonders schnell New York erreichen wollte, ist seit der Wende von 1989/91 deutlich breiter geworden. Das mag Mr. Blair nicht ganz so wahrnehmen, dessen Schiff stramm Kurs auf Amerika hält ... Aber um die Befindlichkeit einzelner Personen geht es nicht, sondern um strategische Prozesse der Erdoberfläche, um Verschiebungen in der Plattentektonik.‹«

Auch in Berlin kommt man auf die Kommune zurück, will man sich, wie Michael Mayer in seinem »Blick in deutsche Zeitschriften« in der Berliner Zeitung vom 14.1. schreibt, eines Themas annehmen, das überraschend schnell »aus dem Fokus politischer Wahrnehmung herausgefallen« ist, nämlich das Moskauer Geiseldrama und dessen Anlass, der kaum beachtete Krieg in Tschetschenien: »›Hat der Terror gegen die Zivilbevölkerung‹, schreibt Erhard Stölting im Dezember-Heft der Kommune, ›einmal begonnen, verstärkt er sich selbst. Die Zivilbevölkerung hasst die Regierungstruppen immer mehr und weckt damit aufs Neue deren Rachegelüste. Die eigene Unsicherheit und Gefährdung schürt den Hass auch bei den Sicherheitskräften. Männer, die potenziell Terroristen sein könnten, werden präventiv als solche behandelt. Junge Frauen werden tendenziell zum Freiwild.‹«

Unter dem Titel »Die Welt & ihre Erkenntnis« erschien zum 20-jährigen Erscheinen der Kommune in der Novemberausgabe der Nürnberger Stadtillustrierten Plärrer eine allgemeine Würdigung: »Zwanzig Jahre gibt es nun die Zeitschrift »Kommune, Forum für Politik, Ökonomie und Kultur«, die in Frankfurt am Main erscheint. Entstanden aus der niedergehenden Studentenbewegung, hat sie unabhängig und ohne feste Anbindung an ein politisches Milieu den Gang Deutschlands und der Welt analysiert und kommentiert. Dazu zählten Joscha Schmierers Prognosen zur Herausbildung der Europäischen Union ebenso wie Dick Howards Untersuchungen der US-amerikanischen Außenpolitik, die erste deutsche Übersetzung von Milan Kunderas Essay über den »gekidnappten Kontinent«, nämlich Osteuropas durch die Sowjetunion, ebenso wie die ausführliche und aufklärerische Berichterstattung über die Kriege auf dem Balkan. Heute stehen Themen wie der Terrorismus, der Palästina-Konflikt und die Irak-Krise im Vordergrund, das Novemberheft bietet eine politische Reportage aus und über Kurdistan, einen analytischen Beitrag des italienischen Philosophen Angelo Bolaffi über die Rolle der EU im Zeitalter der Globalisierung, ein Interview mit dem britischen US-Botschafter über Guantánamo und den Internationalen Gerichtshof, eine Untersuchung der deutschen Wahlen (verliert die Union ihre strukturelle Mehrheitsfähigkeit?) und anderes mehr.«