Editorial

 

Vielleicht wirkt es nicht ganz angemessen, in Zeiten eines drohenden Krieges über uns selbst zu sprechen. Aber der Umstand, dass die Kommune mit dem 21. Jahrgang nicht nur ihre Erscheinungsweise, sondern auch sichtbar Struktur, Format und Lay-out verändert hat, bedarf wohl der Erläuterung. Denn unsinnig wäre es so zu tun, als hätte sich die Redaktion die Umstellung auf zweimonatliches Erscheinen einfach gewünscht. Diskussionen darüber mit unserem Geschäftsführer Gerd Heinemann und Anregungen von Gerd Koenen beschäftigten uns allerdings seit geraumer Zeit. Letztlich erschienen uns die Argumente für eine Konzentration der redaktionellen Arbeit (im Kleinstteam, mit begrenzten Mitteln) sowie die Aussicht auf die Verbesserung des Vertriebes (ohne großen Verlag) durch eine Verlängerung der »Laufzeit« des einzelnen Heftes plausibel. Hinzu kam der Gedanke, dass die Beschleunigungen des Themen- und Ereignisdurchsatzes sowie eines oft künstlich forcierten Erregungspotenzials ein Gegengewicht durch grundsätzlichere Gedanken und Analysen gut vertragen können. Denn unsere Zeitschrift suchte schon immer selbst im Aktuellsten noch die Unterströmungen langer Wellen – und war dabei doch nie ein »Theorieorgan«. Die spezifische Mischung aus Essay, Kommentar, Expertise, gelegentlich Reportage und manchmal »Paper«, aus breiter Darlegung und griffiger Diskussion, die auch tastendes Denken möglich machte, war auch der Ausgangspunkt für die Reform der Kommune. Es galt, aus einer gewissen Not (der Ressourcen) eine Tugend (der vorhandenen Stärken) zu entwickeln und veränderten Lesegewohnheiten Rechnung zu tragen.

Schon die Betonung des Wortes »Forum« im neuen Titel signalisiert, was wir wollen. Im Inneren des Heftes haben wir daher im Anschluss an das »Thema«, das durch die Kombination verschiedener Beiträge eine diskursive Struktur besitzen soll, das »Forum« als feste Form vorgesehen. Es soll Streit und Diskussion auslösen, der aus Beiträgen in der Zeitschrift selbst oder aus der gesellschaftlichen Debatte erwächst.

Dem »Zur Zeit«-Teil haben wir eine »Foto-Reportage« vorangestellt. Damit beabsichtigen wir eine Institutionalisierung visueller Darstellungen. Aber auch den »Zur Zeit«-Teil selbst hoffen wir mit spannenden Reportagen verbessern zu können.

Den »Schwerpunkt« eines jeden Heftes wollen wir erweitern, aber wir werden uns weiterhin nicht an den sonst oft üblichen »Schwerpunkt-Heften« orientieren. In diesem Heft ist der »Schwerpunkt« ein Beispiel für einen grundlegenden historischen Essay, im nächsten könnte es eine Kombination verschiedener Beiträge um einen Themenzusammenhang sein.

Mit der Umbenennung des Teils »Kultur« in »Feuilleton« kündigen wir die strikte Trennung zwischen Politik und Kultur auf. Indem wir die vermeintlich nur politischen Artikel in den vorderen Teilen mit kulturellen oder Kunstformen verknüpfen, räumen wir ihnen einen größeren Stellenwert im Gesamtheft ein – und im Gegensatz zu einer verbreiteten Meinung muss »Feuilleton« (da hinten!) auch nicht »Oberflächlichkeit« bedeuten. Das »Bücherfenster«, bewährt geschrieben von Joscha Schmierer, eröffnet dann den Teil, der rund um das Buch organisiert ist und zu den »letzten Seiten« führt, für die wir uns eine größere Resonanz bei Kritik und Anregung wünschen und auf denen wir von redaktionellen Vorhaben berichten werden.

Für uns sind all diese Änderungen keine Formalien. Auch das neue Lay-out, mit seiner lesefreundlicheren Schrift, seinen erweiterten Weißräumen und Bildformaten, soll Inhaltliches signalisieren: Das Geschriebene oder Fotografierte hat sein eigenes Gewicht und bekommt einen Platz, in dem die LeserInnen nicht eingezwängt werden.

Diese »Philosophie« der Nichteinzwängung soll die Zeitschrift noch stärker prägen. Das bedeutet: kein Einpassen in vorgegebene politische Linien oder Raster, keine Einschränkungen des Diskussionsrahmens und keine Tabuisierung von höchst strittigen Themen. Wie auch in diesem Heft ersichtlich, in dem an den unterschiedlichsten Stellen und auf unterschiedlichste Weise über den drohenden Irak-Krieg geschrieben wird, ist es notwendig, jenseits der Klischees von »Bellizisten« und »Pazifisten« zu diskutieren. Auch die Spannbreite politischer Meinungen darüber, ob und wie der Sozialstaat transformiert werden müsste, soll weit gestreut sein. Und muss nicht auch die Annahme, ökonomisches Wachstum in jeder Form stelle die Ultima Ratio menschlicher Entwicklung dar, erneut auf den Prüfstand, damit man auf dem ethischen Parkett der Parole »Wir machen alles, was wir machen können« überhaupt glaubhaft entgegnen kann? Auch in diesem Sinne hoffen wir, dass die »neue« Kommune einen streit- und lesbaren Beitrag leisten kann.

Die Redaktion

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Mit dieser Ausgabe hat Thomas Gehrmann seine »Sport & Körper«-Seite, eine jahrelange Institution, eingestellt. Wir danken ihm herzlich und freuen uns auf zukünftige Einzelbeiträge. – Willfried Maier beginnt in diesem Heft mit der Kolumne »Republikanische Randnotizen«; Peter Lohauß seine Rubrik »nachgezählt«. – Michael Schweizer wurde leider durch eine plötzliche Krankheit an der Erstellung seiner »Untaten & Orte«-Kolumne gehindert.