Otto Singer

 

Auslaufmodell Deutschland?

 

Institutionelle und mentale Wachstumsblockaden in Deutschland

 

 

Deutschland, der kranke Mann in Mitteleuropa? Schon die Wiedervereinigung bewirkte eine drastische ökonomische Trendverschiebung. Die nun schon lang anhaltende Stagnation ist, so unser Autor, nicht einfach Ausdruck einer Konjunkturschwäche, sondern könnte eine Ökonomie im langfristigen Prozess des Niedergangs kennzeichnen. Neben internen Faktoren wie nachlassende Anpassungsfähigkeit des ökonomischen Systems, Verhaltensdefekte der Marktteilnehmer geht der Artikel insbesondere auf institutionelle Wachstumsblockaden ein, die durch die Wirtschafts- und Sozialpolitik entstanden sind.

 

»Es gibt sehr wenig böse Menschen, und doch geschieht so viel Unheil in der Welt; der größte Teil des Unheils kommt auf Rechnung der vielen, vielen guten Menschen, die weiter nichts als gute Menschen sind.«
Johann Nestroy

 

Die frühere Wachstumslokomotive Deutschland ist zum Schlusslicht in Europa geworden. Die Lage der deutschen Volkswirtschaft ist ernst und gibt nur wenig Anlass zu optimistischen Hoffnungen. Gegenüber dem EU-Durchschnitt errechnet sich in den vergangenen sieben Jahren eine Wachstumseinbuße von gut 6 Prozent, und auch in der langfristigen Wachstumsposition ist Deutschland gegenüber den anderen entwickelten Volkswirtschaften deutlich zurückgefallen. Selbst wenn nun – wie die Prognosen Anfang 2004 andeuten – die Wirtschaftstätigkeit in Deutschland wieder intensiver und nach jahrelanger Stagnation die Null-Zone des Wirtschaftswachstums wieder verlassen wird, bleibt weiterhin das Problem eines deutlich verminderten Potenzialwachstums. Und deshalb kann auch nicht von einer konjunkturellen, vorübergehenden Rezession gesprochen werden, es geht vielmehr um eine tief greifende und lang anhaltende Stagnation der Wirtschaftstätigkeit, die möglicherweise einen säkularen Abstieg der deutschen Ökonomie anzeigt.

Festgemacht wird das Krankheitsbild vor allem an einer Kennziffer: Der Veränderungsrate des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP).(1) In der Tat belegte die deutsche Volkswirtschaft mit Zuwachsraten von 0,8 Prozent im Jahr 2001, 0,2 Prozent in 2002 und -0,1 Prozent im letzten Jahr jeweils den letzten Platz innerhalb der Europäischen Union. Das Wachstumsmuster hat sich freilich schon seit längerem zu Ungunsten der deutschen Wirtschaft verändert. Einen markanten Einschnitt gab es bereits zu Beginn der Neunzigerjahre. Mit der Wiedervereinigung ist das jährliche Sozialprodukt pro Einwohner vom westdeutschen Wert von damals etwa 45000 DM auf einen gesamtdeutschen Wert von etwa 40000 DM »zurückgesprungen«. Die ökonomische Entwicklung erfuhr mit diesem Datum eine gravierende Trendverschiebung: Verglichen mit dem langfristigen westdeutschen Trend entsprach die 1994 in Deutschland produzierte Menge an Gütern und Dienstleistungen etwa dem realen Sozialprodukt je Einwohner von 1987. Das ökonomische Wachstum der folgenden Jahre ging dann auch von diesem verminderten Basiswert aus. Mit dieser wohlfahrtsstaatlichen Zäsur geriet das alte Modell Deutschland erneut aus den Fugen.

Durch die deutsche Vereinigung hat sich die relative Einkommensposition Deutschlands auf einen Schlag deutlich verschlechtert. Deutschland ist im Vergleich zu anderen Nationen zurückgefallen: Während das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner im Jahre 1990 in Westdeutschland in Euro noch 154 von hundert in Relation zum Durchschnitt des Euro-Raums (ohne Ostdeutschland) betrug, reduzierte sich dieses Verhältnis ein Jahr später auf 136 von hundert. Bis Anfang der Neunzigerjahre lag die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung in Deutschland beträchtlich über dem europäischen Durchschnitt. Mit der Wiedervereinigung gab es einen deutlichen Sprung nach unten auf etwa das Niveau von Italien. Gravierender war freilich, dass die Wirtschaftsleistung seitdem weiter abgesunken ist. Deutschland ist insbesondere seit Mitte der Neunzigerjahre langsamer gewachsen als der Durchschnitt der europäischen Länder. Während Großbritannien und Frankreich in den Jahren von 1995 bis 2003 mit 22 sowie 20 Prozent ein Wirtschaftswachstum über dem europäischen Durchschnitt erreichen, liegt Deutschland mit nur 12 Prozent Wachstum noch deutlich abgeschlagen am Ende hinter Italien. Im Jahr 2001 betrug die Wirtschaftsleistung Deutschlands nur noch 127 Prozent des EU-Durchschnitts. Besonders akzentuiert wurde die Schlusslichtposition Deutschland in den vergangenen drei Jahren. Seit 2001 ist die ökonomische Entwicklung fast gänzlich zum Erliegen gekommen, das Pro-Kopf-BIP in Deutschland ist dadurch unter den Durchschnitt der EU-Länder gefallen.(2)

Dies alles hat nichts mehr mit einer einfachen konjunkturellen Schwäche zu tun. Die Schwierigkeiten der deutschen Volkswirtschaft sind längerfristiger Natur. Es geht um den langfristigen Wachstumspfad, wie er sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat. Darunter versteht man die langfristige Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes bei voller oder zumindest normaler Auslastung aller Kapazitäten, also die Veränderung des Produktionspotenzials. Davon weicht die tatsächliche Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes auf Grund von Konjunkturschwankungen ab. Konjunkturschwankungen sind demzufolge Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotenzials (Produktionslücke oder Output Gap). Wenn wir den Berechnungen des Sachverständigenrates (2003: 412ff.) folgen, hat spätestens seit Mitte der Neunzigerjahre eine spürbare Abschwächung des Potenzialwachstums in Deutschland stattgefunden. Die heutige Marke des Potenzialwachstums liegt danach bei etwa 1,5 Prozent und dies bei sinkender Tendenz. Dies wird durch die gleichzeitig gesunkenen Produktivitätszuwächse bestätigt: Der technische Fortschritt hat sich hier zu Lande deutlich verlangsamt: Der Zuwachs der Arbeitsproduktivität ist auf unter 1 Prozent gesunken. Ähnlich auch die Totale Faktorproduktivität, die den Güteroutput im Verhältnis zum Arbeits- und Kapitaleinsatz abbildet und die 2001 und 2002 ebenfalls jeweils um weniger als 1 Prozent gewachsen ist. In der ersten Hälfte der Neunzigerjahre hatte sie noch um bis zu 2 Prozent pro Jahr zugelegt. Die Lage ist also in Deutschland nicht nur durch eine ausgeprägte Konjunkturschwäche, sondern im Vergleich mit den USA und den anderen EU-Ländern vor allem durch ein geringes Trendwachstum gekennzeichnet.

 

Eine Ökonomie im Niedergang?

Offen ist die Frage, ob Deutschland nun bereits zu den »Newly Declining Economies« gehört oder ob die heutigen niedrigen Wachstumsraten – so scheinen die Grünen es jedenfalls zu interpretieren(3) – das normale Kennzeichen einer reifen Volkswirtschaft ist. In dieser Hinsicht müsste Deutschland mit Japan gleichgesetzt werden. Manches deutet auf eine gleichartige, allerdings zeitverzögerte Entwicklung hin. Eine solche tief greifende Erosion der ökonomische Leistungsfähigkeit – wie sie etwa Olson (1982) erläutert – kennzeichnete in früheren Jahren bereits die Entwicklung der Ökonomien Großbritanniens und Schwedens. Diese Gesellschaften waren nicht mehr in der Lage, ihre sozialen und ökonomischen Probleme zu lösen. Die institutionelle Anpassungsfähigkeit war blockiert und das politische Handlungssystem verlor einen beträchtlichen Teil seiner Problemlösungsfähigkeit.

Langfristige Prozesse des Niedergangs sind – ebenso wie die des ökonomischen Aufstieges – nicht historisch determiniert. Sie haben aber ihre kulturell-institutionelle Vorgeschichte. Dies betrifft etwa die nachlassende Anpassungsfähigkeit der Basis-Institutionen des ökonomischen Systems (z.B. Finanzierungsformen, Sachkapitalbildung im Unternehmenssektor, Formen der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, Ausbildung, Corporate Governance – IMF 2003a: 95ff.; Weltbank 2002). Hinzu kommen externe Bedingungen, die sich – abhängig vom Offenheitsgrad einer Ökonomie – ebenfalls als Bremsfaktor für die Entwicklung einer Volkswirtschaft erweisen können (Arora und Vamvakidis 2004). Eine wichtige Rolle spielen außerdem kulturell-ideologische Einflüsse. Sie steuern als eine Art kognitiver »Filter« das Verhalten der Marktteilnehmer und der Politik und können dadurch suboptionale Zustände verfestigen. Begünstigt wird dies durch Verhaltensdefekte der Marktteilnehmer und ihrer Organisationen (Rajan und Zingales 2003; Harper 2003). Die empirische Wachstumsforschung hat in den letzten Jahren ebenfalls versucht, die verschiedenen Quellen des Wachstums zu erfassen. Hierzu gibt es inzwischen eine umfangreiche Literatur, die allerdings kein ganz einheitliches Bild liefert (OECD 2003; Sachverständigenrat 2002: 316ff.).

Die lang anhaltende Stagnation in Deutschland hat zumindest einen Teil ihrer Ursachen in den institutionellen Blockaden, die sich seit einigen Jahrzehnten im ökonomischen System der Bundesrepublik entwickelt und verfestigt haben. Das Modell Deutschland hat sich offenbar – insbesondere nach der Wiedervereinigung – als nicht mehr ausreichend anpassungsfähig gezeigt, gleichzeitig sind neue Hürden für die Entfaltung der produktiven Potenziale entstanden. Dazu gehören etwa die gehemmte Adaptionsfähigkeit der deutschen Ökonomie an neue Weltmarktbedingungen und die nur langsame Ausbreitung und Vertiefung des Dienstleistungssektors.(4) Hinzu kommen die übermäßigen staatlichen Finanzlasten und regulativen Verkrustungen, die zur Wachstumskrise Deutschlands beigetragen haben (Siebert 2003).(5)

Besonders schwere Lasten brachte die deutsche Wiedervereinigung. Zwar hat die Vereinigung der beiden deutschen Staaten in den Jahren 1991 bis 1993 zunächst zu einem Vereinigungsboom geführt; danach kam es aber zu einem Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität. Zudem ist seit dem Jahre 1996 der ostdeutsche Aufholprozess ins Stocken geraten. Die Entwicklung in Ostdeutschland erweist sich seitdem als Wachstumsbremse. Liegt das Inlandsprodukt je Erwerbsfähigen in Ostdeutschland bei nur 58 Prozent des westdeutschen Niveaus, haben die Lohnkosten ein Niveau von deutlich über 70 Prozent und die durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen ein Niveau von etwa 85 Prozent erreicht. Die Wachstumsschwäche des Ostens überträgt sich rechnerisch in das geringe Niveau des gesamtdeutschen Wachstums (Sachverständigenrat 2002: 211f.). Dies trägt auch dadurch zur gesamtdeutschen Wachstumsschwäche bei, weil sie andauernde öffentliche Transfers in die neuen Länder erzwingt. Jährlich werden (je nach Berechnungsweise) zwischen 60 und 100 Milliarden Euro für die neuen Bundesländer bereitgestellt – dies sind etwa 3 bis 5 Prozent des gesamtdeutschen Bruttoinlandsproduktes (Bach und Vesper 2000).

Eine weitere Bürde aus der jüngeren Vergangenheit liegt in der Verschärfung der Wettbewerbslage durch die Erosion der Grenzen gegenüber Osteuropa und den ökonomischen Wirkungen der europäischen Integration. Insbesondere die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion hat den anderen Ländern des Euro-Raums einen relativen Zinsvorteil verschafft, dort zu einer Belebung der Investitionstätigkeit geführt und so zu den Wachstumsunterschieden beigetragen. Ein Teil der seit Mitte der Neunzigerjahre zu beobachtenden Wachstumsdifferenz zwischen Deutschland und den Partnerländern des Euro-Raums ist deshalb zu einem gewissen Teil auch darauf zurückzuführen, dass nun alle Länder des Euro-Raums über die gleichen, stabilitätsorientierten Rahmenbedingungen verfügen und Deutschland seinen relativen Zinsbonus und damit den »Stabilitätsvorteil« verloren hat (Sachverständigenrat 2002: 212f.).

In den Neunzigerjahren haben sich auch die anhaltenden Strukturprobleme auf dem Arbeitsmarkt zunehmend als Beschäftigungs- und Wachstumsbremse erwiesen. Gerade die Rigiditäten auf den Arbeitsmärkten und die Beschäftigungsentwicklung haben zur deutschen Wachstumsschwäche beigetragen. Auch die Lohnentwicklung hat zur ungünstigen Beschäftigungsentwicklung beigetragen: Die realen Lohnkosten im verarbeitenden Gewerbe sind in den vergangenen 20 Jahren in Westdeutschland um mehr als 40 Prozent gestiegen. In den Niederlanden betrug der Anstieg lediglich etwas mehr als 20 Prozent und in den Vereinigten Staaten etwa 8 Prozent. Folge: Die Zahl der Beschäftigtenstunden stieg in den Vereinigten Staaten um gut 40 Prozent und in den Niederlanden um 20 Prozent, während sie in Westdeutschland um etwa 5 Prozent zurückging. Hinzu kommt: Die Ausweitung des Sozialstaates hat zum Anstieg der Lohnkosten maßgeblich beigetragen. Durch den Ausbau der Lohnersatzleistungen wurden die Anspruchslöhne erhöht, außerdem wurde die auf dem Faktor Arbeit lastende Abgabenlast gesteigert. Nichtbeschäftigung ist in Deutschland immer lukrativer und Beschäftigung immer unattraktiver geworden (Sinn 2003; Zimmermann 2004).

Hinzu kommen Überregulierungen: Internationale Studien zeigen, dass die Regulierungsdichte in Deutschland immer noch verhältnismäßig hoch ist. So können Unternehmensgründungen in USA erheblich rascher stattfinden, der technologische Fortschritt setzt sich in den Unternehmen schneller durch, es gibt weniger institutionelle und bürokratische Hemmnisse (Nicoletti und Scarpetta 2003; Alesina u.a. 2003).(6) Infolge der geringen Lohnflexibilität und anderer Inflexibilitäten gerade im Niedriglohnbereich werden viele Arbeitsplätze unrentabel oder entstehen überhaupt nicht. Dies erklärt auch, warum es so schwierig ist, in Deutschland den Dienstleistungsbereich auszuweiten. Eine Besonderheit kommt hinzu: Der relativ hohen Arbeitsproduktivität in Deutschland steht eine vergleichsweise niedrige Kapitalproduktivität gegenüber. Die Inflexibilitäten gibt es also nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, auch die Rentabilität des Kapitalstocks bleibt hinter den internationalen Konkurrenten zurück (Siebert 2003)

Ohne Zweifel spielt bei all dem auch der Staat eine signifikante Rolle. Allerdings lassen sich viele staatliche Aktivitäten empirisch kaum klar abgrenzen und darüber hinaus gilt auch, dass der Staat nicht auf seine ökonomische Rolle reduziert werden kann. Dennoch gibt es gute Gründe für die Annahme, dass die deutsche staatliche Wirtschafts- und Finanzpolitik sich in den vergangenen Jahren dämpfend auf das ökonomische Wachstum ausgewirkt hat. Ein Indikator dafür ist der übermäßig angestiegene Interventions- und Ausgabenumfang des Staates: Die Staatsquote verharrt weiterhin bei nahezu 50 Prozent. Das Versagen der Politik offenbart sich vor allem in der misslungenen Konsolidierungspolitik, aber auch in den halbherzigen Reformen des Steuersystems. Gleichzeitig hat sich – nicht zuletzt durch die Lasten der Deutschen Einheit und der demographischen Entwicklung – die Struktur der öffentlichen Ausgaben erheblich verschlechtert. Ein immer größerer Anteil der staatlichen Ausgaben fließt in sozialpolitisch begründete Bereiche, während die investiven Anteile geschrumpft sind. Das Übergewicht der konsumtiven Ausgaben deutet darauf hin, dass die produktiven Grundlagen der Wirtschaft durch das staatliche Handeln vernachlässigt werden. Aber auch die investiven Bereiche sind durch wenig Wachstumswirkung geprägt: Gerade die investiven Ausgaben in den neuen Ländern haben sich bisher nur wenig wachstumswirksam erwiesen.

Insgesamt fesselt ein schleichender Sozialstaats-Korporatismus viele produktive und innovative Kräfte. Er hat seine Ursprünge in den vielen guten Absichten der Reformpolitik vergangener Jahrzehnte und sorgte für ein immer weiter vertieftes System von Sicherheiten und Einbindungen. Die Kehrseite dieses Systems der Daseinsvorsorge ist Immobilität, mangelnde Durchlässigkeit, soziale Exklusion. Zu sehen sind auch die vielen Verteilungskoalitionen, die ein immer dichteres Subventionsdickicht(7) entstehen ließen und die einen immer größeren Teil der staatlichen Finanzressourcen absorbieren. Dazu beigetragen hat auch die makroökonomische Grundorientierung, die immer wieder das Handeln der Politik bestimmte. Die historischen Erfahrungen mit kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen zeigen freilich, dass die mit dem konjunkturellen Impuls erwarteten Wachstumssteigerungen nicht in erwartetem Umfang eintraten. Gleichzeitig sind aber mit den Ausgabensteigerungen neue Lasten für die öffentliche Hand entstanden, die einen neuen künftigen Konsolidierungsbedarf schufen. Das beste Beispiel ist der massive konjunkturelle Impuls durch die deutsche Wiedervereinigung, der in kurzer Zeit verpufft war, aber in der Folgezeit zu massiven finanzpolitischen Schieflagen führte und gleichzeitig die langfristigen Wachstumsbedingungen untergrub.

 

Institutionelle und mentale Reformblockaden

Es scheint, dass in Deutschland eine Kumulation von Defekten im ökonomischen System, aber auch im gesamten Gemeinwesen zur Stagnation beigetragen hat. Reformen müssen deshalb an diesen Hemmnissen und Blockaden ansetzen. Entsprechende Politikempfehlungen werden seit Jahren von vielen politikberatenden Institutionen immer wieder vorgelegt (in jüngerer Zeit: Franz 2002; Sachverständigenrat 2002 und 2003; Sinn 2003; Siebert 2003; Zimmermann 2004). Auch die europäische Lissabon-Strategie, der Stabilitäts- und Wachstumspakt und die »Grundzüge der Wirtschaftspolitik« der EU lassen sich als komplementäre Beiträge zu einer solchen Wachstumskonzeption interpretieren.(8) Die Vorschläge sind freilich lange Zeit weitgehend unbeachtet geblieben oder wurden von der Bundesregierung explizit zurückgewiesen. Lange Zeit war die Problemdeutung vorherrschend, die Stagnation der letzten Jahre sei vornehmlich eine Folge internationaler Konjunkturbedingungen und mit der Verbesserung der weltwirtschaftlichen Bedingungen seien auch die Grundlagen für einen neuen Aufschwung in Deutschland gegeben (Bundesregierung 1999; 2002: 10ff.). Auch die Koalitionsvereinbarung von 2002 beruht auf der Illusion, die Wachstumsmisere in Deutschland sei vor allem konjunktureller Natur und es könne mit der Verbesserung der weltwirtschaftlichen Bedingungen ein neuer Aufschwung erreicht werden (SPD und Bündnis 90/Die Grünen 2002). Die strukturellen Reformen sind deshalb erst mit großer Verzögerung in die politische Agenda der jetzigen Regierung aufgenommen worden (Bundesregierung 2004: 10ff.).

Einen Teil der Verantwortung dafür tragen die institutionellen Reformblockaden, das heißt die strukturellen Defekte des politischen Handlungs- und Entscheidungssystems. Hierzu zählen das Verhältniswahlrecht, das klare Mehrheitsverhältnisse nur selten hervorbringt; ein Föderalismus, der nicht kompetitiv ist und sich in der Gesetzgebung als Blockadeinstrument missbrauchen lässt; eine Finanzverfassung, die die Kompetenzen eher vermischt als sauber trennt. Ergebnis ist ein »System der organisierten Unverantwortlichkeit« (Gisela Färber), das im Aufeinandertreffen von Parteienkonkurrenz und konzertierten Länderinteressen schmerzhafte Reformen kaum noch zuließ. Zu nennen ist auch das Bundesverfassungsgericht: Es hat sich inzwischen infolge seiner viele Wirtschaftsabläufe weiter verregelnden und verteuernden Rechtsprechung als ein weiteres Hindernis für wachstumsorientierte Reformen erwiesen. Es ist angesichts dieser vielfältigen Blockademöglichkeiten nicht verwunderlich, dass Reformen in Deutschland prinzipiell nur langsam vorankommen und an vielen (institutionalisierten) Veto-Möglichkeiten scheitern können (Kitschelt und Streeck 2003).(9)

Einzig die europäische Ebene hat sich als Reforminstanz erwiesen und brachte in einzelnen Bereichen eine Reihe von Liberalisierungsfortschritten: Insbesondere die Liberalisierung vormals stark regulierter staatsnaher Sektoren (Telekommunikation, Energie, Finanzmärkte) geht auf EG-Richtlinien zurück, die von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden mussten. Die Binnenmarktregelungen haben eine Reihe von Verkrustungen aufgebrochen und die EU-Kommission nimmt heute die Rolle ein, die eine echte bundesdeutsche Ordnungspolitik schon lange hätte spielen sollen (Zolnhöfer 2003). Hinzu kommen Reformempfehlungen im Rahmen der europäischen wirtschaftspolitischen Koordinierung. Dazu gehört auch die haushaltspolitische Überwachung durch den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, der allerdings gerade durch die Bundesregierung in Frage gestellt wird.

Die institutionellen Reformblockaden erklären recht gut, warum in den Achtziger- und Neunzigerjahren die von der damaligen Regierung angestrebten Reformen nicht verwirklicht werden konnten. Die programmatischen Vorgaben waren ohne Zweifel vorhanden, die Kohl-Regierung hatte die Reform-Agenda des Sachverständigenrates schon am Anfang der Achtzigerjahre auf ihre Fahnen geschrieben (dies war die »Wende« der Achtzigerjahre) (Schmidt 1988). Dieser marktwirtschaftlichen Revitalisierungskonzeption war von den damaligen Oppositionsparteien (SPD und Grüne) – insbesondere über die Länderebene – erfolgreich Widerstand entgegengesetzt worden. Und auch der spätere rot-grüne Wahlerfolg beruhte darauf, dass in der öffentlichen Wahrnehmung sich zunehmend die Auffassung durchsetzte, die Politik der Kohl-Regierung sei nicht nur wirtschaftspolitisch überholt, sondern auch ungerecht: Die auf Rekordhöhen ansteigende Arbeitslosigkeit wurde der alten Wirtschaftspolitik angelastet, und gleichzeitig wurde diese Politik von vielen als unsozial empfunden. So galt die damals so genannte Angebotspolitik als klassenkämpferisches Machtinstrument einer Allianz aus herzlosem Unternehmertum, neoliberaler Wirtschaftswissenschaft und einer willfährigen Politik. Wo bisher eine Politik der kalten effizienzorientierten Wachstumsstärkung als alleinige Leitschnur des Regierungshandelns galt, sollte nun eine sozial verträgliche inklusive Wirtschaftsstrategie einen neuen Konsens erbringen. Als Wahlkampf-Konzeption gegen ein verbrauchtes und kaum noch entscheidungsfähiges Regierungsestablishment gerichtet, hat diese – im Verbund mit dem breit gefächerten Zielsystem der ökologischen und sozialen Orientierungen – dabei geholfen, eine Alternative zur alten Politik zu präsentieren.

Die Abkehr vom System Kohl im Jahr 1998 war zwar auch mit einem Modernisierungsschub in einigen gesellschaftlichen Bereichen verbunden. Es ging freilich weniger um die Ausweitung von Freiheitsrechten und mehr Liberalität, sondern vor allem um die Anerkennung von Teilhabe- und Beteiligungsansprüchen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Insgesamt bot die Politik der Neuen Mitte ein Bild des Widerspruchs und der Halbherzigkeit: Politisch-kultureller Modernisierungsanspruch und wohlfahrtsstaatlicher Strukturkonservatismus gingen Hand in Hand. Der kulturell-habituelle Terraingewinn war jedoch nicht kostenlos. Der Modernitätsanspruch der Schröder-Regierung wurde erkauft mit neuen Lasten und einem Zuwachs an ökonomischem Immobilismus. Den Gewinnen auf dem Feld der kulturellen Hegemonie entsprach deshalb eine deutliche Niederlage auf dem Gebiet der politisch-ökonomischen Steuerungsfähigkeit.

Mit der Vertiefung der ökonomischen Stagnation ab dem Jahr 2000 ließ sich dieser Mangel nicht mehr kaschieren. Mit der dann folgenden Kurskorrektur wurden nun wesentliche Elemente aus dem Instrumentenkasten der alten liberal-konservativen Koalition reaktiviert (die kurioserweise in der CDU fast vergessen sind und in der FDP nur noch als Parodie existieren). Sichtbar wird dies insbesondere bei der Agenda 2010, die in einem top-down-Verfahren durch das Kanzleramt(10) in den Diskussionsprozess eingebracht worden ist und nun starkem Widerstand im eigenen Lager ausgesetzt ist. Die Regierung erntet jetzt, was während der Achtziger- und Neunzigerjahre gesät worden ist. Fast alles, was die Regierung auf der Haben-Seite zu verbuchen hat – vor allem die bisher allerdings nur Stückwerk gebliebenen Sozialreformen – ist den sozialdemokratischen und (in geringerem Ausmaß und gegen geringeren Widerstand) auch den grünen Gewohnheiten und Überzeugungen abgetrotzt und steht zudem in deutlichem Kontrast zu den programmatischen Aussagen der Regierungsparteien.

Eine entscheidende Hürde für eine Durchsetzung der Reformen sind deshalb heute die mentalen und kognitiven Barrieren, die innerhalb der Regierung und den Regierungsparteien und in ihrem Umfeld die Formulierung und Umsetzung der gebotenen Reformkonzeptionen verhindert haben. Man kann hier auch von einer kulturellen Hysterese sprechen, also von Ideologien und Grundüberzeugungen, die nicht (mehr) den materiellen gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechen, sich gleichwohl als dauerhaft wirksam erweisen und damit – insbesondere, wenn sie das Handeln von politischen Entscheidungsträgern und Multiplikatoren bestimmen – den Fortschritt einer Gesellschaft entscheidend retardieren können. Die Agenda 2010 ist in dieser Hinsicht – angesichts der sich verfestigenden ökonomischen Stagnation – ein Befreiungsschlag, der allerdings auch gegen die Orthodoxie des Parteiestablishments und ihrer Wissenseliten gerichtet war. Der Mainstream der beiden Regierungsparteien folgt immer noch jenem Paradigma, das auch den ideologischen Kern des oppositionellen Netzwerks gegen die Kohl-Regierung während der Achtziger- und Neunzigerjahre bildete und »eine andere Politik für eine andere Mehrheit« (Bundestagswahlprogramm 1998) begründen sollte.(11)

 

Reformen ohne Mandat?

Das Unbehagen am kapitalistischen Wohlfahrtsmodell offenbart sich letztlich in einem parasitären Verhältnis zum ökonomischen Wachstum: Einerseits werden dem kapitalistischen Wachstumsmodell immer noch große Vorbehalte entgegengebracht (sie sind in den Programmatiken und Debatten beider Parteien unschwer aufzufinden), andererseits benötigt ihr Politikmodell ein Mindestmaß an ökonomischer Prosperität als Überlebensgarantie. Gleichwohl sieht ein nicht unwesentlicher Teil gerade der grünen Mitglieder und Wähler die Ursachen der von ihnen als maßgeblich angesehenen Probleme weiterhin im Wachstum selbst (das Entstehen der Grünen resultiert ja gerade aus dieser Wahrnehmung). Hinzu kommen die ideologischen Anleihen beim Neo-Marxismus aus Frankfurt und Berkeley, der das Fundament der nun ins Globale ausgeweiteten Konsumkritik lieferte, und die Restbestände der Dependenz-Theorien, die die Wohlfahrtsentwicklung der Industrieländer in ein Ausbeutungsverhältnis gegenüber den Entwicklungsländern stellen. All dem zur Seite gestellt ist die immer noch virulente Marktkritik, die sich heute vor allem als Kampf gegen die weltweite Herrschaft des Neoliberalismus äußert.

Elemente all dieser Grundorientierungen finden sich in den Schlüsseltexten des rot-grünen Hinterlandes und der grünen Programmatik. Nicht zu übersehen sind sie freilich auch in den aktuellen Beiträgen von Repräsentanten des Regierungslagers. So etwa der wirtschaftspolitische Sprecher der grünen Fraktion in der Bundestagsdebatte zum Jahreswirtschaftsbericht: »Angesichts der sinkenden Wachstumsraten stellt sich immer stärker die Frage, ob das Bruttoinlandsprodukt überhaupt ein geeigneter Maßstab für die Ermittlung des Wohlstandes sein kann.« (BT-Protokoll 15/91 vom 12.2.04) Und Reinhard Loske, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag fasst die traditionellen Argumente der grünen Wachstumskritik in den heroischen Vorschlag: »In der aktuellen Debatte über die Zukunft des Landes kann die grüne Devise nur lauten: Qualitativ wachsen, um quantitativ schrumpfen zu können.« (SZ, 16.2.04)

Das »teilweise bekehrte« (NZZ) rot-grüne Regierungspersonal hat es angesichts dieser wachstumskritischen Grundierung außerordentlich schwer, sich zu einer klaren Wachstumspolitik zu bekennen und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Weiterhin wird mit einem gehörigen Maß an Camouflage und Newspeak operiert, wenn es um die Benennung von Wachstumsoptionen geht. Die wachstumsorientierten Wirtschafts- und Finanzpolitiker gerade der Grünen sind dazu verurteilt, in grünen Konsenspapieren von ökonomischer Entwicklung, Innovation und wirtschaftlicher Dynamik zu sprechen. Selten findet sich ein uneingeschränktes Bekenntnis zum ökonomischen Wachstum. Das Schicksal der Agenda 2010 zeugt von diesem Dilemma: Die Umsetzung der Reformen steht vor der Hürde der durch Big Labour repräsentierten sozialpolitischen Vorbehalte und der Aufweichung durch die grüne Wachstumskritik.

Auch der Rücktritt des Bundeskanzlers vom Parteivorsitz ist in dieser Hinsicht das Eingeständnis, dass diese Diskrepanz zwischen Regierungskurs und programmatischer Ausrichtung der SPD letztlich nicht überwunden werden konnte. Die Bruchstücke der vom Kanzler als notwendig erachteten Sozialreformen werden nun noch mehr unter den Vorbehalt der »sozialen Gerechtigkeit« im Sinne Lafontaines gestellt werden. SPD-Linke und Gewerkschaften haben bereits mehr soziale Gerechtigkeit für die verbleibenden Reformen der Agenda 2010 eingefordert und beharren auf einer entsprechenden Kurskorrektur. Die Kräfte in der SPD, die die wenigen Reformen der Agenda 2010 korrigieren wollen, fühlen sich gestärkt und sind bestrebt, der Verteilungsgerechtigkeit mehr Gewicht zu geben. Dies zeigt sich etwa daran, dass einige der Lieblingsprojekte der Linken – die bisher eher eine rhetorische Alibifunktion besaßen – nun auf den Weg gebracht werden (z.B. Ausbildungsplatzabgabe, Vermögensteuer). Gleichzeitig werden vorliegende Gesetzentwürfe überarbeitet (Rente) und schließlich wird manches einfach aufgeschoben (wie etwa bei der Pflegeversicherung).(12) Damit ist die Regierung wieder am Ausgangspunkt des Jahres 1998 angelangt (allerdings nun mit der riesigen Hypothek einer seither eingetretenen langjährigen ökonomischen Stagnation). Insbesondere die SPD ist nun Gefangene ihrer früheren Wahlversprechen.(13)

Es spricht aber viel dafür, dass die rot-grüne Regierung ihr politisches Überleben dennoch nur dadurch sichern kann, dass sie die Sozialreformen und die anderen Sanierungsprogramme nun konsequent zu Ende führt. Sie muss erkennbar dazu beitragen, dass die Wachstumskräfte der deutschen Volkswirtschaft wieder revitalisiert werden. Zur eigentlichen Nagelprobe für die Reformfähigkeit kommt es, wenn in diesem Jahr ein – immer noch zweifelhafter – konjunktureller Aufschwung einsetzen sollte. Es ist zu befürchten, dass der Reform-Elan dann wieder erlahmt und die notwendigen Strukturreformen wieder aufgeschoben werden. Es kommt deshalb darauf an, sich nicht von einer konjunkturellen Belebung in Sicherheit wiegen zu lassen. Um aus der »Zeitschleife des reproduktiven Symptom-Managements« (Wiesenthal) auszubrechen, braucht es freilich den schumpeterschen Politiker, der politischen Realitätssinn mit dem Wagnis der politisch-ökonomischen Innovation verbindet.

Erforderlich ist dazu ein erneuter Anlauf zu einer Verbesserung des Kompetenzgefüges der staatlichen Akteure im weitgehend blockierten kooperativen Föderalismus. Entscheidend für einen langfristigen Erfolg aber ist eine Veränderung der wirtschaftspolitischen Wissensbasis. Dazu gehört zuallererst ein neuer wirtschaftspolitischer Diskurs in beiden Regierungsparteien und ebenso in ihrem Umfeld. Hierzu gehört auch eine stärkere Rückbesinnung auf das ursprüngliche Konzept der sozialen Marktwirtschaft. Dann wäre die Erkenntnis wieder selbstverständlich, dass der Staat ökonomisches Wachstum nicht administrativ erzeugen kann. Wachstum und Beschäftigung lassen nicht zuletzt deshalb zu wünschen übrig, weil sich der Staat zu sehr um die Angelegenheiten der Wirtschaft gekümmert hat und dabei die Initiative der Menschen, insbesondere das unternehmerische Handeln verkümmern ließ. Nachdem die Bemühungen des Staates so wenig erfolgreich sind, sollte man dem Tatendrang der Menschen wieder eine größere Chance geben. Immerhin ruft auch das neue Sozialpapier der Deutschen Bischofskonferenz (2003) nun zu mehr Eigenverantwortung auf. Die Bischöfe liefern eine klare Analyse der unsozialen Wirkungen eines überzogenen Sozialstaates, der Wachstum und Beschäftigung dauerhaft beeinträchtigt. Die Bundesregierung sollte den bischöflichen Segen als ermutigendes Zeichen nehmen.

 

 

1

Aktuelle statistische Informationen zur Wachstumsentwicklung finden sich im Web-Angebot des Statistischen Bundesamtes: www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2004/bip2003i.pdf. Zur Interpretation gesamtwirtschaftlicher Produktions- und Einkommensgrößen der deutschen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vgl. die Übersicht von Peter von der Lippe: www.vwl.uni-essen.de/dt/stat/dokumente/interpret-vgr.pdf).

2

So im Economist vom 19.2.04 (»Germany is now a relatively poor member of the European club«). Eine ausführliche vergleichende Übersicht der Entwicklung von Wachstum und Produktivität findet sich bei Pilat (2003), weitere Informationen finden sich beim Sachverständigenrat (2002: Zi. 33ff.), OECD (2003), beim International Monetary Fund (2003b: 173ff.; 2003c) und in einer Analyse der EU-Kommission (2002).

3

So betonte etwa Katrin Göring-Eckardt in der Plenarsitzung des Bundestages am 14.3.03: »Die veränderte Situation führt dazu, dass wir nicht mehr automatisch auf Wachstum setzen können und dass wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass es jährlich Wachstum gibt.«

4

Ausführliche, sektoral orientierte Analysen finden sich in Kitschelt und Streeck (2003).

5

Vgl. dazu auch die Studien zum Competitiveness Report des World Economic Forum (Porter 2003; Blanke u. a. 2003), der zugleich eine Übersicht zu den Stärken und Schwächen der deutschen Volkswirtschaft liefert. Hinweise gibt auch das Bertelsmann Beschäftigungsranking (Van Suntum und Schlotböller 2002).

6

Einen guten vergleichenden Einblick in die Regulierungsdichte liefert eine Informationsseite der Weltbank: rru.worldbank.org/doingbusiness.

7

Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft wurden in Deutschland im Jahr 2001 Subventionen im Umfang von 156 Mrd. Euro gewährt (Boss und Rosenschon 2002).

8

Informationen zur Wachstumsstrategie der Europäischen Union finden sich im Web-Angebot der EU-Kommission (europa.eu.int/comm/lisbon_strategy/index_de.html); vgl. auch die Reformvorschläge einer unabhängigen Expertenkommission (Sapir u. a. 2003).

9

Vgl. zur wirtschaftspolitischen Bilanz der rot-grünen Regierung auch Gohr und Seeleib-Kaiser (2003) und Egle u.a. (2003)

10

Am 14.3.03 ist die »Agenda 2010« im Rahmen einer Regierungserklärung Schröders im Bundestag der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Vorgeschichte reicht mindestens bis zum Dezember 2002 zurück, als ein »Kanzleramtspapier« den Kurswechsel einleitete und nach einer Phase des ideologischen Schlingerns erneut die Themen der »Neuen Mitte« zur Leitschnur des Regierungshandelns machte (Hombach 1998). Eine ausführliche Darstellung der Politik zwischen »Cashmere und Keynes« liefert der Beitrag von Hennecke (2003).

11

Helmuth Wiesenthal (Kommune 3/2003) sieht darin zu Recht einen wesentlichen kognitiven Defekt der politischen Ökonomie der Bundesrepublik. Warum allerdings die Grünen davon ausgenommen sein sollen, kann angesichts der globalisierungs- und marktkritischen Ausrichtung des Grundsatzprogramms nicht recht einleuchten.

12

Einen Überblick zum Stand der Reformen liefert das Reformbarometer, ein Gemeinschaftsprojekt des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der Zeitschrift Wirtschaftswoche (www.chancenfueralle.de).

13

Für das Institut für Demoskopie Allensbach ist dies ein »Regieren gegen die öffentliche Meinung« (FAZ 18.2.04: 5).

 

Literatur:

Arora, Vivek/Vamvakidis, Athanasios (2004): How Much Do Trading Partners Matter for Economic Growth? (Working Paper WP/04/26), Washington D.C.: IMF

Alesina, Alberto/Ardagna, Silvia/Nicoletti, Giuseppe/Schiantarelli, Fabio (2003): Regulation and Investment (Working Paper 9560, March 2003), Cambridge, MA: National Bureau of Economic Research: www.nber.org/papers/w9560

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