Otto Singer
Auslaufmodell Deutschland?
Institutionelle
und mentale Wachstumsblockaden in Deutschland
Deutschland, der kranke Mann in Mitteleuropa? Schon die
Wiedervereinigung bewirkte eine drastische ökonomische Trendverschiebung. Die
nun schon lang anhaltende Stagnation ist, so unser Autor, nicht einfach
Ausdruck einer Konjunkturschwäche, sondern könnte eine Ökonomie im
langfristigen Prozess des Niedergangs kennzeichnen. Neben internen Faktoren wie
nachlassende Anpassungsfähigkeit des ökonomischen Systems, Verhaltensdefekte
der Marktteilnehmer geht der Artikel insbesondere auf institutionelle
Wachstumsblockaden ein, die durch die Wirtschafts- und Sozialpolitik entstanden
sind.
»Es gibt
sehr wenig böse Menschen, und doch geschieht so viel Unheil in der Welt; der
größte Teil des Unheils kommt auf Rechnung der vielen, vielen guten Menschen,
die weiter nichts als gute Menschen sind.«
Johann Nestroy
Die
frühere Wachstumslokomotive Deutschland ist zum Schlusslicht in Europa
geworden. Die Lage der deutschen Volkswirtschaft ist ernst und gibt nur wenig
Anlass zu optimistischen Hoffnungen. Gegenüber dem EU-Durchschnitt errechnet
sich in den vergangenen sieben Jahren eine Wachstumseinbuße von gut 6 Prozent,
und auch in der langfristigen Wachstumsposition ist Deutschland gegenüber den
anderen entwickelten Volkswirtschaften deutlich zurückgefallen. Selbst wenn nun
– wie die Prognosen Anfang 2004 andeuten – die Wirtschaftstätigkeit in
Deutschland wieder intensiver und nach jahrelanger Stagnation die Null-Zone des
Wirtschaftswachstums wieder verlassen wird, bleibt weiterhin das Problem eines
deutlich verminderten Potenzialwachstums. Und deshalb kann auch nicht von einer
konjunkturellen, vorübergehenden Rezession gesprochen werden, es geht vielmehr
um eine tief greifende und lang anhaltende Stagnation der Wirtschaftstätigkeit,
die möglicherweise einen säkularen Abstieg der deutschen Ökonomie anzeigt.
Festgemacht wird das
Krankheitsbild vor allem an einer Kennziffer: Der Veränderungsrate des realen
Bruttoinlandsproduktes (BIP).(1) In der Tat belegte die deutsche
Volkswirtschaft mit Zuwachsraten von 0,8 Prozent im Jahr 2001, 0,2 Prozent in
2002 und -0,1 Prozent im letzten Jahr jeweils den letzten Platz innerhalb der
Europäischen Union. Das Wachstumsmuster hat sich freilich schon seit längerem
zu Ungunsten der deutschen Wirtschaft verändert. Einen markanten Einschnitt gab
es bereits zu Beginn der Neunzigerjahre. Mit der Wiedervereinigung ist das
jährliche Sozialprodukt pro Einwohner vom westdeutschen Wert von damals etwa 45000
DM auf einen gesamtdeutschen Wert von etwa 40000 DM »zurückgesprungen«. Die
ökonomische Entwicklung erfuhr mit diesem Datum eine gravierende
Trendverschiebung: Verglichen mit dem langfristigen westdeutschen Trend
entsprach die 1994 in Deutschland produzierte Menge an Gütern und
Dienstleistungen etwa dem realen Sozialprodukt je Einwohner von 1987. Das
ökonomische Wachstum der folgenden Jahre ging dann auch von diesem verminderten
Basiswert aus. Mit dieser wohlfahrtsstaatlichen Zäsur geriet das alte Modell Deutschland
erneut aus den Fugen.
Durch die deutsche Vereinigung hat
sich die relative Einkommensposition Deutschlands auf einen Schlag deutlich
verschlechtert. Deutschland ist im Vergleich zu anderen Nationen
zurückgefallen: Während das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner im Jahre 1990 in
Westdeutschland in Euro noch 154 von hundert in Relation zum Durchschnitt des
Euro-Raums (ohne Ostdeutschland) betrug, reduzierte sich dieses Verhältnis ein
Jahr später auf 136 von hundert. Bis Anfang der Neunzigerjahre lag die
Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung in Deutschland beträchtlich über dem europäischen
Durchschnitt. Mit der Wiedervereinigung gab es einen deutlichen Sprung nach
unten auf etwa das Niveau von Italien. Gravierender war freilich, dass die
Wirtschaftsleistung seitdem weiter abgesunken ist. Deutschland ist insbesondere
seit Mitte der Neunzigerjahre langsamer gewachsen als der Durchschnitt der
europäischen Länder. Während Großbritannien und Frankreich in den Jahren von
1995 bis 2003 mit 22 sowie 20 Prozent ein Wirtschaftswachstum über dem
europäischen Durchschnitt erreichen, liegt Deutschland mit nur 12 Prozent
Wachstum noch deutlich abgeschlagen am Ende hinter Italien. Im Jahr 2001 betrug
die Wirtschaftsleistung Deutschlands nur noch 127 Prozent des EU-Durchschnitts.
Besonders akzentuiert wurde die Schlusslichtposition Deutschland in den
vergangenen drei Jahren. Seit 2001 ist die ökonomische Entwicklung fast
gänzlich zum Erliegen gekommen, das Pro-Kopf-BIP in Deutschland ist dadurch
unter den Durchschnitt der EU-Länder gefallen.(2)
Dies alles hat nichts mehr mit
einer einfachen konjunkturellen Schwäche zu tun. Die Schwierigkeiten der
deutschen Volkswirtschaft sind längerfristiger Natur. Es geht um den
langfristigen Wachstumspfad, wie er sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat.
Darunter versteht man die langfristige Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes
bei voller oder zumindest normaler Auslastung aller Kapazitäten, also die
Veränderung des Produktionspotenzials. Davon weicht die tatsächliche
Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes auf Grund von Konjunkturschwankungen ab.
Konjunkturschwankungen sind demzufolge Schwankungen im Auslastungsgrad des
Produktionspotenzials (Produktionslücke oder Output Gap). Wenn wir den
Berechnungen des Sachverständigenrates (2003: 412ff.) folgen, hat spätestens
seit Mitte der Neunzigerjahre eine spürbare Abschwächung des Potenzialwachstums
in Deutschland stattgefunden. Die heutige Marke des Potenzialwachstums liegt
danach bei etwa 1,5 Prozent und dies bei sinkender Tendenz. Dies wird durch die
gleichzeitig gesunkenen Produktivitätszuwächse bestätigt: Der technische
Fortschritt hat sich hier zu Lande deutlich verlangsamt: Der Zuwachs der Arbeitsproduktivität
ist auf unter 1 Prozent gesunken. Ähnlich auch die Totale
Faktorproduktivität, die den Güteroutput im Verhältnis zum Arbeits- und
Kapitaleinsatz abbildet und die 2001 und 2002 ebenfalls jeweils um weniger als
1 Prozent gewachsen ist. In der ersten Hälfte der Neunzigerjahre hatte sie noch
um bis zu 2 Prozent pro Jahr zugelegt. Die Lage ist also in Deutschland nicht
nur durch eine ausgeprägte Konjunkturschwäche, sondern im Vergleich mit den USA
und den anderen EU-Ländern vor allem durch ein geringes Trendwachstum
gekennzeichnet.
Eine Ökonomie im Niedergang?
Offen ist
die Frage, ob Deutschland nun bereits zu den »Newly Declining Economies« gehört
oder ob die heutigen niedrigen Wachstumsraten – so scheinen die Grünen es
jedenfalls zu interpretieren(3) – das normale Kennzeichen einer reifen
Volkswirtschaft ist. In dieser Hinsicht müsste Deutschland mit Japan
gleichgesetzt werden. Manches deutet auf eine gleichartige, allerdings
zeitverzögerte Entwicklung hin. Eine solche tief greifende Erosion der
ökonomische Leistungsfähigkeit – wie sie etwa Olson (1982) erläutert –
kennzeichnete in früheren Jahren bereits die Entwicklung der Ökonomien
Großbritanniens und Schwedens. Diese Gesellschaften waren nicht mehr in der
Lage, ihre sozialen und ökonomischen Probleme zu lösen. Die institutionelle
Anpassungsfähigkeit war blockiert und das politische Handlungssystem verlor
einen beträchtlichen Teil seiner Problemlösungsfähigkeit.
Langfristige Prozesse des
Niedergangs sind – ebenso wie die des ökonomischen Aufstieges – nicht
historisch determiniert. Sie haben aber ihre kulturell-institutionelle
Vorgeschichte. Dies betrifft etwa die nachlassende Anpassungsfähigkeit der
Basis-Institutionen des ökonomischen Systems (z.B. Finanzierungsformen,
Sachkapitalbildung im Unternehmenssektor, Formen der Forschungs- und
Entwicklungstätigkeit, Ausbildung, Corporate Governance – IMF 2003a:
95ff.; Weltbank 2002). Hinzu kommen externe Bedingungen, die sich – abhängig
vom Offenheitsgrad einer Ökonomie – ebenfalls als Bremsfaktor für die
Entwicklung einer Volkswirtschaft erweisen können (Arora und Vamvakidis 2004).
Eine wichtige Rolle spielen außerdem kulturell-ideologische Einflüsse. Sie
steuern als eine Art kognitiver »Filter« das Verhalten der Marktteilnehmer und
der Politik und können dadurch suboptionale Zustände verfestigen. Begünstigt
wird dies durch Verhaltensdefekte der Marktteilnehmer und ihrer Organisationen
(Rajan und Zingales 2003; Harper 2003). Die empirische Wachstumsforschung hat
in den letzten Jahren ebenfalls versucht, die verschiedenen Quellen des
Wachstums zu erfassen. Hierzu gibt es inzwischen eine umfangreiche Literatur,
die allerdings kein ganz einheitliches Bild liefert (OECD 2003;
Sachverständigenrat 2002: 316ff.).
Die lang anhaltende Stagnation in
Deutschland hat zumindest einen Teil ihrer Ursachen in den institutionellen
Blockaden, die sich seit einigen Jahrzehnten im ökonomischen System der
Bundesrepublik entwickelt und verfestigt haben. Das Modell Deutschland hat sich
offenbar – insbesondere nach der Wiedervereinigung – als nicht mehr ausreichend
anpassungsfähig gezeigt, gleichzeitig sind neue Hürden für die Entfaltung der
produktiven Potenziale entstanden. Dazu gehören etwa die gehemmte
Adaptionsfähigkeit der deutschen Ökonomie an neue Weltmarktbedingungen und die
nur langsame Ausbreitung und Vertiefung des Dienstleistungssektors.(4) Hinzu
kommen die übermäßigen staatlichen Finanzlasten und regulativen Verkrustungen,
die zur Wachstumskrise Deutschlands beigetragen haben (Siebert 2003).(5)
Besonders schwere Lasten brachte
die deutsche Wiedervereinigung. Zwar hat die Vereinigung der beiden
deutschen Staaten in den Jahren 1991 bis 1993 zunächst zu einem
Vereinigungsboom geführt; danach kam es aber zu einem Einbruch der
wirtschaftlichen Aktivität. Zudem ist seit dem Jahre 1996 der ostdeutsche
Aufholprozess ins Stocken geraten. Die Entwicklung in Ostdeutschland erweist
sich seitdem als Wachstumsbremse. Liegt das Inlandsprodukt je Erwerbsfähigen in
Ostdeutschland bei nur 58 Prozent des westdeutschen Niveaus, haben die
Lohnkosten ein Niveau von deutlich über 70 Prozent und die durchschnittlichen
Haushaltsnettoeinkommen ein Niveau von etwa 85 Prozent erreicht. Die
Wachstumsschwäche des Ostens überträgt sich rechnerisch in das geringe Niveau
des gesamtdeutschen Wachstums (Sachverständigenrat 2002: 211f.). Dies trägt
auch dadurch zur gesamtdeutschen Wachstumsschwäche bei, weil sie andauernde
öffentliche Transfers in die neuen Länder erzwingt. Jährlich werden (je nach
Berechnungsweise) zwischen 60 und 100 Milliarden Euro für die neuen
Bundesländer bereitgestellt – dies sind etwa 3 bis 5 Prozent des
gesamtdeutschen Bruttoinlandsproduktes (Bach und Vesper 2000).
Eine weitere Bürde aus der
jüngeren Vergangenheit liegt in der Verschärfung der Wettbewerbslage durch die
Erosion der Grenzen gegenüber Osteuropa und den ökonomischen Wirkungen der
europäischen Integration. Insbesondere die Europäische Wirtschafts- und
Währungsunion hat den anderen Ländern des Euro-Raums einen relativen
Zinsvorteil verschafft, dort zu einer Belebung der Investitionstätigkeit
geführt und so zu den Wachstumsunterschieden beigetragen. Ein Teil der seit Mitte
der Neunzigerjahre zu beobachtenden Wachstumsdifferenz zwischen Deutschland und
den Partnerländern des Euro-Raums ist deshalb zu einem gewissen Teil auch
darauf zurückzuführen, dass nun alle Länder des Euro-Raums über die gleichen,
stabilitätsorientierten Rahmenbedingungen verfügen und Deutschland seinen
relativen Zinsbonus und damit den »Stabilitätsvorteil« verloren hat
(Sachverständigenrat 2002: 212f.).
In den Neunzigerjahren haben sich
auch die anhaltenden Strukturprobleme auf dem Arbeitsmarkt zunehmend als
Beschäftigungs- und Wachstumsbremse erwiesen. Gerade die Rigiditäten auf den
Arbeitsmärkten und die Beschäftigungsentwicklung haben zur deutschen
Wachstumsschwäche beigetragen. Auch die Lohnentwicklung hat zur ungünstigen
Beschäftigungsentwicklung beigetragen: Die realen Lohnkosten im verarbeitenden
Gewerbe sind in den vergangenen 20 Jahren in Westdeutschland um mehr als 40
Prozent gestiegen. In den Niederlanden betrug der Anstieg lediglich etwas mehr
als 20 Prozent und in den Vereinigten Staaten etwa 8 Prozent. Folge: Die Zahl
der Beschäftigtenstunden stieg in den Vereinigten Staaten um gut 40 Prozent und
in den Niederlanden um 20 Prozent, während sie in Westdeutschland um etwa 5
Prozent zurückging. Hinzu kommt: Die Ausweitung des Sozialstaates hat zum
Anstieg der Lohnkosten maßgeblich beigetragen. Durch den Ausbau der
Lohnersatzleistungen wurden die Anspruchslöhne erhöht, außerdem wurde die auf
dem Faktor Arbeit lastende Abgabenlast gesteigert. Nichtbeschäftigung ist in
Deutschland immer lukrativer und Beschäftigung immer unattraktiver geworden
(Sinn 2003; Zimmermann 2004).
Hinzu kommen Überregulierungen:
Internationale Studien zeigen, dass die Regulierungsdichte in Deutschland immer
noch verhältnismäßig hoch ist. So können Unternehmensgründungen in USA
erheblich rascher stattfinden, der technologische Fortschritt setzt sich in den
Unternehmen schneller durch, es gibt weniger institutionelle und bürokratische
Hemmnisse (Nicoletti und Scarpetta 2003; Alesina u.a. 2003).(6) Infolge der
geringen Lohnflexibilität und anderer Inflexibilitäten gerade im
Niedriglohnbereich werden viele Arbeitsplätze unrentabel oder entstehen
überhaupt nicht. Dies erklärt auch, warum es so schwierig ist, in Deutschland
den Dienstleistungsbereich auszuweiten. Eine Besonderheit kommt hinzu: Der
relativ hohen Arbeitsproduktivität in Deutschland steht eine vergleichsweise
niedrige Kapitalproduktivität gegenüber. Die Inflexibilitäten gibt es also
nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, auch die Rentabilität des Kapitalstocks bleibt
hinter den internationalen Konkurrenten zurück (Siebert 2003)
Ohne Zweifel spielt bei all dem
auch der Staat eine signifikante Rolle. Allerdings lassen sich viele staatliche
Aktivitäten empirisch kaum klar abgrenzen und darüber hinaus gilt auch, dass
der Staat nicht auf seine ökonomische Rolle reduziert werden kann. Dennoch gibt
es gute Gründe für die Annahme, dass die deutsche staatliche Wirtschafts-
und Finanzpolitik sich in den vergangenen Jahren dämpfend auf das
ökonomische Wachstum ausgewirkt hat. Ein Indikator dafür ist der übermäßig
angestiegene Interventions- und Ausgabenumfang des Staates: Die Staatsquote
verharrt weiterhin bei nahezu 50 Prozent. Das Versagen der Politik offenbart
sich vor allem in der misslungenen Konsolidierungspolitik, aber auch in den
halbherzigen Reformen des Steuersystems. Gleichzeitig hat sich – nicht zuletzt
durch die Lasten der Deutschen Einheit und der demographischen Entwicklung –
die Struktur der öffentlichen Ausgaben erheblich verschlechtert. Ein immer
größerer Anteil der staatlichen Ausgaben fließt in sozialpolitisch begründete
Bereiche, während die investiven Anteile geschrumpft sind. Das Übergewicht der
konsumtiven Ausgaben deutet darauf hin, dass die produktiven Grundlagen der
Wirtschaft durch das staatliche Handeln vernachlässigt werden. Aber auch die
investiven Bereiche sind durch wenig Wachstumswirkung geprägt: Gerade die
investiven Ausgaben in den neuen Ländern haben sich bisher nur wenig
wachstumswirksam erwiesen.
Insgesamt fesselt ein
schleichender Sozialstaats-Korporatismus viele produktive und
innovative Kräfte. Er hat seine Ursprünge in den vielen guten Absichten der
Reformpolitik vergangener Jahrzehnte und sorgte für ein immer weiter vertieftes
System von Sicherheiten und Einbindungen. Die Kehrseite dieses Systems der
Daseinsvorsorge ist Immobilität, mangelnde Durchlässigkeit, soziale Exklusion.
Zu sehen sind auch die vielen Verteilungskoalitionen, die ein immer dichteres
Subventionsdickicht(7) entstehen ließen und die einen immer größeren Teil der
staatlichen Finanzressourcen absorbieren. Dazu beigetragen hat auch die
makroökonomische Grundorientierung, die immer wieder das Handeln der Politik
bestimmte. Die historischen Erfahrungen mit kreditfinanzierten
Konjunkturprogrammen zeigen freilich, dass die mit dem konjunkturellen Impuls
erwarteten Wachstumssteigerungen nicht in erwartetem Umfang eintraten.
Gleichzeitig sind aber mit den Ausgabensteigerungen neue Lasten für die
öffentliche Hand entstanden, die einen neuen künftigen Konsolidierungsbedarf
schufen. Das beste Beispiel ist der massive konjunkturelle Impuls durch die
deutsche Wiedervereinigung, der in kurzer Zeit verpufft war, aber in der
Folgezeit zu massiven finanzpolitischen Schieflagen führte und gleichzeitig die
langfristigen Wachstumsbedingungen untergrub.
Institutionelle und mentale Reformblockaden
Es
scheint, dass in Deutschland eine Kumulation von Defekten im ökonomischen
System, aber auch im gesamten Gemeinwesen zur Stagnation beigetragen hat.
Reformen müssen deshalb an diesen Hemmnissen und Blockaden ansetzen.
Entsprechende Politikempfehlungen werden seit Jahren von vielen
politikberatenden Institutionen immer wieder vorgelegt (in jüngerer Zeit: Franz
2002; Sachverständigenrat 2002 und 2003; Sinn 2003; Siebert 2003; Zimmermann
2004). Auch die europäische Lissabon-Strategie, der Stabilitäts- und
Wachstumspakt und die »Grundzüge der Wirtschaftspolitik« der EU lassen sich als
komplementäre Beiträge zu einer solchen Wachstumskonzeption interpretieren.(8)
Die Vorschläge sind freilich lange Zeit weitgehend unbeachtet geblieben oder
wurden von der Bundesregierung explizit zurückgewiesen. Lange Zeit war die
Problemdeutung vorherrschend, die Stagnation der letzten Jahre sei vornehmlich
eine Folge internationaler Konjunkturbedingungen und mit der Verbesserung der weltwirtschaftlichen
Bedingungen seien auch die Grundlagen für einen neuen Aufschwung in Deutschland
gegeben (Bundesregierung 1999; 2002: 10ff.). Auch die Koalitionsvereinbarung
von 2002 beruht auf der Illusion, die Wachstumsmisere in Deutschland sei vor allem
konjunktureller Natur und es könne mit der Verbesserung der
weltwirtschaftlichen Bedingungen ein neuer Aufschwung erreicht werden (SPD und
Bündnis 90/Die Grünen 2002). Die strukturellen Reformen sind deshalb erst mit
großer Verzögerung in die politische Agenda der jetzigen Regierung aufgenommen
worden (Bundesregierung 2004: 10ff.).
Einen Teil der Verantwortung dafür
tragen die institutionellen Reformblockaden, das heißt die strukturellen
Defekte des politischen Handlungs- und Entscheidungssystems. Hierzu zählen das
Verhältniswahlrecht, das klare Mehrheitsverhältnisse nur selten hervorbringt;
ein Föderalismus, der nicht kompetitiv ist und sich in der Gesetzgebung als
Blockadeinstrument missbrauchen lässt; eine Finanzverfassung, die die
Kompetenzen eher vermischt als sauber trennt. Ergebnis ist ein »System der
organisierten Unverantwortlichkeit« (Gisela Färber), das im Aufeinandertreffen
von Parteienkonkurrenz und konzertierten Länderinteressen schmerzhafte Reformen
kaum noch zuließ. Zu nennen ist auch das Bundesverfassungsgericht: Es hat sich
inzwischen infolge seiner viele Wirtschaftsabläufe weiter verregelnden und
verteuernden Rechtsprechung als ein weiteres Hindernis für wachstumsorientierte
Reformen erwiesen. Es ist angesichts dieser vielfältigen Blockademöglichkeiten
nicht verwunderlich, dass Reformen in Deutschland prinzipiell nur langsam
vorankommen und an vielen (institutionalisierten) Veto-Möglichkeiten scheitern
können (Kitschelt und Streeck 2003).(9)
Einzig die europäische Ebene hat
sich als Reforminstanz erwiesen und brachte in einzelnen Bereichen eine Reihe
von Liberalisierungsfortschritten: Insbesondere die Liberalisierung vormals
stark regulierter staatsnaher Sektoren (Telekommunikation, Energie,
Finanzmärkte) geht auf EG-Richtlinien zurück, die von den EU-Mitgliedstaaten in
nationales Recht umgesetzt werden mussten. Die Binnenmarktregelungen haben eine
Reihe von Verkrustungen aufgebrochen und die EU-Kommission nimmt heute die
Rolle ein, die eine echte bundesdeutsche Ordnungspolitik schon lange hätte
spielen sollen (Zolnhöfer 2003). Hinzu kommen Reformempfehlungen im Rahmen der
europäischen wirtschaftspolitischen Koordinierung. Dazu gehört auch die
haushaltspolitische Überwachung durch den europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakt, der allerdings gerade durch die Bundesregierung in Frage
gestellt wird.
Die institutionellen
Reformblockaden erklären recht gut, warum in den Achtziger- und Neunzigerjahren
die von der damaligen Regierung angestrebten Reformen nicht verwirklicht werden
konnten. Die programmatischen Vorgaben waren ohne Zweifel vorhanden, die
Kohl-Regierung hatte die Reform-Agenda des Sachverständigenrates schon am
Anfang der Achtzigerjahre auf ihre Fahnen geschrieben (dies war die »Wende« der
Achtzigerjahre) (Schmidt 1988). Dieser marktwirtschaftlichen
Revitalisierungskonzeption war von den damaligen Oppositionsparteien (SPD und
Grüne) – insbesondere über die Länderebene – erfolgreich Widerstand
entgegengesetzt worden. Und auch der spätere rot-grüne Wahlerfolg beruhte
darauf, dass in der öffentlichen Wahrnehmung sich zunehmend die Auffassung
durchsetzte, die Politik der Kohl-Regierung sei nicht nur wirtschaftspolitisch
überholt, sondern auch ungerecht: Die auf Rekordhöhen ansteigende
Arbeitslosigkeit wurde der alten Wirtschaftspolitik angelastet, und
gleichzeitig wurde diese Politik von vielen als unsozial empfunden. So galt die
damals so genannte Angebotspolitik als klassenkämpferisches
Machtinstrument einer Allianz aus herzlosem Unternehmertum, neoliberaler
Wirtschaftswissenschaft und einer willfährigen Politik. Wo bisher eine Politik
der kalten effizienzorientierten Wachstumsstärkung als alleinige Leitschnur des
Regierungshandelns galt, sollte nun eine sozial verträgliche inklusive
Wirtschaftsstrategie einen neuen Konsens erbringen. Als Wahlkampf-Konzeption
gegen ein verbrauchtes und kaum noch entscheidungsfähiges
Regierungsestablishment gerichtet, hat diese – im Verbund mit dem breit
gefächerten Zielsystem der ökologischen und sozialen Orientierungen – dabei
geholfen, eine Alternative zur alten Politik zu präsentieren.
Die Abkehr vom System Kohl im Jahr
1998 war zwar auch mit einem Modernisierungsschub in einigen gesellschaftlichen
Bereichen verbunden. Es ging freilich weniger um die Ausweitung von
Freiheitsrechten und mehr Liberalität, sondern vor allem um die Anerkennung von
Teilhabe- und Beteiligungsansprüchen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen.
Insgesamt bot die Politik der Neuen Mitte ein Bild des Widerspruchs und der
Halbherzigkeit: Politisch-kultureller Modernisierungsanspruch und
wohlfahrtsstaatlicher Strukturkonservatismus gingen Hand in Hand. Der
kulturell-habituelle Terraingewinn war jedoch nicht kostenlos. Der
Modernitätsanspruch der Schröder-Regierung wurde erkauft mit neuen Lasten und
einem Zuwachs an ökonomischem Immobilismus. Den Gewinnen auf dem Feld der
kulturellen Hegemonie entsprach deshalb eine deutliche Niederlage auf dem
Gebiet der politisch-ökonomischen Steuerungsfähigkeit.
Mit der Vertiefung der
ökonomischen Stagnation ab dem Jahr 2000 ließ sich dieser Mangel nicht mehr
kaschieren. Mit der dann folgenden Kurskorrektur wurden nun wesentliche
Elemente aus dem Instrumentenkasten der alten liberal-konservativen Koalition
reaktiviert (die kurioserweise in der CDU fast vergessen sind und in der FDP
nur noch als Parodie existieren). Sichtbar wird dies insbesondere bei der
Agenda 2010, die in einem top-down-Verfahren durch das
Kanzleramt(10) in den Diskussionsprozess eingebracht worden ist und nun starkem
Widerstand im eigenen Lager ausgesetzt ist. Die Regierung erntet jetzt, was
während der Achtziger- und Neunzigerjahre gesät worden ist. Fast alles, was die
Regierung auf der Haben-Seite zu verbuchen hat – vor allem die bisher
allerdings nur Stückwerk gebliebenen Sozialreformen – ist den
sozialdemokratischen und (in geringerem Ausmaß und gegen geringeren Widerstand)
auch den grünen Gewohnheiten und Überzeugungen abgetrotzt und steht zudem in
deutlichem Kontrast zu den programmatischen Aussagen der Regierungsparteien.
Eine entscheidende Hürde für eine
Durchsetzung der Reformen sind deshalb heute die mentalen und kognitiven
Barrieren, die innerhalb der Regierung und den Regierungsparteien und in ihrem
Umfeld die Formulierung und Umsetzung der gebotenen Reformkonzeptionen
verhindert haben. Man kann hier auch von einer kulturellen Hysterese sprechen,
also von Ideologien und Grundüberzeugungen, die nicht (mehr) den materiellen
gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechen, sich gleichwohl als dauerhaft
wirksam erweisen und damit – insbesondere, wenn sie das Handeln von politischen
Entscheidungsträgern und Multiplikatoren bestimmen – den Fortschritt einer
Gesellschaft entscheidend retardieren können. Die Agenda 2010 ist in dieser
Hinsicht – angesichts der sich verfestigenden ökonomischen Stagnation – ein
Befreiungsschlag, der allerdings auch gegen die Orthodoxie des
Parteiestablishments und ihrer Wissenseliten gerichtet war. Der Mainstream der
beiden Regierungsparteien folgt immer noch jenem Paradigma, das auch den
ideologischen Kern des oppositionellen Netzwerks gegen die Kohl-Regierung
während der Achtziger- und Neunzigerjahre bildete und »eine andere Politik für
eine andere Mehrheit« (Bundestagswahlprogramm 1998) begründen sollte.(11)
Reformen ohne Mandat?
Das
Unbehagen am kapitalistischen Wohlfahrtsmodell offenbart sich letztlich in
einem parasitären Verhältnis zum ökonomischen Wachstum: Einerseits werden dem
kapitalistischen Wachstumsmodell immer noch große Vorbehalte entgegengebracht
(sie sind in den Programmatiken und Debatten beider Parteien unschwer
aufzufinden), andererseits benötigt ihr Politikmodell ein Mindestmaß an
ökonomischer Prosperität als Überlebensgarantie. Gleichwohl sieht ein nicht
unwesentlicher Teil gerade der grünen Mitglieder und Wähler die Ursachen der
von ihnen als maßgeblich angesehenen Probleme weiterhin im Wachstum selbst (das
Entstehen der Grünen resultiert ja gerade aus dieser Wahrnehmung). Hinzu kommen
die ideologischen Anleihen beim Neo-Marxismus aus Frankfurt und Berkeley, der
das Fundament der nun ins Globale ausgeweiteten Konsumkritik lieferte, und die
Restbestände der Dependenz-Theorien, die die Wohlfahrtsentwicklung der
Industrieländer in ein Ausbeutungsverhältnis gegenüber den Entwicklungsländern
stellen. All dem zur Seite gestellt ist die immer noch virulente Marktkritik,
die sich heute vor allem als Kampf gegen die weltweite Herrschaft des
Neoliberalismus äußert.
Elemente all dieser
Grundorientierungen finden sich in den Schlüsseltexten des rot-grünen
Hinterlandes und der grünen Programmatik. Nicht zu übersehen sind sie freilich
auch in den aktuellen Beiträgen von Repräsentanten des Regierungslagers. So
etwa der wirtschaftspolitische Sprecher der grünen Fraktion in der
Bundestagsdebatte zum Jahreswirtschaftsbericht: »Angesichts
der sinkenden Wachstumsraten stellt sich immer stärker die Frage, ob das
Bruttoinlandsprodukt überhaupt ein geeigneter Maßstab für die Ermittlung des
Wohlstandes sein kann.« (BT-Protokoll 15/91 vom 12.2.04) Und Reinhard Loske, stellvertretender
Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag fasst die traditionellen
Argumente der grünen Wachstumskritik in den heroischen Vorschlag: »In der
aktuellen Debatte über die Zukunft des Landes kann die grüne Devise nur lauten:
Qualitativ wachsen, um quantitativ schrumpfen zu können.« (SZ, 16.2.04)
Das »teilweise bekehrte« (NZZ)
rot-grüne Regierungspersonal hat es angesichts dieser wachstumskritischen
Grundierung außerordentlich schwer, sich zu einer klaren Wachstumspolitik zu
bekennen und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Weiterhin wird mit
einem gehörigen Maß an Camouflage und Newspeak operiert, wenn es um die
Benennung von Wachstumsoptionen geht. Die wachstumsorientierten Wirtschafts-
und Finanzpolitiker gerade der Grünen sind dazu verurteilt, in grünen
Konsenspapieren von ökonomischer Entwicklung, Innovation und wirtschaftlicher
Dynamik zu sprechen. Selten findet sich ein uneingeschränktes Bekenntnis zum
ökonomischen Wachstum. Das Schicksal der Agenda 2010 zeugt von diesem Dilemma:
Die Umsetzung der Reformen steht vor der Hürde der durch Big Labour
repräsentierten sozialpolitischen Vorbehalte und der Aufweichung durch die
grüne Wachstumskritik.
Auch der Rücktritt des
Bundeskanzlers vom Parteivorsitz ist in dieser Hinsicht das Eingeständnis, dass
diese Diskrepanz zwischen Regierungskurs und programmatischer Ausrichtung der
SPD letztlich nicht überwunden werden konnte. Die Bruchstücke der vom Kanzler
als notwendig erachteten Sozialreformen werden nun noch mehr unter den
Vorbehalt der »sozialen Gerechtigkeit« im Sinne Lafontaines gestellt werden.
SPD-Linke und Gewerkschaften haben bereits mehr soziale Gerechtigkeit für die
verbleibenden Reformen der Agenda 2010 eingefordert und beharren auf einer
entsprechenden Kurskorrektur. Die Kräfte in der SPD, die die wenigen Reformen
der Agenda 2010 korrigieren wollen, fühlen sich gestärkt und sind bestrebt, der
Verteilungsgerechtigkeit mehr Gewicht zu geben. Dies zeigt sich etwa daran,
dass einige der Lieblingsprojekte der Linken – die bisher eher eine rhetorische
Alibifunktion besaßen – nun auf den Weg gebracht werden (z.B.
Ausbildungsplatzabgabe, Vermögensteuer). Gleichzeitig werden vorliegende
Gesetzentwürfe überarbeitet (Rente) und schließlich wird manches einfach
aufgeschoben (wie etwa bei der Pflegeversicherung).(12) Damit ist die Regierung
wieder am Ausgangspunkt des Jahres 1998 angelangt (allerdings nun mit der
riesigen Hypothek einer seither eingetretenen langjährigen ökonomischen
Stagnation). Insbesondere die SPD ist nun Gefangene ihrer früheren
Wahlversprechen.(13)
Es spricht aber viel dafür, dass
die rot-grüne Regierung ihr politisches Überleben dennoch nur dadurch sichern
kann, dass sie die Sozialreformen und die anderen Sanierungsprogramme nun
konsequent zu Ende führt. Sie muss erkennbar dazu beitragen, dass die
Wachstumskräfte der deutschen Volkswirtschaft wieder revitalisiert werden. Zur
eigentlichen Nagelprobe für die Reformfähigkeit kommt es, wenn in diesem Jahr
ein – immer noch zweifelhafter – konjunktureller Aufschwung einsetzen sollte.
Es ist zu befürchten, dass der Reform-Elan dann wieder erlahmt und die
notwendigen Strukturreformen wieder aufgeschoben werden. Es kommt deshalb
darauf an, sich nicht von einer konjunkturellen Belebung in Sicherheit wiegen
zu lassen. Um aus der »Zeitschleife des reproduktiven Symptom-Managements«
(Wiesenthal) auszubrechen, braucht es freilich den schumpeterschen Politiker,
der politischen Realitätssinn mit dem Wagnis der politisch-ökonomischen
Innovation verbindet.
Erforderlich ist dazu ein erneuter
Anlauf zu einer Verbesserung des Kompetenzgefüges der staatlichen Akteure im
weitgehend blockierten kooperativen Föderalismus. Entscheidend für einen
langfristigen Erfolg aber ist eine Veränderung der wirtschaftspolitischen
Wissensbasis. Dazu gehört zuallererst ein neuer wirtschaftspolitischer Diskurs
in beiden Regierungsparteien und ebenso in ihrem Umfeld. Hierzu gehört auch
eine stärkere Rückbesinnung auf das ursprüngliche Konzept der sozialen
Marktwirtschaft. Dann wäre die Erkenntnis wieder selbstverständlich, dass der
Staat ökonomisches Wachstum nicht administrativ erzeugen kann. Wachstum und
Beschäftigung lassen nicht zuletzt deshalb zu wünschen übrig, weil sich der
Staat zu sehr um die Angelegenheiten der Wirtschaft gekümmert hat und dabei die
Initiative der Menschen, insbesondere das unternehmerische Handeln verkümmern
ließ. Nachdem die Bemühungen des Staates so wenig erfolgreich sind, sollte man
dem Tatendrang der Menschen wieder eine größere Chance geben. Immerhin ruft
auch das neue Sozialpapier der Deutschen Bischofskonferenz (2003) nun zu
mehr Eigenverantwortung auf. Die Bischöfe liefern eine klare Analyse der
unsozialen Wirkungen eines überzogenen Sozialstaates, der Wachstum und
Beschäftigung dauerhaft beeinträchtigt. Die Bundesregierung sollte den
bischöflichen Segen als ermutigendes Zeichen nehmen.
1
Aktuelle statistische Informationen zur Wachstumsentwicklung
finden sich im Web-Angebot des Statistischen Bundesamtes:
www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2004/bip2003i.pdf. Zur Interpretation
gesamtwirtschaftlicher Produktions- und Einkommensgrößen der deutschen
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vgl. die Übersicht von Peter von der
Lippe: www.vwl.uni-essen.de/dt/stat/dokumente/interpret-vgr.pdf).
2
So im Economist vom
19.2.04 (»Germany is now a relatively poor member of the European club«). Eine
ausführliche vergleichende Übersicht der Entwicklung von Wachstum und
Produktivität findet sich bei Pilat (2003), weitere Informationen finden sich
beim Sachverständigenrat (2002: Zi. 33ff.), OECD (2003), beim International
Monetary Fund (2003b: 173ff.; 2003c) und in einer Analyse der EU-Kommission
(2002).
3
So betonte etwa Katrin Göring-Eckardt in der Plenarsitzung
des Bundestages am 14.3.03: »Die veränderte Situation führt dazu, dass wir
nicht mehr automatisch auf Wachstum setzen können und dass wir uns nicht mehr
darauf verlassen können, dass es jährlich Wachstum gibt.«
4
Ausführliche, sektoral orientierte Analysen finden sich in
Kitschelt und Streeck (2003).
5
Vgl. dazu auch die Studien zum Competitiveness Report
des World Economic Forum (Porter 2003; Blanke u. a. 2003), der zugleich
eine Übersicht zu den Stärken und Schwächen der deutschen Volkswirtschaft
liefert. Hinweise gibt auch das Bertelsmann Beschäftigungsranking (Van
Suntum und Schlotböller 2002).
6
Einen guten vergleichenden Einblick in die
Regulierungsdichte liefert eine Informationsseite der Weltbank:
rru.worldbank.org/doingbusiness.
7
Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft wurden
in Deutschland im Jahr 2001 Subventionen im Umfang von 156 Mrd. Euro gewährt
(Boss und Rosenschon 2002).
8
Informationen zur Wachstumsstrategie der Europäischen Union
finden sich im Web-Angebot der EU-Kommission
(europa.eu.int/comm/lisbon_strategy/index_de.html); vgl. auch die
Reformvorschläge einer unabhängigen Expertenkommission (Sapir u. a. 2003).
9
Vgl. zur wirtschaftspolitischen Bilanz der rot-grünen Regierung
auch Gohr und Seeleib-Kaiser (2003) und Egle u.a. (2003)
10
Am 14.3.03 ist die »Agenda 2010« im Rahmen einer
Regierungserklärung Schröders im Bundestag der Öffentlichkeit vorgestellt
worden. Vorgeschichte reicht mindestens bis zum Dezember 2002 zurück, als ein
»Kanzleramtspapier« den Kurswechsel einleitete und nach einer Phase des
ideologischen Schlingerns erneut die Themen der »Neuen Mitte« zur Leitschnur
des Regierungshandelns machte (Hombach 1998). Eine ausführliche Darstellung der
Politik zwischen »Cashmere und Keynes« liefert der Beitrag von Hennecke (2003).
11
Helmuth Wiesenthal (Kommune 3/2003) sieht darin zu
Recht einen wesentlichen kognitiven Defekt der politischen Ökonomie der
Bundesrepublik. Warum allerdings die Grünen davon ausgenommen sein sollen, kann
angesichts der globalisierungs- und marktkritischen Ausrichtung des
Grundsatzprogramms nicht recht einleuchten.
12
Einen Überblick zum Stand der Reformen liefert das Reformbarometer,
ein Gemeinschaftsprojekt des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), der
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der Zeitschrift Wirtschaftswoche
(www.chancenfueralle.de).
13
Für das Institut für Demoskopie Allensbach ist dies ein
»Regieren gegen die öffentliche Meinung« (FAZ 18.2.04: 5).
Literatur:
Arora, Vivek/Vamvakidis,
Athanasios (2004): How Much Do Trading Partners Matter for Economic Growth?
(Working Paper WP/04/26), Washington D.C.: IMF
Alesina, Alberto/Ardagna,
Silvia/Nicoletti, Giuseppe/Schiantarelli, Fabio (2003): Regulation and
Investment (Working Paper 9560, March 2003), Cambridge, MA: National Bureau
of Economic Research: www.nber.org/papers/w9560
Bach, Stefan/Vesper, Dieter (2000): »Finanzpolitik und
Wiedervereinigung – Bilanz nach 10 Jahren«, in: Vierteljahreshefte zur
Wirtschaftsforschung, 69, (2) 194–224:
www.diw.de/deutsch/publikationen/vierteljahrshefte/docs/papers/v_00_2_5.pdf
Boss, Alfred/Rosenschon, Astrid (2002): Subventionen in
Deutschland: Quantifizierung und finanzpolitische Bewertung, Kiel: IfW
Blanke, Jennifer/Paua,
Fiona/Sala-I-Martin, Xavier (2003): The Growth Competitiveness Index:
Analyzing Key Underpinnings of Sustained Economic Growth (Global
Competitiveness Report 2003-2004), WEF-Online:
www.weforum.org/pdf/Gcr/GCR_2003_2004/GCI_Chapter.pdf
Bundesregierung (1999): Jahreswirtschaftsbericht 1999:
Neue Wege zu mehr Beschäftigung (BT-Drucksache 14/334), Bonn: Deutscher
Bundestag
Bundesregierung (2002): Jahreswirtschaftsbericht 2002:
Vor einem neuen Aufschwung – Verlässliche Wirtschafts- und Finanzpolitik
fortsetzen (BT-Drucksache Drucksache 14/8175), Berlin: Deutscher Bundestag
Bundesregierung (2003): Jahreswirtschaftsbericht 2003 (BT-Drucksache
15/372), Berlin: Deutscher Bundestag
Bundesregierung (2004): Jahreswirtschaftsbericht 2004:
Leistung, Innovation, Wachstum (BT-Drucksache 15/2405), Berlin: Deutscher
Bundestag
Deutsche Bischofskonferenz (2003): Das Soziale neu
denken. Für eine langfristig angelegte Reformpolitik (Impulspapier der
Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen vom 12.12.03, Bonn: DBK
(dbk.de/schriften/DBK1b.Kommissionen/Ko_28.pdf)
Deutsche Bundesbank (2003): »Zur Entwicklung des
Produktionspotenzials in Deutschland«, in: Monatsbericht (3), S. 43–54
DGZ-Dekabank (2001): »Das Produktionspotenzial in Euroland«,
in: Konjunktur – Zinsen – Währungen, Ausgabe 1/01, S. 2–6:
www.dekabank.de/download/vowi/986461840_15000007_konjunkturzinsenwhrungen12001.pdf
Egle, Christoph/Ostheim, Tobias/Zohlnhöfer, Reimut (Hrsg.)
(2003): Das rot-grüne Projekt. Eine Bilanz der Regierung Schröder, 1998–2002,
Wiesbaden: Westdeutscher Verlag
EU-Kommission (2002):
»Germany’s Growth Performance in the 1990’s«, in: European Economy (Economic
Papers No. 170 - May 2002), Brussels: EU-Commission:
europa.eu.int/comm/economy_finance/publications/economic_papers/2002/ecp170en.pdf
Gohr, Antonia/Seeleib-Kaiser, Martin (Hrsg.) (2003): Sozial-
und Wirtschaftspolitik unter Rot-Grün, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag
Hennecke, Hans-Jörg (2003): Die dritte Republik. Aufbruch
und Ernüchterung, München: Propyläen
Hombach, Bodo (1998): Aufbruch. Die Politik der Neuen
Mitte, München: Econ.
International Monetary Fund
(2003a): World Economic Outlook: Growth and Institutions (April 2003),
Washington D.C.: IMF: www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2003/01/pdf/chapter3.pdf
International Monetary Fund
(2003b): World Economic Outlook: Public Debt in Emerging Markets
(September 2003), Washington: IMF:
www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2003/02/index.htm
International Monetary Fund
(2003c). »Germany: 2003 Article IV Consultation – Staff Report«; Staff
Supplement; and Public Information Notice on the Executive Board Discussion
(Country Report No. 03/341, November 06, 2003):
www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2003/cr03341.pdf
Kitschelt, Herbert/Streeck, Wolfgang (Hrsg.) (2003): »From Stability to Stagnation: Germany at the
Beginning of the Twenty-First Century«, in: West European Politics, 26
(4)
Nicoletti, Giuseppe/Scarpetta,
Stefano (2003): »Regulation, Productivity and Growth: OECD Evidence« (World
Bank Policy Research Working Paper 2944, January 2003); online im Internet:
econ.worldbank.org/files/22970_wps2944.pdf
OECD (2003): The Sources of
Economic Growth in OECD Countries, Paris: OECD
Olson, Mancur (1982): The
Rise and Decline of Nations, New Haven: Yale University Press
Pilat, Dirk (2003): The
Major Growth Regions in Comparison: Some Results from OECD Work on Economic
Growth (Beitrag zu einer Tagung des Arbeitskreises Europäische Integration
und des HWWA, 4.12.03 in Hamburg); online im Internet:
www.hwwa.de/Ueberblick/Organisation/Abteilungen/EI/AEIBeitrag.htm
Porter, Michael (2003):
Building the Microeconomic Foundations of Prosperity (Global
Competitiveness Report 2003-2004); WEF-Online:
www.weforum.org/pdf/Gcr/GCR_2003_2004/GCI_Chapter.pdf
Rajan, Raghuram/Zingales,
Luigi (2003): Saving Capitalism from the Capitalists. Unleashing the Power
of Financial Markets to Create Wealth and Spread Opportunity, New York:
Crown Business
Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2002): Jahresgutachten
2002/03: Zwanzig Punkte für Beschäftigung und Wachstum (BT-Drucksache 15/100), Berlin: Deutscher Bundestag
Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2003): Jahresgutachten 2003/04:
Staatsfinanzen konsolidieren – Steuersystem reformieren (BT-Drucksache
15/2000), Berlin: Deutscher Bundestag
Sapir, Andre u.a. (2003): An
Agenda for a Growing Europe (Report of an Independent High-Level Study
Group established on the initiative of the President of the European
Commission, July 2003), Brussels: EU-Commission: europa.eu.int/comm/dgs/policy_advisers/experts_groups/ps2/docs/agenda_en.pdf
Schmidt, Manfred G. (Hrsg.) (1988): Staatstätigkeit.
International und historisch vergleichende Analyse (PVS-Sonderheft 19),
Opladen: Westdeutscher Verlag
Siebert, Horst (2003): Why
Germany has such a Weak Growth Performance (Kieler Working Paper No. 1182),
Kiel: IfW
Sinn, Hans-Werner (2003): Ist Deutschland noch zu
retten?, München: Econ
SPD und Bündnis 90/Die Grünen (2002): Erneuerung –
Gerechtigkeit – Nachhaltigkeit. Für ein wirtschaftlich starkes, soziales und
ökologisches Deutschland. Für eine lebendige Demokratie (Koalitionsvertrag
zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 16.10.02):
www.spd.de/servlet/PB/menu/1023283
Van Suntum, Ulrich/Schlotböller, Dirk (2002): Internationales
Beschäftigungs-Ranking 2002, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung
Weltbank (2002): Institutionen für Märkte schaffen,
Bonn: UNO-Verlag
Zimmermann, Klaus (Hrsg.) (2004): Reformen – jetzt! So
geht es mit Deutschland wieder aufwärts, Wiesbaden: Gabler
Zolnhöfer, Reimut (2003): »Institutionelle Hemmnisse für
eine kohärente Wirtschaftspolitik«, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B
18–19, S. 9–15: www.bpb.de/files/S2PBGU.pfd