Franz Dick

Rechtschreibreform und kein Ende

Ihre Ergebnisse, ihr Verlauf

»Die Rechtschreibreform ist ja völlig in Ordnung, wenn man weder schreiben noch lesen kann.«

Loriot

In Fragen von Rechtschreibung und Rechtschreibreform bestehen vielfältige Spaltungen. Die Kinder lernen in den Schulen nach den neuen Regeln. Außer in Bayern und Nordrhein-Westfalen, wo die Ministerpräsidenten die Umsetzung der Reform erst einmal ausgesetzt haben. (Bis zur Sitzung der KMK Anfang März 2006, mit Übergangsfrist.)(1) In einem Großteil der Zeitungen und Zeitschriften, welche die Kinder oder ihre Eltern lesen, ist die Reform nicht umgesetzt: In der FAZ, im SPIEGEL wie in der BILD. Einige Zeitungen, wie die Süddeutsche, haben ihre eigene »Hausorthographie«, das heißt sie übernehmen einige Regeln, andere nicht. Gehören sie zu den Kindern, die unabhängig von der Schule Bücher lesen, finden sie die alte oder die neue Rechtschreibung, je nach Verlag. In ihren Schulbüchern stehen alte und neue Schreibweise nebeneinander, da viele Schriftsteller darauf bestehen, dass ihre Texte in alter Schreibung abgedruckt werden. Und im Detail werden sich einige Schulbücher, je nach Jahr des Erscheinens, in Übernahme der Reform-Reformen noch mal unterscheiden. Falls sie im Religionsunterricht die Enzyklika von Papst Benedikt lesen, werden sie die alte Rechtschreibung vorfinden. Den Lehrern bleibt erst einmal nichts übrig, als die neuen Regeln umzusetzen. Zum Teil tun sie das »mit langen Zähnen«, gegen ihre Überzeugung. Zum Teil passen sie ihr Denken der aufgezwungenen Praxis an. Die Bevölkerung hat sich, wo sie – nachdem alles schon beschlossene Sache war – gefragt wurde, mehrheitlich dagegen ausgesprochen. Die Ablehnung wächst, nur noch 8 Prozent seien in Deutschland für die Reform.(2) Die Ablehnung wird besonders eindeutig ausgedrückt, wo es auf genauen Sprachgebrauch und Verständlichkeit ankommt: Bei Juristen.(3) Überwiegend gilt: Wer nicht gerade in staatlichen Institutionen mit Text umgehen muss, schreibt nach alten Regeln. Den gleichen Konflikt gibt es übrigens auch in den Niederlanden, wo sich die Presse »unbotmäßig verhält« und angekündigt hat, sich nicht um die politisch beschlossene RS-Reform zu kümmern, die ab August 2006 dort gelten soll. Nach der letzten Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung gab es vor allem Hohn und Spott. (»Eine Lachnummer«) Dieser steht da als Haufen ohne Disziplin, ohne verbindliche Anwesenheit, durch Austritte inhaltlich geschwächt,(4) und mit einer Führung (der frühere bayrische Kultusminister Zehetmaier), die sich schon 1986 hat »mittreiben lassen« und jetzt längst nicht mehr weiß, was sie will.(5) Mindestens einer der Kultusminister (Olbertz, Sachsen Anhalt, parteilos) hat dazugelernt. Er empfiehlt: »Aus der Politik heraus so eine Sache zu machen… Wir machen das so nie wieder.«(6) Die Argumente für die Reform sind in der Praxis längst obsolet geworden durch die eigenen Reformreformen. Zwei Argumente gibt es für die Rechtschreibreform: Der allgemeine Überdruss an der Diskussion und dem Hin und Her, und: »Was eine Rückkehr zur alten RS kosten würde!« Ein Totschlagargument. Es gab Zeiten, da wurde nicht gefragt, was eine RS-Reform (und deren Reformierung in insgesamt sechs Abschnitten)(7) kosten würde. Es muss erlaubt sein, rückschauend zu fragen, was da passiert war.

 

Es hatte so vielversprechend (8) angefangen. Formell richtig zu schreiben wurde als lästig empfunden und als zweitrangig gegenüber dem Inhalt. Es galt in den Sechziger- und Siebzigerjahren auch als ein Hindernis für »Chancengleichheit«. Dies war mehr ein verbreitetes Gefühl als dass es auf genauer Analyse beruht hätte. Seit den Fünfzigerjahren gab es viele Versuche, die Rechtschreibung zu vereinfachen. Die Versuche gingen in verschiedene Richtung: Zum Beispiel gab es Bestrebungen, die Groß- und Kleinschreibung an die englische anzugleichen, das heißt eine weit gehende Kleinschreibung einzuführen. Es wird berichtet, dass in der Bundesrepublik erst von dem Zeitpunkt an verstärkte Anstrengungen gemacht wurden, als es in den Achtzigerjahren in der DDR eine Planung zu einer Rechtschreibreform gab.(9) Dieser wollte man – heimlich – zuvorkommen.(10) Eine öffentliche Diskussion kam im wesentlichen erst in Gang, kurz bevor die ersten Ergebnisse der von den Kultusministern beauftragten Kommission verbindlich geregelt wurden. Als dann die Ergebnisse vorlagen, gab es ein böses Erwachen. Wie kommt es, dass die Diskussion bis heute nicht abreißt? Und alle paar Monate von neuen Vorschlägen des beauftragten Rechtschreibrates, welcher die frühere Kommission ablöste,(11) zu lesen ist? Zuletzt Anfang und Ende Februar 2006.

Handelt es um Trägheit einer rechtschreib- oder reformunwilligen Bevölkerung? Oder um Sturheit der Reformgegner, die etwa gesellschaftlich oder politisch besonders konservativ sind? Oder sind es chronisch oppositionelle »Krawallmacher«, wie sie auch genannt wurden?(12) Oder gibt es vielleicht gute Gründe, die in der Natur der Sache, in den Problemen der Übersetzung von gesprochener Sprache in Schriftsprache und umgekehrt, liegen? Einige der Probleme (bei weitem nicht alle) möchte ich benennen, wobei ich notwendig auch Argumente nenne, die nicht neu sind. Sodann möchte ich ihre Ergebnisse aus heutiger Sicht zusammenfassend beurteilen. Dabei haben sich im Laufe der Recherche Gesichtspunkte ergeben, die für mich selbst einigermaßen überraschend waren.

Wortlaut und Schriftform

Die geschriebene Sprache folgt der gesprochenen. Es entsteht das Problem der Übersetzung von Lauten in Buchstaben, das ist sozusagen das Kernproblem von Rechtschreibung. Dieses Problem ist übrigens im Deutschen verhältnismäßig gering, verglichen mit dem Französischen oder Englischen. Eine eindeutige Übersetzung zu erreichen, das scheint als Ziel der Reform am ehesten plausibel und ist das Kernprojekt der Rechtschreibreform. Zu dem Problem dieser Mehrdeutigkeit sagt der neueste Duden lapidar: »Für die Verwendung des Deutschen verwenden wir eine Buchstabenschrift, in der die Laute und Buchstaben als einander zugeordnet betrachtet werden … Rechtschreibliche Schwierigkeiten ergeben sich vor allem dort, wo gleiche Laute durch verschiedenartige Buchstaben repräsentiert sind.«(13) Wie wahr.

Diese Beziehung ist aber nun doppelt mehrdeutig: Ein bestimmter Laut kann durch unterschiedliche Buchstaben ausgedrückt werden, und derselbe Buchstabe wird je nach Zusammenhang unterschiedlich ausgesprochen. Langgesprochene Laute /a:/ oder /u:/ werden mal mit dem (Dehnungs-)h geschrieben, wie in Uhr, mal ohne, wie in Kur oder Ur (-Laut), oder sie werden verdoppelt wie in Aal.(14) Der Doppellaut /ei/ (15) wird mal als ai geschrieben, wie in Mai, mal als ei, wie in Meise. Andere Beispiele: Die Waage und wage (etwas!) oder malen und mahlen, Moor und Mohr usw. – Umgekehrt wird der Buchstabe u mal kurz als /u/ (in Bus), mal lang (in Buße oder Busen) als /u:/ gesprochen.

Hier eine Eindeutigkeit zu erreichen – ein schwieriges Unterfangen. Und aussichtslos, wie sich zeigen wird. Es gab den Vorschlag den Monat Mai mit ei, also als Mei, zu schreiben. Als damals die zahlreichen Spötter herausfanden, dass der Keiser mit einem Al im Bot herumfährt, wurde dieser Vorschlag von der damaligen Rechtschreibkommission auf Druck der Kultusminister (!) zurückgenommen.(16) Man stelle sich nun aber vor, es wäre wirklich gelungen, in dieser Hinsicht eine eindeutige Schreibweise herzustellen: Viele Wörter sind bei gleicher Aussprache überhaupt erst durch unterschiedliche Schreibung zu unterscheiden, wie malen und mahlen, Leere und Lehre. Die Eindeutigkeit der Schreibung ginge hier auf Kosten der Worterkennung beim Lesen. Das eindeutige Verstehen des einzelnen Wortes würde unmöglich und das Verstehen des Wortes im textlichen Zusammenhang erschwert.(17) So blieb von diesen Bemühungen nicht viel: In einigen Fällen ist das Dehnungs-h weggefallen. Rauh wird jetzt rau geschrieben, analog zu blau. Känguruh ist an Gnu und Kakadu und Emu angeglichen und muss Känguru geschrieben werden. Das wird im Duden recht selbstbewusst verkündet.(18)

Folgt die neue Schreibung jetzt wenigstens immer dem gesprochenen Laut, ist sie in dieser Richtung eindeutig? In bestimmten Fällen wird aber in der Schreibung einfach von der Aussprache abgewichen. Das schöne Wort selbständig kann jetzt selbstständig geschrieben werden.(19) Aber wer spricht so? Die meisten Menschen ziehen Lautelemente zusammen (ein Vorgang, der in der Sprache häufig vorkommt) und sagen flüssig: /selbständig/. Der Berg kreiste und gebar eine Maus, die auch noch hinkte.

Ach ja, das dass im Dasssatz

Die Buchstaben s oder ß – sind, je nach Wort, beim Hören meist nicht zu unterscheiden. Das ß ist eine oft kritisierte Besonderheit der deutschen Schriftsprache. So galt das daß beim Schreibenlernen in der Schule als das »Kummerwort dass«. Aber das alte daß erleichtert als sichtbare Markierung des je folgenden Nebensatzes das Erlernen syntaktischer Strukturen. Beim Lesen erleichtert es das Erkennen von konsekutiven und anderen Nebensätzen. Gleichwohl könnte man mit dem ss in dass leben. Aber erstens wird das ß nicht vollständig ersetzt (z.B. in Fuß oder in weiß; das ß bleibt nach gedehntem Vokal oder nach einem Doppellaut), und zweitens müssen die Kinder sowieso den Unterschied von das als Artikel oder Relativpronomen einerseits und dass im Dasssatz andererseits lernen. In der Schweiz gab es das ß nicht und wird es das ß auch jetzt nicht nach langem Vokal geben.(20) Daran hatte sich nie jemand gestört. In Österreich bleibt es dagegen in Geschoß bei dem ß nach kurzem Vokal.(21) Nicht einmal in Bezug auf ß und ss wird eine übergreifende Einheitlichkeit der Schreibweise hergestellt.

Und: Es treten in Bezug auf das ss jetzt Fehler auf, die früher selten gemacht wurden: Häufig wird zum Beispiel der /s/-Laut nach lang gesprochenen Vokalen (in Einbuße, weiß) fehlerhaft als ss geschrieben. Wer die neuen Regeln ernst nimmt, kommt schnell in die Gefahr, sie zu überdehnen.(22)

Das Stammwortprinzip

Sprachwissenschaftler lieben die Wortherkunft, eines ihrer Betätigungsfelder. Und so unternahmen sie es, die Schreibweise mancher Wörter aus ihrem Wortstamm herzuleiten. Es gibt Wörter, die sich im allgemeinen Gebrauch von ihrer Herkunft losgelöst haben. Ihnen wird geboten, sich gefälligst auf ihre Herkunft zu besinnen und das in ihrer Schreibweise auszudrücken. Das alte Wort Stengel kommt schließlich von Stange und muss jetzt Stängel geschrieben werden. Das früher schöne Wort behende soll behände heißen, es kommt schließlich von Hand. Das Wort aufwendig sollte entsprechend auch aufwändig geschrieben werden, da es von Aufwand komme. Aber man kann es ebenso von aufwenden ableiten, von dem das substantivierte Aufwand sich herleitet. Inzwischen wird auch wieder aufwendig nicht nur zugelassen sondern empfohlen.(23) Lohnt es sich wirklich, schneuzen in schnäuzen zu verändern, wegen der Herkunft von Schnauze, und dabei das Missverständnis zu riskieren, dass einer sich die Schnauze statt die Nase putzt? Wo sowieso schneuzen und Schnauze von gemeinsamen Quellen herkommen, die ganz anders geschrieben wurden?(24) Eltern kommt von alt und müsste Ältern geschrieben werden.(25) Eigentlich. In manchen Fällen ist ein gut bürgerliches Wortstammwissen vorausgesetzt, wenn man die neue Schreibung in Abweichung von alter Gewohnheit anwenden will. In anderen Fällen bedeutet ein solches Wissen eine Falle, das wird unten noch gezeigt. Es kommt übrigens auch vor, dass durch die veränderte Schreibweise in dieser Hinsicht Wörter weggenommen werden. Einbleuen (Lerninhalte eintrichtern) wird einbläuen geschrieben. Das Wort mit eigener Bedeutung einbläuen (Wäsche mit blau einfärben) – es entfällt.

Vereinfachung bei Fremdwörtern?

Schon immer dringen Fremdwörter, Wörter aus anderen Sprachen, häufig aus Fachsprachen, in den deutschen Sprachgebrauch ein. In der Regel werden sie vereinnahmt, ihre Schreibweise wird nach und nach verändert. Zum Teil wird die Schreibweise aus der Herkunftssprache noch beibehalten. Die RS-Reform unternahm es forciert in dieser Hinsicht Angleichungen vorzunehmen – in einer Zeit, in der sowieso immer mehr Menschen Fremdsprachen kennen und mehr Wörter aus anderen Sprachen eindringen: Aus Potential wird Potenzial, das sehr verbreitete stop wird stopp;(26) Ketschup wurde – dem gesprochenen Wortlaut zuliebe(27) – als Variante genannt, erfuhr dann aber das traurige Schicksal, hinter der wieder empfohlenen (alten) Schreibweise Ketchup zurückzubleiben. Übrigens gerät dabei die RS-Reform in Widerspruch zu ihrem Wortstamm-Prinzip. Das wird augenfällig bei dem Problem der Trennung, bei dem Wortbestandteile auseinander gerissen werden: Die Trennung nach (zum Teil angeblich) gesprochenen Silben verletzt die Trennung nach Worteinheiten innerhalb der Herkunftssprache: A - narchie statt An - archie. Letzteres ist – in Analogie zu vielen anderen Begriffen – leicht aus a – griechisch = nicht(28) – und Archie = »Herrschaft« – ableitbar. Diag - nose statt Dia - gnose – aus griechisch dia = durch und gnosis(29) (= Erkenntnis). Wird ein Teil der Wörter – mit einem Wortstamm, der als deutsch gilt – auf ihre Herkunft verwiesen, so werden andere von ihrer Herkunft abgeschnitten, wenn sie noch (erkennbar) aus anderen Sprachen stammen. Ist in dem einen Fall (siehe oben) die Kenntnis des Wortstamms gefordert, so darf man diese in einem solchen Fall lieber nicht kennen, um die jetzt gebotene Rechtschreibung umzusetzen. (Wer sie denn kennt, wird sich weigern, sie anzuwenden.)

Zur Getrenntschreibung

Die gesprochene Sprache gebiert immer neue Worte, Wörter und Wortungeheuer, wie zutexten und, für die Dauer von ein paar Tagen, Adrenalinkanzler. Gerade Doppelwörter sind Ausdruck von der Lebendigkeit der Sprache, die sich fortwährend entwickelt. Wenn Wörter zu Doppelwörtern zusammengefügt werden, dann folgt diese Zusammenfassung zu einer Bedeutungseinheit der Entwicklung im wirklichen Leben, zum Beispiel in der Gesetzgebung, in der Rechtsprechung: Die Anzahl von Alleinstehenden wächst mit der Anzahl von Ehescheidungen. Durch die Vorschrift der Auseinanderschreibung zusammen geschriebener Wörter sollte es das Wort alleinstehend(30) nicht mehr geben, und die Unterscheidung, ob ein (in weiter Flur) allein Stehender oder ein (in sozialer Hinsicht) Alleinstehender gemeint ist, bedurfte gedanklichen Aufwandes. Jetzt gehört alleinstehend wieder zu den zugelassenen Wörtern, aber allein stehend im Sinne von alleinstehend (und natürlich allein im Regen stehend) sind ebenfalls zugelassen. So ist eine Doppeldeutigkeit entstanden. Ebenso war das Wort gleichlautend weggenommen. (Es ist jetzt wieder zugelassen.) Das Wort schwerbehindert wurde beseitigt. Schwerbehindert als verwaltungsrechtlich anerkannter Status, (z. B. vorkommend in vielen Wortverbindungen, wie Schwerbehindertengesetz) ist aber etwas anderes als schwer behindert in dem Satz: »Er ist nach der Operation schwer behindert.« Hier drückt schwer behindert eine ärztliche Einschätzung aus, aber noch keinen rechtlichen Status.

Da sich die getrennte Schreibweise bei vielen Wörtern nicht durchhalten ließ, mussten erst Regeln aufgestellt werden, nach denen in dem einen Fall getrennt geschrieben wird, in dem anderen die Zusammenschreibung erlaubt und im dritten Fall geboten ist: Müßig gehen muss getrennt geschrieben werden, da der erste Bestandteil »eine Ableitung auf -ig« ist.(31) Aber in der Substantivierung das Müßiggehen muss das sonst getrennt Geschriebene dann doch wieder zusammengeschrieben werden.

So nimmt die RS-Reform gebräuchliche Wörter (Auch Doppelwörter sind Wörter!) einfach weg. Sitzenbleiben ist verboten, so ist die schnelle, auf den ersten Blick sichtbare Bedeutungsunterscheidung von im Schuljahr sitzen bleiben und im Klassenraum, in der Bank sitzen bleiben nicht mehr möglich. Ähnlich bei leicht fallen, welches vorgeschrieben ist: Es fällt mir leicht oder der Schnee fällt leicht. Unter dem Vorwand, eine Rechtschreibreform zu sein, ist sie hier immer auch mehr oder weniger eine Wortreform. Der Wortzwischenraum verliert seine Bedeutung als verbindliches Kennzeichen von Wörtern als semantischer Einheit.(32) So entdifferenziert die RS-Reform die schriftliche Sprache, indem sie diese (wort-)ärmer macht. In der Praxis kann das zu grotesken Missverständnissen führen, an denen Kabarettisten ihre Freude haben.

Zur Groß- und Kleinschreibung

Überhaupt die Substantive, welche dann scheinbar als eigenständige Substantive erscheinen,(33) wenn sie aus einem Doppelwort herausgelöst sind. Ihre Entstehung drückt in besonderer Weise die Entwicklung der Sprache aus. Aus der Regel der RS-Reform, dass in der Verbindung Substantiv und Verb getrennt geschrieben werden sollen,(34) folgt, dass das frühere autofahren zu Auto fahren geworden ist. Dagegen aber: sonnenbeschienen. Hier ist das Substantiv mit einem Verb in Perfektform (beschienen) verbunden. Oder: teilnehmen. Der Regel nach (Substantiv plus Verb! Wie Eisen verarbeitend) müsste teil abgetrennt und dann groß geschrieben werden. Im Duden liest man aber teilnehmen und teilnehmend. Das sind halt neu zu lernende Ausnahmen. Andere jetzt obligate Großschreibungen (feste Redensarten mit Adjektiv) bei Weitem, im Übrigen und so weiter hat es schon einmal gegeben – vor 1901.

Viele Substantive haben sich in enger Verbindung mit einem Eigenschaftswort zu einer Art Worteinheit entwickelt, in dessen erstem Teil der Charakter als Adjektiv längst zurückgetreten ist. In ihnen sollten (Beispiel: mittlere Reife) oder durften (Beispiel: Erste Hilfe)(35) die Adjektive mittlere und erste klein geschrieben werden. Hier sind mittlere und erste aber nur noch formell Adjektive, in Wirklichkeit sind sie längst als Bestandteil in eine Bezeichnung, die als Name fungiert, aufgenommen. Natürlich gibt es auch hier wieder zahlreiche Ausnahmen.

Das Auge liest mit.

Es kommt hinzu: Geschriebene Sprache kann schön sein, und sie hat damit einen emotionalen Charakter. Viele Schreibende oder Lesende identifizieren sich mit ihr. Viele Produkte der RS-Reform (Missstand, gräulich, einbläuen: ursprünglich: Ketschup; außerdem Trennungen wie A-narchie, Musse-he)(36) beleidigen (oder beleidigten zwischen den Reformanpassungen) das Auge.

Schreiben dient doch auch dem Lesen, nicht wahr?

Schreiben diente ursprünglich vorwiegend der Dokumentation und nicht hauptsächlich zum Lesen. Erst mit der Erfindung des Buchdrucks wurde es vielen ermöglicht Texte zu lesen. Aus der Schreibsprache wurde eine Lesesprache. Unterschiedliche Schreibung bei gleich lautenden Wörtern und die Unterscheidung von Groß- und Kleinschreibung erleichtern seither das Lesen, da sie die Wort(bedeutungs)-Erkennung anbahnen. Und die sprachgeschichtlich sehr viel jüngeren Satzzeichen markieren größere Sinneinheiten. Sie machen zusammengesetzte Sätze übersichtlich und erleichtern ebenfalls das Lesen. Das wird besonders deutlich, wenn jemand ihm unbekannte Texte vorliest. Indem die Verbindlichkeit der Kommasetzung(37) (z. B. vor erweiterten Infinitiven) zum Teil aufgehoben wird, erschwert die RS-Reform das Verstehen des Textes und dadurch das Lesen. Irgendwie muss man vergessen haben, dass das Schreiben auch mit Lesen zu tun hat.(38)

Taktischer Rückzug in Quäntchen

Die Rechtschreibung entwickelt sich mit der Sprache. Sie markiert im geschriebenen Text Worteinheiten, macht sie für den Leser identifizierbar und lässt deren Bedeutung erkennen. Sie gehört zur Sprache, so wie das Ensemble der Wörter (das Lexikon), deren Artikulation, die Grammatik und Syntax, die Sprechmelodie. Sie ist nicht das Kleid, das der Sprache von außen überzuwerfen wäre und das beliebig gewechselt werden kann. Sie ist, wie der Sprachwissenschaftler Munske sich ausdrückt, »die Haut der Sprache«.(39) Ein zutreffendes, ein schönes Bild.

In der Tat sind durch die halbherzigen Reförmchen der großen Reform einige der augenfälligsten Auswüchse beseitigt.(40) Es ist aber immer nur die Schreibweise einzelner Wörter, die verändert wird; die ursprünglichen Regeln erhalten einfach mehr zugelassene oder verbindliche Ausnahmen. So wird aber der Anspruch der Vereinfachung durch bestimmte Regeln und in dem Zusammenhang der Vereinheitlichung der Schreibweise unter der Hand zurückgenommen. – Der Duden wirbt für das Wörterbuch neue Rechtschreibung Was Duden empfiehlt (1/2005) mit der Losung »Eine Wort - eine Schreibung« und empfiehlt nur eine Schreibung, und zwar oft genug die alte, wo DudenDie deutsche Rechtschreibung, 2005 gerecht und ohne Bevorzugung mehrere Schreibweisen zulässt. Ein bisschen kehrt der Duden zu sich selbst zurück.(41)

Die gesprochene Sprache wandelt sich, die geschriebene passt sich – mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung und Vorsicht – dem an. Diese Neuanpassungen hatte früher der Duden kodifiziert, indem er den praktischen Sprachgebrauch beobachtete, implizite Regeln herausarbeitete und danach die schriftliche Form vereinheitlichte. Die RS-Reform dagegen stellt von außen Regeln auf und will die Rechtschreibung auf diese Art regeln, ein bürokratisches Vorgehen. Dies ist ihr Geburtsfehler. So sehr sie in Einzelfällen angenehme Änderungen vornimmt oder wieder die alte Schreibweise zulässt, als normierendes Gremium kann sie ihre Geburt nicht loswerden. Das bedeutet immer auch, dass sie sich gegen faktische Entwicklungen des Sprachgebrauchs stellen muss. Deren gesellschaftlich-naturwüchsige Entwicklung kann sie natürlich nicht aufhalten. Jegliche Festlegung dieser Art enthält in sich schon den Keim für die nächste notwendige Anpassung. Die Beschäftigung eines Rechtschreibgremiums scheint auf ewig gesichert.

Das große Versprechen war, die Rechtschreibung zu vereinfachen und das Schreibenlernen (vom Lesen war nie die Rede) zu erleichtern. Jetzt steht die RS-Reform da als öffentlicher maßloser Flop. Davon zeugen die unterschiedlichen Anwendungen der Regeln in den unterschiedlichen Ausgaben der Lexika, von denen einige Jahrgänge wieder eingestampft worden sind.

Die Kultusminister, die Mitglieder der Rechtschreibkommission und jetzt die Mehrheit im Rechtschreibrat(42) wollten der Sprache ein neues Kleid überwerfen, anstatt – wie ehemals der Duden als respektierte Institution – den sprechenden und schreibenden Menschen aufs Maul und auf die Feder schauen. Dieses vermeintliche Kleid ist fadenscheinig und löcherig geworden, überall schaut die wirkliche Haut der Sprache, die verbreitete Schreibweise, durch. In Wirklichkeit hatten sie es unternommen, die Haut der Sprache künstlich zu ritzen. Hatten sie keine andere Möglichkeit, sich selbst zu spüren und ihrem Dasein einen Sinn zu geben? Jetzt sitzen sie fest auf einer Position, kleben auf ihrem Sessel und können nicht anders. Man ist veranlasst, sich professionell empathisch in sie einzufühlen. Was aber erstaunt, ist die Indolenz oder Resignation vieler gesellschaftlich und politisch engagierter Menschen und Organisationen (z. B. der Gewerkschaft GEW). Ist ihnen ist der Bauch wichtiger als die Haut ihrer Sprache? Natürlich gibt es größere Probleme in der Welt als die Rechtschreibung. Aber ist das ein ausreichender Grund, sich um das nahe Liegende nicht zu kümmern?

Was sind die Wirkungen und die lang währenden Folgen?

Die zahlreichen Aspekte der RS-Reform erschweren es, die Übersicht zu behalten. Ich will ihre Ergebnisse in einem Schaubild zusammenstellen. In ihm tummeln sich Wörter ganz unterschiedlicher grammatischer Kategorien nebeneinander, sie sind geordnet nach ihrer Position in dem Reformwerk.

Die Wörter, die sich als Beispiele in der konturlosen Umgebung der Kreise herumtummeln, mögen inhaltlich mit der RS-Reform zu tun haben. Aber sie schafften es, von der RS-Reform nicht berührt zu werden.

Der äußere Kreis enthält die Wörter, die den aufgestellten Regeln von Anfang an widerstanden (slip, teilnehmen)(43) oder aber dann doch dem Druck der Reformen der Reform nachgaben und dann wieder in der alten Schreibweise verbindlich wurden. Es sind also Ausnahmen von den neu aufgestellten Regeln, welche sich häufig ihre eigene Regel generieren.(44) Ihre genaue Quantität lässt sich schwer bestimmen, da sie im neuen Wörter-Teil des Duden natürlich nicht erkennbar aufgeführt sind. Ihre Anzahl ist beträchtlich (und für mich immer noch überraschend groß), wie ein Blick in die Übersicht über »die amtlichen Regeln« im Duden(45) ausweist. Dort werden Ausnahmen netterweise gleich (vollständig?) mitgeteilt.

Der mittlere Kreis scheint besonders sympathisch, er enthält das tolerante Feld zulässiger Schreibweisen. Es ist eine beträchtliche Anzahl, in der Aufstellung »alt« versus »neu« innerhalb des Duden 2005, immerhin etwa 20 Prozent der Beispiele.(46) Die meisten von ihm gehörten erst einmal dem inneren Kreis an.

Der innere Kreis erst enthält den harten Kern der RS-Reform: Wörter, die linientreu der neuen Schreibweise folgen. Tapfer widerstanden sie den Reformen der Reform. Bei weitem die meisten sind entsprechend der Neuregelungen verändert. Es gibt darunter aber auch Irrläufer wie Quäntchen, damit begründet, dass sie von Quantum abgeleitet seien. (47) Man hatte wohl nicht nachgelesen, dass Quentchen von Quent, einem »früheren deutschen Handelsgewicht« kommt, und zwar dem Fünftel eines Lots.(48) Die Kommission war also in die Falle ihres eigenen Wortstammprinzips getappt. Da das schöne Wörtchen nun schon einmal in den inneren Kreis aufgenommen wurde, darf es auch bleiben. Es hat sogar die Chuzpe, sich die eigene Regel zu schaffen und sich (»volksetymologisch«) darauf zu berufen, dass es von vielen »mit ›Quantum‹ in Verbindung gebracht wird. Daher die neue Schreibung.«(49) Die Quantität beharrlich neu zu schreibender Wörter wird manchmal unterschätzt.(50) Natürlich ist der innere Kern gar nicht so hermetisch-hart. Es führt ein breiter Weg in das Mittelfeld des »sowohl als auch« und ein schmaler Weg zu den vorgeschriebenen Ausnahmen.(51)

In den letzten Jahren, von Sitzung zu Sitzung der KMK, ist der harte Kern daher etwas zusammengeschmolzen, zuletzt im März 2006, und die Wege von innen nach außen wurden breit und ausgetreten. Vor allem der mittlere Kreis nahm zu an Umfang und Weisheit, neuerdings auch der äußere Kreis, der Kreis der Ausnahmen. Das Schaubild zeigt das bisherige Ergebnis der Reform. Es ist gleichzeitig eine Momentaufnahme, die im Detail, in der Zuordnung einzelner Wörter, vielleicht bald nicht mehr stimmen wird, sofern es noch mehr Sitzungen von Rechtschreibrat und KMK geben wird. (Es soll erstmal keine mehr geben.) Nicht im Schaubild abzulesen sind die Übergangsfristen, die es seit 1996 immer einmal wieder gegeben hat. Sie würden den mittleren Kreis (für die Übergangszeiten) noch erheblich breiter machen.

Der äußere und der mittlere Kreis sind Folge der Unhaltbarkeit der Regeln im inneren Kreis. Sie sind gleichzeitig dazu geeignet, die Kritik an der RS-Reform abzufedern, da sie die extremistischen Zumutungen des inneren Kreises aufheben. Diese Kreise kommen selbst nicht in den Focus der Kritik. Für die Bewertung hat der mittlere Kreis aber die größte Bedeutung. Er drückt aus, dass die Dogmatik der RS-Reform längst in eine Beliebigkeit der Schreibweisen eingemündet ist. Die bürokratisch-konsequente Überregulierung zeigt ihre Kehrseite, das Laissez-faire. Wie schön für die Vermeidung von »Fehlern«: Wo diese und jene Schreibweise zugelassen sind, dort ist es einfach schwerer, Fehler zu machen.(52) Und so wird es kein Wunder sein, wenn, wie berichtet wird, in Österreich herausgefunden wurde, dass in Bezug auf die Satzzeichen in der Schule weniger Fehler gemacht werden.(53)

Der innere Kreis charakterisiert die Absicht der Reform. Vor allem der mittlere Kreis aber steht – überspitzt ausgedrückt – für ihre tatsächliche Wirkung. Es bestätigt sich der Allgemeinplatz und die bittere Erfahrung, dass Absichten und Wirkungen von menschlichen Handlungen meilenweit auseinander fallen können.

Es glückte der verunglückten RS-Reform, Eigenheiten, Probleme und Vorzüge der deutschen (Schrift-)Sprache interessierten Menschen ins Bewusstsein zu rufen. Das gelang ihr um den Preis zahlreicher Spaltungen im Schreiben und Lesen. Um den Preis der Erschwerung des Lesens von Texten. Um den Preis der Verunsicherung derer, denen an korrekter Schreibung liegt.(54) Vor allem aber um den Preis, dass ein Großteil der Bevölkerung gegenüber der Rechtschreibung noch mehr abgeneigt ist. Und das sind vor allem die lernenden Kinder und Jugendlichen.

Die RS-Reform hatte ihren Ausgangspunkt in der Auffassung, dass die Rechtschreibung keine wichtige Funktion innerhalb der Sprache hätte (»Die Rechtschreibung nicht mit semantischen Informationen belasten«, siehe oben), und in dem daraus abgeleiteten Gefühl, dass sie bloß irgendwie lästig sei. Ihr Ergebnis ist deren praktische Entwertung und die vermehrte Gleichgültigkeit der Menschen. Und bleibende Beschädigungen der Sprache.(55)

1

FAZ, 03.03.06

2

FAZ, 04.02.06

3

»Fünfzig Juristen verlangen Rücknahme der Rechtschreibreform.« In: FAZ, 16.02.04

4

Vgl FAZ, 25.02.06

5

Vgl. FAZ, 26.02.06

6

FAZ, 03.03.06

7

FAZ, 02.03.06

8

Ist neuerdings wieder zugelassen, neben viel versprechend. In der Steigerungsform vielversprechender ist die Zusammenschreibung geboten.

9

Vgl. S. Hilliger: Die Bemühungen um eine Rechtschreibreform auf dem Gebiet der DDR, Rostock 1997. – Hilliger führt aus, dass z. B. von dem SPD-Politiker Thierse berichtet wurde, in der DDR sei ein Alleingang in Fragen Rechtschreibung geplant. Sie äußert, dafür gebe es keine Belege. Gleichwohl kann die Angst vor einem solchen Alleingang eine Rolle spielen. S. 285 u. 451

10

Zu dieser Heimlichkeit: FAZ, 16.07.04. Innerhalb der DDR waren Reformbemühungen schon einmal gescheitert – weil sie durch »eine Indiskretion« an die Öffentlichkeit kamen. Hilliger 1997, S. 448

11

Der Rechtschreibrat war von den Kultusministern eingesetzt., mit einigen Gegnern der RS-Reform und mit der Geschäftsordnung, dass Beschlüsse der Zweidrittelmehrheit gefasst werden sollten – so dass das Ergebnis der Überprüfung im Wesentlichen schon feststand.

12

FAZ, 25.02.06

13

Duden 2005, S. 72

14

Kursive Schreibweise kennzeichnet, dass es sich um ein Wort oder einen Buchstaben handelt.

15

/../ kennzeichnet gesprochene Laute im Unterschied zu geschriebenen Buchstaben; der Doppelpunkt in /a:/ markiert die Dehnung in der Lautsprache. Entsprechend kursive Wörter in / / deren Aussprache.

16

Munske 2004

17

Eines der Prinzipien der RS-Reform war, »die Rechtschreibung nicht mit semantischen Informationen belasten« zu wollen. Vgl FAZ, 28.04.04

18

Duden 2005, S. 72

19

Duden 2005, S. 853

20

Munske, H. H.: Lob der Rechtschreibung. München 2005, S. 69 ff

21

Duden 2005, S. 119

22

»Mit Sicherheit sind Millionen Deutsche noch der Meinung, daß das ß abgeschafft sei, ohne bei der Zeitungslektüre den Irrtum je zu bemerken.«

23

Duden Wörterbuch neue Rechtschreibung Was Duden empfiehlt. 2005

24

Munske, S. 61. Die Diskussion um die Regeln der Silbentrennung war laut Munske die aufwändigste innerhalb der Reformbemühungen.

25

Duden 2005, S. 1117

26

Aber: Aus Gag wurde nicht gagg, und schon gar nicht gägg, und aus Slip nicht Slipp.

27

Wenn schon, dann wäre Ketschapp (kurz gesprochener Laut /a/ konsequent gewesen; soweit wollte man das Auge nicht verletzen.

28

Der Laut /n/ und der Buchstabe n nach dem Laut /a/ und dem Buchstaben a hatten sich im Griechischen innerhalb vieler Wörter eingebürgert – der leichten Aussprache zuliebe.

29

Diese wurden auch in den letzten Vorschlägen der RS-Kommission im Dezember 2005 nicht zurückgenommen. FAZ, 04.02.06

30

Bertelsmann: Neue deutsche Rechtschreibung. 1996

31

Duden 2005, S. 43

32

Es gab den Wortzwischenraum nicht immer, er wurde erst durch die lateinisch schreibenden Mönche eingeführt, um Wortenden zu markieren.

33

Sie sind entsprechend der »Der-die-das-Regel« Substantive, genau genommen aber nur der Form nach Substantive, da sie Bestandteile einer Wortverbindung sind, die zu einer festen Redensart geworden ist und in der sie nicht mehr als Substantiv fungieren. Vgl. Munske S. 86 ff

34

ebenda S. 44

35

Darf wieder Erste Hilfe geschrieben werden, Duden 2005, S. 55

36

Inzwischen nicht mehr zulässig, seit der Sitzung der Reformkommission Ende 10/2005.

37

Streng genommen gar nicht zur Rechtschreibung, sondern zur Grammatik und Syntax gehörig.

38

»Dass die Rechtschreibreform eigentlich nur ein Ziel hat: das Schreiben zu erleichtern, das heißt, die Regeln so zu ändern, dass Fehler vermieden werden. Nur wenn dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, könnte es sinnvoll sein, der Reform Folge zu leisten.«
http://www.rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/032WraseZahlen/032Wrase1FI.html

39

»Lob der Rechtschreibung«, in: FAZ, 14.10.04 und das gleichnamige Buch, 2005.

40

Einige, nicht alle: Es bleibt bei spazierengehen einerseits und Auto fahren und Rad fahren andererseits. FAZ, 26.02.06

41

Der Duden musste manche Kritik auf sich ziehen: »Bekanntlich hatte der ›alte Duden‹ seine Tücken, vor allem bei der Festlegung von Zweifelsfällen, und manche Kritik an ihm ist berechtigt. Vereinfacht gesagt, hatte der Duden seine Aufgabe, den Schreibgebrauch zu verzeichnen und in überschaubare Regeln zu bringen, teilweise nicht gut bewältigt; er verdeckte mit seiner Interpretation der Rechtschreibung stellenweise den Gegenstand, den er darstellen sollte.« In: Veränderung der Fehlerzahlen durch die Rechtschreibreform Beispiel: Süddeutsche Zeitung Nr. 143, 24./25. Juni 2000 (Stadt-Ausgabe) im Vergleich mit Süddeutsche Zeitung Nr. 13, 17./18. Januar 1998 (Stadt-Ausgabe)

42

In ihm hatten die Befürworter von Anfang an die Mehrheit. Und die Geschäftsordnung legte fest, dass Beschlüsse nur mit Zweidrittel-Mehrheit gefasst werden mussten. So konnten nur kosmetisch Auswüchse beseitigt werden, um die Kritik aufzufangen.

43

Bertelsmann 1996, S 914

44

In dem unterhaltsam lesenswerten Büchlein Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod von B. Sick sind zahlreiche neue Regeln zusammengestellt, durch welche Ausnahmen – ohne Bezug auf den Sprachgebrauch – begründet werden sollen.

45

Duden 2005, S. 1113

46

Duden 2005, S. 117 ff

47

Bertelsmann 1996, S. 766

48

Kluge: Etymologisches Lexikon der deutschen Sprache, Berlin New York 1989 (!!), S 575

49

Duden 2005, S. 72

50

Meine Prüfung, die sozialwissenschaftlichen Kriterien nicht 100-prozentig genügen mag, ergab, dass auf einer Seite des Duden (um 60 Einträge) immerhin ein bis zwei Wörter zu diesem inneren Kreis gehören.

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Bankrott gehen soll nach der achten Sitzung des Rechtschreibrates nicht mehr groß geschrieben werden, sondern wie ehemals bankrott gehen. Von dem inneren Kreis also direkt in den äußeren. Man hat eben herausgefunden, dass bankrott in dieser Wendung nicht wirklich als Substantiv verwendet wird. Siehe FAZ, 04.02.06

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Diesen Effekt hätten auch einfache Erlasse der Kultusminister haben können: In den Schulen wird nicht mehr als Fehler gezählt, was gegen die jeweiligen Regeln verstößt.

53

Man sucht ansonsten vergeblich nach empirischen Untersuchungen über Fehlerhäufigkeit nach der RS-Reform.

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Das ist beispielsweise bei der Redaktion einer Zeitschrift wie des Spiegel oder einer Tagszeitung wie der SZ anzunehmen. Dort ergab sich 2000 beim Vergleich alter und neuer Ausgaben eine Vervielfachung von Fehlern, auch von solchen, die mit der RS-Reform gar nichts zu tun haben… Vgl. im Internet: http://rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/032WraseZahlen/032Wrase1FI.pdf

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Für mehrfache sehr genaue Durchsicht des Textes danke ich Silke Pfeil.