In dieser
Ausgabe
Hartnäckig haben die Neocons seit der Wende ihr imperiales Projekt »America
first« betrieben. Mit Bush II. setzte es sich durch und wurde dank des 11.
Septembers wirkungsmächtig. Die Opposition in den USA blieb, so Dick
Howard, in ihrer Kritik moralisch, brachte kein Gegenkonzept zu Wege
und konnte den neuen Weltordnern politisch nicht Paroli bieten.
Das
konnten auch andere nicht. Die Bush-Regierung ergriff das Gesetz des Handelns
und brach den Krieg gegen das irakische genozidale Regime auch ohne UNO vom
Zaum. Für Russland, seit Jahren heillos in Tschetschenien verwickelt, war der
schnelle Sieg der USA eine Demütigung. Geopolitisch verfügen die USA nun nicht
nur über eine bessere strategische Position im Mittleren Osten, sondern auch
zum kaukasischen Raum und nach Zentralasien hin (siehe Erhard Stölting).
Diese seit
der Wende völlig veränderte Weltlage lässt auch in der »westlichen Wertegemeinschaft«
alte und vermeintliche Gemeinsamkeiten zu Makkulatur werden. Mit den Rissen und
Brüchen und dem transatlantischen Diskurs dazu befassen sich Zoltan
Szankay, Jörg Später und Michael Opielka.
Wann, wenn
nicht in solch einer veränderten Situation, wird auch, so Helmut Wiesenthal
in seinem Großessay, das Ende des Modells Deutschland überdeutlich. Tief
greifende Reformen werden schon seit Jahr und Tag eingemahnt, herumgeflickt
wird da und dort, derzeit steht mit der Agenda 2010 ein Anlauf der Regierung
auf dem Tapet (dazu Harry Kunz) – der akkumulierte Reformbedarf
überfordert jedoch jede Regierung ganz gleich welcher Couleur. Das Modell, das
dieser Gesellschaft zu Grunde liegt, ist schlichtwegs veraltet und der
Systemkrise nicht gewachsen. In den Grünen, ganz gleich, in welcher Koalition,
sieht Wiesenthal heute die einzige echte Reformkraft, die aus dieser Krise
herausführen könnte.
Nicht
zuletzt wirkt sich diese Weltlage auch dort aus, wo manche nur das »Mittelalter«
sehen. Renate Kreile entwirft ein schillerndes Bild dessen, was
man »islamistische Frauenbewegung« nennen könnte – und macht deutlich, dass man
auch hier sehr genau hinschauen sollte, bevor man sich ein Vorurteil bildet.
THEMA
NACH DEM
IRAK-KRIEG
Der Protest gegen den Irak-Krieg erinnerte auch in den USA an die großen
Anti-Vietnam-Demonstrationen. Aber, so Dick Howard, es war ein zahnloser
Protest, der keine politische Alternative zu entwickeln verstand. In Russland (Erhard
Stölting) stellte man sich teilweise hinter Saddam Hussein. Den raschen
US-Sieg empfand man oft als demütigend, erinnert er doch an eigene Niederlagen
und Stagnation (Afghanistan und Tschetschenien) und wirkt sich zudem
geopolitisch und ökonomisch negativ aus. Das »Forum« widmet sich der
veränderten Weltlage.
Die politischen Dimensionen des militärischen Sieges.
Warum sich die Wortführer der »neuen Weltordnung« durchsetzen konnten.
Dick Howard
Seite 6
Russlands Niederlage.
Der Sieg der USA im Irak verändert die Bedingungen russischer Politik.
Erhard Stölting
Seite 10
IRAK-KRIEG
Nach der Wertegemeinschaft.
Atlantische Brüche und innereuropäische Risse.
Zoltan Szankay
Seite 12
Totalitäre Bedrohung. Paul Bermans »Terror and Liberalism«.
Dick Howard
Seite 14
Überflüssige »Neue Weltordnung«.
Christoph
Weller
Seite 15
Zwölf Uhr mittags. Der amerikanisch-europäische Antagonismus und die Intellektuellen.
Jörg Später
Seite 16
Ein heiliger Krieg? Wie Soziologen Freiheit und Demokratie denken könnten.
Michael Opielka
Seite 18
Der Irak-Krieg im Fernsehen.
Ilja C. Hendel
Seite 7–19
Kinder der Welt (1): In indischen Kinderheimen.
Cristian
Baitg
Seite 20/21
Maghrebiner in Arles und Marseille.
Markus Kirchgeßner
Seite 82/83
ZUR ZEIT
Zukunftsfähigkeit oder Sozialkürzungen? Was die Agenda 2010 signalisiert.
Harry Kunz
Seite 24
»Im Osten was Neues?« Berlin steht für die Zukunft des deutschen Modells.
Daniel Dettling
Seite 28
Kein schöner Land ... EU-Agrarpolitik, Kleinbauernlegen und Landverödung.
Elisabeth Meyer-Renschhausen
Seite 30
Buch: Die in der Arbeit wohnen.
Michael Ackermann
Seite 33
Das Geständnis als Gnadenerweis.
Anmerkungen zum Metzler-Prozess und die Folter-Diskussion.
Eva Horn
Seite 37
Letzte Kommunisten oder Afrikas Israelis? Tage in Ruanda.
Marko Martin
Seite 42
»Ich will wissen, ob ich überhaupt zur Welt gehöre.« Bosnische Reiseeindrücke.
Ernst Köhler
Seite 48
Auch die Menschenrechte haben ihren politischen Preis.
Ernst Köhler
Seite 50
Slowenien an der Schwelle. Vom Vorlauf einer gewichtigen Abstimmung.
Ales Debeljak
Seite 53
DISKUSSION
MODELL
DEUTSCHLAND
Auslaufmodell Deutschland? Mit Reformen als Oberflächenkosmetik, meist noch von
den Gewerkschaften kräftig blockiert, geht es nicht mehr weiter. Auch die
derzeit diskutierte Agenda 2010 der Regierung greift viel zu kurz. Diese
Aufgabe muss gründlicher gelöst werden, verbunden mit einer Reform der
Institutionen und des Verhältnisses der Körperschaften. Das hat seinen Preis,
auch seinen politischen. Wer will schon seine Klientel verprellen? Als
Reformatoren scheinen am ehesten noch die Grünen als Repräsentanten eines
»rationalen Universalismus« zu taugen.
Ausbruch aus der Zeitschleife?
Das Ende des Modells Deutschland, der Egoismus der Gewerkschaften und die Chancen des grünen Reformmotors.
Helmut
Wiesenthal
Seite 56
GESCHLECHTER IM ISLAM
Paradoxien und Widersprüche der Geschlechterpolitik.
Islamistische Frauen zwischen patriarchaler Unterordnung und feministischem Aufbruch.
Renate Kreile
Seite 86
Frauen im Krieg.
Eine Monotypie-Serie von Ingrid Hendel
Seite 87–93
LITERATUR-EXTRA
Lyrik-Lenz und Büch von Richard Anders bis Jens
Sparschuh. Beiträge von Michael Ackermann, Martin Droschke, Karl-Markus Gauß,
Heiko Hänsel, Peter Mosler, Wilhelm Pauli, Jürgen Walla, Renate Wiggershaus,
Balduin Winter
Seite 67
GIANNI VATTIMO
Festschrift zur Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken
2002
Seite I–XX
Vom Weggehen.
Ein Gespräch mit Péter Nádas über die Todesschwelle und seine Themen.
Eve-Marie Kallen
Seite 96
Buch: Gespräche um Leben und Tod.
Michael Ackermann
Seite 99
Porträt: Nicht dasselbe, aber ein Gleiches. Peter Henischs Vater-Sohn-Roman.
Erich Hackl
Seite 100
Extreme Insel. Neuere politische Literatur über Kuba.
Tom Beier
Seite 102
Bücherfenster: »Macht und Ohnmacht.«
Joscha Schmierer
Seite 104
»Always intended, Always profitable.«+
Die Ideologie hinter dem indischen Mythenkino.
Thomas Schmitt
Seite 106
Buch: Die andere Traumfabrik.
Michael Ackermann
Seite 109
Technik und Täuschung. Wie der Schachtürke in die Welt kam und was er alles bewirkte.
Ute Raßloff
Seite 116
KOMMENTARE & KOLUMNEN
Michael Ackermann
Seite 3
Ereignisse & Meinungen: Road Map – oder?
Balduin
Winter
Seite 22
Nachgezählt: Probleme am Arbeitsmarkt.
Peter Lohauß
Seite 26
Brief aus Österreich: Der kleine eiserne Prinz.
Gerhard Fritz
Seite 27
Republikanische Randnotizen (3).
Willfried Maier
Seite 36
Umweltpolitik: Darf das Umweltvölkerrecht privatisiert werden? + Windkraft gegen Schweinswale.
Sascha Müller-Kraenner
Seite 34
Kommentar Recht:
Reform des Kündigungsschutzes.
Uwe Günther
Seite 38
Brief aus den Niederlanden: Kopflos.
Frank Eckardt
Seite 40
Glosse: Hast du einen Opa, dann ...
Albrecht von Lucke
Seite 41
Kommentar Nord-Süd: Partner Afrikas.
Uschi Eid
Seite 46
Brief aus Indonesien: Bildungsreform auf islamisch.
Doris Klein
Seite 47
Kommentar Italien: Großreinemachen.
Annemarie Nikolaus
Seite 52
Foto-Buch: Leben mit und hinter der Mauer.
Helmut Veil
Seite 106
Film-Schnitte: Unter Wasser – Neue alte Frauengestalten.
Marcus
Welsch
Seite 108
Im Beitrittsgebiet: Bricht Struck der Heide Röslein? Die traurige Geschichte der Kyritz-Ruppiner-Heide.
Wilhelm Pauli
Seite 110
Untaten & Orte: Diktaturen
Michael Schweizer
Seite 111
Buch: Verrat als Überlebensmuster.
Balduin Winter
Seite 112
Aufgelesene Töne: Protestmusik total. Der deutsche Rockunderground der späten Sechzigerjahre.
Christoph Wagner
Seite 114
Echo, AutorInnen & Impressum
Seite 119