Auf der Suche nach der Bürgergesellschaft

"Res Publica" statt weiterer Markt

Christiane Liermann

Gern wird die civil society als das Gesellschaftsmodell der Zukunft vorgestellt und gepriesen, doch dann tut man sich schwer zu beschreiben, wie sie eigentlich genau aussieht. Grund für Irritation ist auch der Eindruck, die Ausrufung eines neuen Gesellschaftstyps verdanke sich weniger einem weiteren Freiheitsfortschritt der Menschheit als dem Verlust zwar nicht vollkommener, so doch bewährter Institutionen. Unsere Autorin stellt einige Wegmarken der Diskussion vor und knüpft damit auch an die Debatte in der Kommune an.

Der in der angelsächsischen Tradition altbewährte Begriff civil society hat seit vergleichsweise kurzer Zeit unter zwei neu gefundenen Namen, Bürgergesellschaft und Zivilgesellschaft, Einzug in den deutschsprachigen politischen Diskurs gehalten. Bürgergesellschaft und Zivilgesellschaft haben inzwischen die ältere deutsche Übersetzung für civil society, also "bürgerliche Gesellschaft", fast komplett ersetzt, wo es um die Beschreibung und normative Bestimmung des Gemeinwesens geht. Die neu eingeführten Bezeichnungen sind demnach einer sozialen und politischen Konstellation adäquater, als es die ältere, ebenso geschichtsträchtige wie ideologiebeladene bürgerliche Gesellschaft gemäß heutigem Verständnis offenbar ist.(1) Während die bürgerliche Gesellschaft nach deutscher, hegelgeprägter Tradition dem Staat gegenübertrat, der Macht und Politik darstellte und konzentrierte, unterschied die civil society liberal-angelsächsischer Provenienz gar nicht zwischen Staat und Gesellschaft, sondern umfasste beide und verstand sich idealerweise als jener Raum, in dem sich die Individuen in freier Konkurrenz entfalten. Dass auf diese Weise so etwas wie Gemeinwohl entstehen und sogar geschützt sein könne, dass Politik nicht die Aufgabe einer machtvollen, überlegenen Leitungsinstanz, sondern das Resultat einer vielgestaltigen geregelten Interessenauseinandersetzung sein könne, war dem Denken in Deutschland unvertraut und unangenehm. "Bürger" klang hier stets stärker nach "bourgeois" als nach Polis, Republik, Bürgerschaft oder auch "Zivilcourage". Wenn nun von der bürgerlichen Gesellschaft Abschied genommen und die Bürger- oder Zivilgesellschaft ausgerufen wird, stellt das einen bemerkenswerten "Paradigmenwechsel" dar.

Bevor dessen Motive und Konsequenzen kurz kommentiert werden, sei ein Blick auf die italienische Situation geworfen. Die Gesellschaftslehre in Italien ist traditionell, ähnlich wie das deutsche Modell, auf Distanz zur civil society angelsächsischen Typs gegangen, mit der Besonderheit, dass hier den Platz des "macht-"vollen Staates eher ein "versorgender" Staat einnahm, in welchem Politik das hochgradig selbstbezügliche Geschäft einer politischen Klasse war. Ihr trat und tritt bis heute ein gesellschaftlicher Kosmos entgegen, in dem den lokalen, religiösen und familiären Beziehungen nach wie vor eine hohe Kompetenz bei der Regelung des gesellschaftlichen Zusammenlebens zugeschrieben wird. Dieses Geflecht firmiert unter der Bezeichnung società civile, wobei damit in der Geschichte der politischen Leitbilder und Begriffe zunächst einmal ganz allgemein das staatlich-zivile Gegenstück zur società religiosa (Kirche) gemeint ist, so wie von alters her status civilis schlicht dasjenige benannte, das nicht kirchlicher Hoheit unterstand. Ein spezifischer zivil-bürgerlicher Verhaltenskodex – gar eine Zivilreligion als ethisches Programm und verbindlicher Normenkatalog für das säkulare Gemeinwesen – war damit weder impliziert noch definiert, und nicht von ungefähr wird in Italien das Fehlen eines solchen zivilreligiösen Programms bisweilen für den diagnostizierten Mangel an gesellschaftlichen Kohäsionskräften verantwortlich gemacht.(2)

Diese bekannten und vertrauten Koordinaten werden derzeit kräftig durchgeschüttelt. Neue Leitbilder für neue soziale Situationen werden gesucht und auf dem Normen-Markt angeboten. Bekannte Akteure stehen unter Legitimationsdruck, während sich neue Protagonisten zu etablieren suchen. Der Dynamik, die dadurch entstanden ist, verdankt die Bürgergesellschaft oder Zivilgesellschaft ihren rasanten Aufstieg als Schlag- und Leitwort. Denn ihr Auftreten kompensiert die aktuelle Schwäche des überkommenen Verhältnisses Staat – bürgerliche Gesellschaft. Einer der unter Druck geratenen Alt-Akteure ist nämlich eben der demokratische Rechts- und Sozialstaat, wobei als dessen offene Flanke die traditionelle territorial-nationale Verfasstheit, aber auch die Eigenschaft als Wohlfahrts- und Fürsorge-Staat korporatistischen Zuschnitts gelten. Ihm sind so von unterschiedlicher Seite Konkurrenz und Kritik erwachsen. Dass er als "(sozial-)demokratischer Interventions-, Wohlfahrts- und Verwaltungsstaat" keine echte Alternative zur bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft sei, hatten vorausschauende Linke wie Venedigs Bürgermeister, der Philosoph Massimo Cacciari, schon Ende der Siebzigerjahre auf Max Webers Spuren diagnostiziert.(3) Nun aber zeichnet sich ab, dass ein noch subversiverer Gegenspieler ausgerechnet mit dem weltumspannend siegreichen Kapitalismus entstanden ist. Denn zum einen sind dessen Mechanismen für den Einzelstaat nicht steuerbar, zum anderen orientiert sich der darin agierende global player nicht mehr an nationaler Zugehörigkeit und kultureller Prägung, sondern befolgt die weltweit gleichen Regeln des Marktes. In dem Moment, wo der Welt-Markt zur einzigen Verteilungsinstanz für Menschen, Waren und Informationen wird, hat der Staat ausgedient.

Bedeutet das aber schon den "Abschied vom Nationalstaat im Zeitalter der Globalisierung"? Mit dem Tübinger Philosophen Otfried Höffe kann man dies bezweifeln, wenn man den Befund zugrunde legt, dass es zum Instrumentarium des (nationalen) demokratischen Verfassungsstaats bisher in rechtlicher und politikpartizipatorischer Hinsicht keine überzeugende Alternative gibt.(4) Gewiss schafft die fortschreitende Globalisierung einen Handlungsbedarf, den die Einzelstaaten allein nicht zu bewältigen vermögen. Das macht aber nicht zwangsläufig ihre Preisgabe erforderlich. Denkbar ist vielmehr eine Art kombinierte Strategie als Antwort auf die Globalisierungsherausforderung: Zum einen gilt es, eine Form von Globalisierung durchzusetzen oder wenigstens anzustreben, die über das Ökonomische hinausgeht und das kybernetische System "Menschheit" auch in rechtlicher und zivilisatorischer Hinsicht berücksichtigt und ausbaut. Dies meint Höffe, wenn er zum Widerstand gegen die Verdrängung der Politik durch den Markt aufruft und die Auffassung vertritt, Omnipräsenz und Omnipotenz der globalen Wirtschafts- und Finanzmärkte seien "kein Schicksal". Wie im nationalen Binnenrahmen müsse es möglich sein, die Marktkräfte gewissen dynamischen Wettbewerbsregeln sowie sozialen und ökologischen Mindestkriterien zu unterstellen. Markt-Globalisierung und Werte-Universalisierung können Hand in Hand gehen; in der optimistischen Vision verhilft jene dieser sogar zur Durchsetzung.

Zur Antwortstrategie gehört als zweites Element die Umgestaltung des traditionellen Staates im Innern. Und hier kommt eben die Bürgergesellschaft/Zivilgesellschaft ins Spiel. Denn in dem Wettstreit der neuen Akteure im weltumspannenden Austausch präsentiert sich die Bürgergesellschaft/Zivilgesellschaft als zukunftsträchtiger Ausweg(5), jenseits der Bipolarität aus altem, mittlerweile überfordertem Fürsorge-Staat einerseits und apolitischer Gesellschaft auf der anderen Seite. Die Bürgergesellschaft impliziert eine neue Macht- und Aufgabenverteilung zwischen Staat, Markt und Selbstverantwortung des Bürgers. Ihre erfreuliche Seite ist die Ermächtigung des Bürgers als De-facto- und nicht nur De-jure-Souverän. Ihre ebenso erfreuliche wie riskante Seite ist, dass sie mit der Entzauberung des Staates wirklich Ernst macht und diesen als obrigkeitliche Versorgungsanstalt entlässt. "Riskant" ist dieser Plan, weil er verdächtig gut zu einem Programm "politischer Diätologie" passt, nach welchem der Staat ohnehin abspecken und versuchen muss, durch "Rationalisierung" und "Privatisierung" Kosten abzuwälzen. Das edle Freiheitsziel der verantwortlichen Bürger-Partizipation wird damit zweckentfremdet und unterlaufen. Eine zweite Hürde kommt hinzu: Das Projekt Bürgergesellschaft erfordert, wie Ulrich Beck konstatiert hat, eine "paradoxe Reformpolitik des staatlichen Machtverzichts": "Der Staatsapparat soll so ab- und umgebaut werden, dass gesetzlich geschützte Räume für eine konkurrierende politische Gestaltungsmacht von Nichtregierungsorganisationen entstehen, die gewaltfrei, selbstorganisiert, selbstreflexiv und in dauernder Spannung miteinander und mit den staatlichen Behörden gesellschaftliche Kreativität und Selbstverantwortung entfalten."(6) Aber kann der Staat ernsthaft an seiner eigenen Abwicklung interessiert sein und mitwirken? Ist die friedliche Verzichtleistung und Rückbildung einer Zuteilungsinstanz vorstellbar – einer Instanz zudem, die gerade aus der Zuteilungshoheit stets ein gut Teil ihrer Existenzberechtigung und ihrer Macht abgeleitet hat?! Die optimistische Antwort auf die skeptischen Fragen lautet, dass die Geschichte tatsächlich Beispiele dafür kennt, dass aus der Not des Staates eine Tugend des Bürgers entsteht. Sei es, dass diese "Not" Folge des erzwungenen staatlichen Schlankheitsideals ist – also die materielle Seite betrifft –, sei es, dass sie den Verzicht des modernen Staates auf Sinnstiftung meint, also die geistig-weltanschauliche Seite betrifft. Was Letztere angeht, hat man, zumal nach den Erfahrungen totalitärer Staatlichkeit, gern akzeptiert, ja gefordert, dass die Versorgung mit Weltanschauung nicht Aufgabe des Staates sein solle. Für die Bereitstellung geistig-moralischer Werte und die Garantie weltanschaulicher Sicherheit wird in der Regel daher heute nicht mehr der Staat zur Verantwortung gezogen (auch wenn ernst zu nehmende Kritiker die staatliche Zurückhaltung in diesem Geschäft mittlerweile für übertrieben halten(7)). Dass aber auch die Bereitstellung materieller Werte und die Garantie wohlfahrtlicher Sicherheit preisgegeben werden sollen, daran muss sich der Bürger am Beginn des 21. Jahrhunderts ebenso gewöhnen wie er sich etappenweise, mit erheblicher Diskontinuität, im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts an die Vorstellung gewöhnt hat, nicht Der Staat produziere und diktiere die verbindlichen Werte der politischen Gemeinschaft, sondern dies geschehe in freier Konkurrenz auf dem allgemein zugänglichen Wettkampfplatz namens Gesellschaft. Das Modell Gesellschaft des Bürgers oder Zivilgesellschaft setzt diesen Gedanken fort, hebt allerdings ein entscheidendes Element heraus: dass die Gesellschaft tatsächlich zivil weiterentwickelt werde, womit Bürgertugenden ebenso wie Umgangsformen gemeint sind. Von cultura civica spricht man in Italien und zielt damit auf politische Partizipation, Einmischung in öffentliche Angelegenheiten, Loyalität gegenüber den Institutionen und der Nation, aber auch auf Verhaltensweisen und Haltungen wie Verantwortungsbewusstsein für sich und die Gemeinschaft, Gesetzesachtung, Toleranz und (überraschend wieder zu Ehren gekommen) "Anständigkeit".(8) Civility hat der amerikanische Sozialphilosoph Michael Walzer dieses Ethos des Bürgers genannt, der für sich und für seine politische Gemeinschaft die Verantwortung übernimmt, allgemeine Entscheidungen mitträgt, sich vom bequemen Obrigkeitsdenken verabschiedet und "anständig" mit seinen Mitmenschen umgeht. Während es für civility, soweit ich sehe, noch keine Entsprechung im Deutschen gibt, scheint man in der Debatte um die Reform der Gesellschaft dort eher von Bürgergesellschaft zu sprechen, wo stärker der Akteur, der wiederentdeckte Souverän der Demokratie, in den Vordergrund gerückt wird. Zivilgesellschaft dagegen betont stärker den Charakter einer säkularen Gesellschaft, in der es eben zivil zugehen soll: tolerant, höflich, rücksichtsvoll, um Ausgleich zwischen legitimem Eigeninteresse und gemeinschaftlichem Interesse bemüht. Die zuletzt viel beschworene "Zivilcourage" gegen Gewalt in der Gesellschaft hat in diesem Wertekontext ebenfalls ihren Platz.

Wie aber bringt man jemanden dazu, sich nach einer Phase, in der er alle möglichen Kollektiv-Identitäten verabschiedet hat, nun wieder für sein Gemeinwesen zu interessieren und sich auch noch an dessen Gestaltung gemäß einem sozialverträglichen Verhaltenskatalog zu beteiligen? Welcher Weg führt zur Bürgergesellschaft? Dem Modell Bürgergesellschaft/Zivilgesellschaft liegt der Gedanke zugrunde, dass Freiheit und Verantwortung an sich einen Handlungsanreiz darstellen, also an sich buchstäblich "reizvoll" für den Menschen sind. Dem Menschen als Bürger wird zugetraut, Eigeninitiative zu entwickeln, Verantwortung zu "übernehmen", etwas zu "unternehmen". Diese Fähigkeit ist unstrittig, und es herrscht Konsens, dass man sie fördern und entfalten soll. An diesem Punkt kommt es allerdings zu einer spannenden Gratwanderung der Menschen- und Weltbilder, und die Sprache ist wie stets ein wichtiger Indikator: Es geht nämlich um die Frage, wieweit man den Bürger tatsächlich als "Unternehmer" denken lassen und "unternehmerische" Qualitäten als sozialvorbildlich prämieren will. Nach ihrer "neoliberal" genannten Seite hin befürwortet die Debatte um die Bürgergesellschaft diese sprachliche und gedankliche Anleihe bei der Ökonomie. Wer, wie zum Beispiel der amerikanische Sozialphilosoph Robert Nozick, dazu tendiert, die Gesellschaft auch in politisch-ethischer Hinsicht als freies Spiel der Kräfte zu sehen, in dem dirigistische Eingriffe unzulässig sind und sowieso nur stören, traut dem "Markt" namens Gesellschaft durchaus zu, aus wohlverstandenem Eigeninteresse zu einer Sozialethik zu gelangen, die den Schwächeren nicht prinzipiell benachteiligt.(9) In einem dem wirtschaftlichen Wettbewerb vergleichbaren "Wettbewerb der Werte", so die liberale Überzeugung, lassen sich moralische Ressourcen freisetzen, dank derer sich diejenigen Gesellschaften durchsetzen, die aufgrund einer gemeinwohlorientierten, gerechten Sozialverfassung für Mensch und Markt zugleich attraktiv sind.

Kritiker dieser Gesellschaftslehre bestreiten die Übertragbarkeit von Marktgesetzen auf das soziale Leben. Tatsächlich zeigt sich, dass die Aufwertung des Wettbewerbs zum dominanten gesellschaftlichen Regulativ zwar einerseits von fortschrittsorientierten Werten wie Dynamik, naturwissenschaftlich-technologische Innovation, Kreativität, persönliche Unabhängigkeit, Initiative begleitet ist, zugleich aber gewisse sozialdarwinistische Züge trägt, die dem aufgeklärten Gemeinschaftsgeist der Bürgergesellschaft zuwiderlaufen. Wenn unternehmerisches Risiko exklusiv stilbildend für Sozialverhalten ist, müssen die Personen, die dieses Risiko nicht eingehen, als zu kostspielig, ja sogar als moralisch untragbar gelten. Besonders an der paradoxen Stellung der Familie in der zeitgenössischen Gesellschaft ist die Ambivalenz eines in dieser Weise eng gefassten Monopols des Marktes auf Vorbildfunktion ablesbar. Die Bürgergesellschaft der Zukunft sollte daher mehr sein als ein weiterer Markt, dessen einziges Gesetz Gewinnmaximierung heißt und in dem sich durchsetzt, wer sich – auch ethisch – am besten den Marktgesetzen anpasst.(10)

Das Modell Bürgergesellschaft/Zivilgesellschaft/civil society am Beginn des dritten Jahrtausends liefert vielmehr gewissermaßen die machiavellistische Antwort auf den Siegeszug des Kapitalismus. Ein Sieg, so hatte Machiavelli geschrieben, ist nie so absolut, dass der Sieger nicht gewisse Rücksichten nehmen müsste, "besonders auf die Gerechtigkeit". Die gewissen Rücksichten in Zeiten des globalen Kapitalismus lassen sich übersetzen in die Gerechtigkeitsforderung nach solchen Gesellschaftsformen, die zwischen Marktdynamik und Humanverträglichkeit zu balancieren wissen. Der schönste shareholder value in einer charakterlich verwilderten, instabilen, menschenunwürdigen Gesellschaft nutzt ebenso wenig wie bei Machiavelli die bloße Machttechnik. Für den angeblichen Zyniker der Macht bildete die Res Publica den eigentlichen und letzten Zweck politischen Handelns. Übersetzt man den Gedanken in heutige Verhältnisse und spinnt ihn weiter, könnte man daraus folgern, dass solche Räume gestärkt werden müssen, in denen die "öffentliche Sache" für den Bürger erlebbar und gestaltbar wird, in denen also die Bürgergesellschaft eigentlich entsteht. Der wichtigste Raum dieser Art ist zweifellos die Stadt. So wie Bürgergesellschaft und politische Freiheit ihren gesellschaftlichen Ursprung und ihren natürlichen Sitz in der lokalen Dimension haben, so kann der Ausbau der Bürgergesellschaft nicht ohne die Stärkung der lokalen Politik und Identität gelingen.(10) In diesem Sinne ist zu wünschen, dass die Stadt der Zukunft nicht nur als vielfache Dienstleisterin in Anspruch genommen wird, sondern auch als Polis, als erster und unmittelbarster Ausdruck politischen, bürgerschaftlichen Zusammenlebens.

1 Zur Begriffsgeschichte vgl. M. Riedel, "Bürgerliche Gesellschaft", in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von J. Ritter, Bd. 3, Darmstadt 1974, Spalte 466f.

2 G. E. Ruscohni, "Una supplenza di religione civile in Italia?, in: Rassegna italiana di sociologia, 2/99, S. 235-253, und als kritische Antwort darauf bezüglich der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit des Konzepts der "Zivilreligion" im gleichen Heft: F. Traniello, "A proposito di nazione, democrazia a religione civile", S. 255-268.

3 M. Cacciari, Weber e la critica della raglone soicialista, Mailand 1979.

4 Vgl. O. Höffe, "Nationalstaaten im Zeitalter der Globalisierung. Auf dem Weg zu einer Weltdemokratie", in: FAZ, 25.7.00; ders.: "Vision Weltrepublik". Vortrag anlässlich der Tagung der italienischen Humboldtianer in der Villa Vigoni, 16.6.00 (Manuskript, ungedruckt); siehe auch: "Gerechtigkeit in Zeiten der Knappheit", Kommune, 10/99.

5 A. Giddens, La terza via. Manifesto per la rifondazione della socialdemocrazia, Mailand 1999.

6 U. Beck, "Mehr Zivilcourage bitte", in: Die Zeit, 25.5.00.

7 Vgl. z. B. Paul Kirchhofs Kritik an Ernst Wolfgang Bockenförde in "Freiheit der Gemeinsamkeit der Werte. Der Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst mitverantwortet", in: FAZ, 22.5.99.

8 Vgl. L. Sciolla, "Coesione sociale, cultura civica, società complesse, in: il Mulino, 1/00, S. 5-14, hier S. 11.

9 Vgl. R. Nozick, Vom richtigen, guten und glücklichen Leben, München 1991, besonders das Kapitel "Der Zickzackkurs der Politik", Seite 318ff.

10 Vgl. zur Analyse der Globalisierung und zur Kritik am "Neo-Sozialdarwinismus" die Arbeiten von Zygmunt Bauman; vgl. dazu auch: A. Dal Lago, "Esistenza e incolumintà. Una nota sulle recenti opere di Zygmunt Bauman, in: Rassegna italiana di sociologia, 1/00, S. 131-142.

11 Vgl. U. Beck, "Figli della libertà: contro il lamento sulla caduta dei valori", in: Rassegna italiana di sociologia, 1/00, S. 3-27, hier S. 22.