Wolfgang Geiger
Bildung +/- Politik+
Eine Dialektik der Freiheit
Die
internationalen und nationalen Bildungsvergleiche PISA lassen verschiedene Rückschlüsse
zu, wie sich der kontroversen Folge-Diskussion unschwer entnehmen lässt. Unser
Autor prüft die verschiedenen bildungspolitischen Ansätze und tritt dabei auch
der Position entgegen, Ganztagsbetreuung, Schulranking und LehrerInnen-Mehrarbeit
alleine würden es schon richten. Stattdessen muss eine Auseinandersetzung um
Inhalte und Schulautonomie erst noch beginnen.
Die internationalen wie auch die innernationalen
Bildungsvergleiche haben, abgesehen von den Diskrepanzen bei der Herstellung
gleicher »Laborbedingungen«, einen Vor- und einen Nachteil: Die Ergebnisse
liefern Daten zur Erkenntnis der Probleme, nicht aber gleichermaßen zu deren
Lösung. Deswegen interpretiert jeder, wie er will: Befürworter des typisch
deutschen »dreigliedrigen Schulsystems« sehen sich ebenso bestätigt wie
Verteidiger des international eher gängigen Gesamtschulkonzepts. Letztere sind
in einer Phase des Zweifels an ihrem alten Credo durch PISA geradezu in einen
Jungbrunnen gefallen: Sind denn die Skandinavier nicht Spitzenreiter wegen
ihrer Einheitsschule bis Ende der Sekundarstufe I? Ihre Gegner kontern: In der
innerdeutschen Ergänzungsstudie PISA-E haben eindeutig die CDU-Länder »gesiegt«,
also die SPD-Gesamtschulländer »versagt«. Doch landet einerseits auch der deutsche
Spitzenreiter Bayern international nur im Mittelfeld und ist andererseits das
»skandinavische Modell« eher eine Legende: lediglich Finnland hält
Spitzenpositionen in den drei Rubriken Leseverständnis, Mathematik und Naturwissenschaften,
das ebenfalls beliebte »Vorzeigeland« Schweden dagegen rangiert auf den Plätzen
9, 15 und 10 lange nicht so weit vor Deutschland (21, 20, 20) wie die Commonwealth-Länder
Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien (alle besser als Schweden).
Vor allem jedoch wurde geflissentlich unterschlagen, dass mit Finnland die
ostasiatischen Länder an der Spitze stehen: Japan, Südkorea (abwechselnd Platz
1 und 2 in Mathe und NaWi) sowie durch einen
nachgeholten Test auch Hongkong. Diese Länder jedoch haben das Gegenteil eines
antiautoritären Verständnisses von Unterricht. Wie ist das zu erklären?
Problem +/-
Analyse
Nicht nur wegen PISA-E ist die CDU bildungspolitisch
tonangebend, auch die politische Verschiebung in den Ländern hat die SPD in der
Kultusministerkonferenz in eine aussichtslose Minderheitenposition gebracht:
Das einzige Land mit einer ungebrochenen SPD-Bildungspolitik seit den Sechzigerjahren
ist NRW. Von der CDU geführt setzt die KMK neue Maßstäbe: Festlegung von
Bildungs- und Leistungsstandards, Vergleichsarbeiten in verschiedenen
Klassenstufen und permanente Evaluierung durch Tests sowie perspektivisch das
Zentralabitur, das sich in immer mehr Altländern durchsetzt. Gleichzeitig wird
jedoch das Abitur als »Hochschulreife« entwertet, denn die KMK gesteht den
Universitäten jetzt zu, die Hälfte ihrer Studenten durch Aufnahmetests selbst
auszuwählen.
Wesentliche Aspekte innerhalb der Gesamtproblematik
werden kaum oder nicht erkannt, wenig, gar nicht oder falsch diskutiert: so die
Relation zwischen Lebensalter und Lernalter der deutschen Schüler im
internationalen Vergleich sowie strukturelle und materielle Faktoren wie die
Menge und die Organisation des erteilten Unterrichts im Laufe eines
Schülerlebens. In den bei PISA-E gut abschneidenden Ländern wird mehr
unterrichtet: Bayern, Thüringen, Sachsen, Baden-Württemberg und
Schleswig-Holstein liegen über dem Durchschnitt der berechneten Gesamtunterrichtsstunden
bis zum Ende der 9. Klasse, die größte Spanne liegt zwischen Bayern und NRW mit
cirka zehn Prozent Differenz, das heißt circa drei Stunden pro Woche mehr Unterricht
in Bayern. Damit soll wohlgemerkt keine lineare Funktion zwischen Quantität
und Qualität konstruiert werden (die Einzelzahlen würden dies widerlegen: Z.<|>B. hat Sachsen-Anhalt den meisten
Deutschunterricht und schneidet dennoch schlecht beim Leseverständnis ab).
Vielmehr geht es um die Gesamtkonstellation, die sich aus der Verknüpfung all
dieser Faktoren ergibt, so auch Lehrer-Schüler-Relation, Altersstruktur der
Lehrer ... und Bildungsausgaben, vor allem im internationalen Vergleich: Alle
Länder, die bei PISA besser abschnitten als Deutschland, verzeichneten höhere
Bildungsausgaben pro Schüler für die von PISA erfasste Schülerpopulation (d. h.
bis inkl. 15 Jahre), wenn auch diese allgemeinen nominalen Werte gewiss mit
besonderer Vorsicht zu genießen sind.
Die IGLU-Studie (englisch
PIRLS) zu den Grundschulen hat im Übrigen gezeigt, dass die schnelle Problemabwälzung
vom Sekundarbereich auf die Grundschule verfehlt war. Vielmehr zeigt sich: Die
Krise der Bildung in Deutschland hängt am schwierigsten Lebensalter der
Schüler, nämlich der Pubertät. Dies liegt auch daran, dass die deutschen
Schüler im internationalen Vergleich zu spät eingeschult werden und die entsprechende
fachliche Progression des Unterrichts (wenn es also »richtig schwer« wird)
unter lernpsychologischen Gesichtspunkten zu spät kommt. In Ländern mit einem
Vorschulsystem und nur 12 Jahren bis zum Abitur (Letzteres setzt sich jetzt
auch in Westdeutschland durch), werden schwierige Etappen des Fachunterrichts
eindeutig früher und dadurch besser in der Schülerbiografie bewältigt. Zur
späten Regeleinschulung in Deutschland kommen ja noch die Zurückstellungen
sowie der hohe Anteil von Wiederholern hinzu: 36 Prozent der Fünfzehnjährigen
sind dadurch zusätzlich noch ein Jahr älter, also eine Klasse zurück. Dieser
grundsätzliche Unterschied im internationalen Vergleich war mit Sicherheit ein
Faktor für das schlechte Abschneiden Deutschlands bei PISA, denn schließlich
wurde ein Altersjahrgang verglichen. Unabhängig davon aber führt diese
»Überalterung« der Schüler angesichts einer immer früheren psychischen
Loslösung von edukativen Autoritäten (Eltern, Lehrer)
zu Motivationsproblemen und Konfliktpotenzialen. Die bestätigt auch eindrucksvoll
die Hamburger Langzeitstudie LAU, die über Jahre hinweg die gesamte
Schülerschaft erfasst hat: Im Grundlagenfach Deutsch wurde dort nur ein
minimaler Lernfortschritt zwischen der 7. und der 9. Klasse festgestellt, und
zwar gerade an Gymnasien.
Diese strukturellen Faktoren werden in der Debatte
minimal oder gar nicht berücksichtigt; beispielsweise wird der Faktor
»Stundentafel« (Menge der unterrichteten Stunden) zwar pauschal im Bericht der
KMK erwähnt, nicht mehr jedoch bei den »bildungspolitischen Handlungsfeldern«;
außer einigen allgemeinen Aussagen tauchen hier konkret nur die gezielte
Förderung der Lesekompetenz im Grundschulbereich, eine eventuell frühere
Einschulung sowie die Ganztagsangebote auf. Mit Ausnahme der vage formulierten
Einschulungsfrage sind dies jedoch nur Maßnahmen in Richtung Problemgruppen,
während PISA ja gerade offenbarte, dass es auch einen
Rückstand in der Breite und bei den besseren Schülern im internationalen
Vergleich gibt. Die Fokussierung der PISA-Bilanz auf
die Problemgruppen, hier vor allem die mangelnde Integration von Migrantenkindern, hat die ganze Debatte in eine bedenkliche
Schieflage gebracht bis hin zu einem ansatzweise ausländerfeindlichen Diskurs;
dies erkennend wurde dann wohl gebremst, die Schieflage aber trotzdem nicht wirklich
aufgehoben. Symptomatisch für vieles ist gerade das »Ganztagsangebot«, mit dem
ein konkreter Schritt zur Problemlösung suggeriert wird, während es sich nur um
eine soziale Maßnahme (Nachmittagsbetreuung auf Freiwilligkeitsbasis) in
Richtung Problemgruppen handelt und nicht um eine strukturelle Veränderung der
Unterrichtsorganisation: Im Gegensatz zu fast allen Nachbarländern
konzentrieren wir immer noch unseren gesamten Unterricht auf den Vormittag,
anstatt ihn lockerer auf einen größeren Zeitrahmen in den Nachmittag hinein zu
verteilen. Doch dies würde, wenn es denn ernsthaft betrieben würde, enorme
Investitionskosten in die schulische Infrastruktur erfordern (Mittagessen
usw.).
Freiheit +/-
Pflicht
Die offizielle Diagnose lautet: Schulen und Lehrer machen zu
sehr, was sie wollen, und das schlecht. Unsere Bildungsprobleme sind
tatsächlich das Resultat einer Freiheit mit vielfältigen Facetten: Freiheit der
Schüler, Lehrer, Eltern; Freiheit der Schulen; Kulturhoheit der Länder ... Kritisiert
wird jedoch nur die Freiheit der Lehrer. Diese hat zweifellos zu einer nicht
akzeptablen Bandbreite von Unterschieden in Unterricht, Leistungsanforderungen
und -bewertungen geführt, doch ist dies auch per Gesetz vorgegeben: Unterricht
und Leistungskriterien müssen an die Lerngruppe angepasst werden. Das führt
automatisch dazu, dass je nach Schule, Schultyp, soziokulturellem
Einzugsbereich sowie Eigendynamik der Klassen unterschiedliche Maßstäbe angelegt
werden. Der Diskurs über den Missbrauch der pädagogischen Freiheit – der ja
erst darüber hinaus zu konstatieren wäre – hat diese Rahmenbedingungen ausgeblendet
(auch in den Thesenpapieren der Heinrich-Böll-Stiftung) und in einen billigen
Pauschalvorwurf an die Lehrer umgemünzt. Dagegen stimmt es, dass die
individuelle Freiheit zu Lasten der notwendigen Koordination zwischen den
Lehrern gegangen ist. Ob diese sich durch einen immer engeren Spielraum und in
einem Klima von kollektiver Schuldzuweisung und Bestrafung oder Androhung
derselben (siehe unten) sinnvoll herstellen lässt, darf jedoch bezweifelt werden.
Die Heinrich-Böll-Stiftung hätte ja gerne, dass in Zukunft nicht einfach jeder
Lehrer wird, der gerade die Prüfungen besteht, sondern eine Auslese der Besten
erfolgt – fragt sich nur wie, angesichts einer erneuten Tendenz zum
Lehrermangel. Eine motivierende Alternative für Lehrer und diejenigen, die es
werden wollen, wäre die von der Heinrich-Böll-Stiftung vorgeschlagene reale
Autonomie der Schule, bei der die Schulleitung auf Zeit von der Schulkonferenz
(Vertretung von Lehrern, Schülern, Eltern) gewählt und dadurch Selbstkontrolle
im Rahmen einer Selbstverwaltung ermöglicht würde.
Reform +/-
Illusion
Praktisch alle Reformvorschläge zielen auf eine Ausweitung
der Aufgaben der Lehrer, sei es im klassischen Bereich ihres Fachunterrichts,
sei es in der informations- und medientechnischen Weiterentwicklung und/oder
der Übernahme zusätzlicher Aufgaben, die den Lehrberuf sozialpädagogisch noch
mehr zu einer Allzweckfunktion aufrüsten sollen, um entsprechend qualifiziertes
Personal, wie es in anderen Ländern an Schulen existiert, bei uns nicht auch
noch einstellen zu müssen. Zugleich wird verschiedentlich am Unterrichtsdeputat
weiter nach oben gedreht, eine Ganztagspräsenz an der Schule sowie die
Reduzierung der Ferien für Lehrer auf den Regelurlaub (4 Wochen) und die
Abschaffung des Beamtenstatus angedroht. Die Forderung nach einer
»Arbeitsplatzpräsenz« ist jedoch surreal angesichts eines real nicht existierenden
»Arbeitsplatzes«: Welcher Lehrer verfügt denn über seinen Computer, seinen
Bücherschrank oder auch nur seinen Schreibtisch in der Schule ...?
Die deutsche Schule funktioniert nämlich mit einem
Minimum an Investitionen für die Ausstattung des Unterrichtsortes
und einer damit korrelierenden und gewiss in der Besoldung eingeplanten
Selbstausbeutung der Lehrer (Beschaffung von Arbeitsmitteln auf eigene Kosten,
eigener Heimarbeitsplatz, freiwillige AGs an der Schule etc.). Die geplanten
Reformen beschreiten weiterhin diesen Weg: Die angestrebte Finanzautonomie der
Schule bringt gewiss mehr Freiheit bei enger geschnalltem Gürtel, so wie in
Hamburg die Neuberechnung der Lehrerstundendeputate nach fächerspezifischen
Arbeitszeitprofilen: Hinter dem Argument der Gerechtigkeit steht der Wunsch
nach Stelleneinsparungen, also nach einer Erhöhung der durchschnittlichen Unterrichtsverpflichtung.
Auch bei der Realisierung der Schulzeitverkürzung auf acht Gymnasialjahre bis
zum Abitur stehen Einsparungen an: Nach dem bislang freiwilligen, zukünftig regulären
G8-Modell in Hessen wird stundenmäßig nur die Hälfte
des ausfallenden Jahres aufgefangen; da jedoch derselbe Stoff auch in der
kürzeren Zeit umgesetzt werden soll, bedeutet dies eine höhere Stoffkonzentration
im Unterricht, sprich: noch mehr Probleme.
Der Lehrerberuf ist der einzige in Deutschland, der
keine Arbeitszeitreduzierung auf 38,5 Stunden (wie die anderen Beamten),
sondern in den letzten drei Jahrzehnten nur Erhöhungen von nominell
circa neun Prozent erfahren hat (z.<|>B. am
Gymnasium von 23 auf 25 Unterrichtsstunden); dies entspricht einer
43-Stunden-Woche, wobei noch ein massiver Zuwachs an arbeitszeitintensiven
Verpflichtungen pädagogischer und bürokratischer Art hinzugekommen ist. Jetzt
sollen die Lehrer in Hessen (und andernorts) noch einmal zusätzlich eine Stunde
mehr unterrichten: dies will der Ministerpräsident; die Kultusministerin will
außerdem, dass sich die Lehrer noch mehr für ihren Unterricht »engagieren« ...
Freiheit +/-
Konkurrenz
Erlasse alleine stimulieren wenig, das hat die
(Bildungs-)Politik durchaus erkannt. So soll es das marktwirtschaftliche
Prinzip der Konkurrenz richten: Ein durch Gesetz festgelegter Rahmen von
Bildungsstandards und Vergleichstests soll die ansonsten in mehr Freiheit
entlassenen Schulen zur Leistung antreiben – am Ende steht, ausgesprochen oder
nicht, ein Ranking von Schulen und Lehrern, im Klartext: Mobbing
durch Ranking. Positive und negative Effekte dieses in den letzten Jahren in
England eingeführten Prinzips wurden in der Zeit dargestellt, ebenso wie
übrigens die Affinität dieses Systems zur untergegangenen sozialistischen
Planwirtschaft. Entscheidender ist jedoch, dass dieser Logik ein
realitätsfernes eindimensionales Kausaldenken von Erfolg/Misserfolg zu Grunde
liegt. Ebenso wie verschiedene Lehrer mit verschiedenen Situationen
unterschiedlich zurechtkommen, gibt es auch unterschiedlich schwierige oder
leichte Klassen, und das sogar je nach Fach verschieden.
Das Schulranking zielt auch auf die Schulwahl durch
die Eltern. Für die CDU sollen die individuellen »Schulprofile« den Eltern
Alternativen zur Wahl bieten. Eine freie Schulwahl durch die Eltern würde
jedoch zwangsläufig einen erbitterten Kampf um begehrte Schulen und eine
Selektion der Schüler durch eben diese hervorrufen und damit den
Gettoisierungsprozess geradezu potenzieren, auch wenn die Experten der
Heinrich-Böll-Stiftung dies nicht so sehen. Vor- oder Schreckbilder dessen gibt
es nämlich zu studieren: in Großbritannien oder Frankreich zum Beispiel.
In der Konzeption von Autonomie der Schule treffen
sich zwischen Grün und Schwarz altlibertäre
Autonomie- und Selbstverwaltungsideen der Siebzigerjahre mit der neoliberalen
Marktidee von heute. Die CDU verspricht sich Leistungssteigerung durch
Konkurrenz, der freie Wettbewerb werde zeigen, welche Schule und welches Modell
besser ist (eine Art Dauer-PISA).
Welche pädagogischen Freiheiten inhaltlicher Art sich die
Heinrich-Böll-Stiftung davon verspricht, bleibt unklar, letztlich ist es doch
wie bei der Freiheit des Tour-de-France-Teams im Umgang mit Strategien, Energien
(und Doping-Mitteln). Denn gemessen wird, wer wann (bzw. wie) durchs Ziel geht.
Die Zielvorgabe von 50 Prozent festgelegter Kern-Inhalte als Standards, wie sie
die HBS vorsieht, ist zwar für jeden Lehrer sympathisch, aber wenig
realistisch: Was ist denn ein Pflichtwissen von 50 Prozent in der Mathematik
oder in den Fremdsprachen? Die derzeit in Hessen praktizierte
Zwei-Drittel-Vorgabe ist praktisch in etlichen Fächern gerade mal in 80 bis 90
Prozent der zur Verfügung stehenden Zeit zu realisieren, wenn überhaupt. Eine
50-Prozent-Grenze würde eine konkrete Senkung der überprüfbaren Standards
bedeuten oder nur auf dem Papier stehen; wie etwa in England würden sich die
Schulen wahrscheinlich im Konkurrenzdruck ganz auf die Überprüfungen dieser
Standards konzentrieren und auch ihren Freiraum dafür opfern.
Zum Schluss bleibt noch die Grundsatzfrage zu PISA,
die bislang in der Öffentlichkeit weitgehend ausgeblendet wurde, weil sie ein
scheinbares Paradoxon darstellt: Wie kommt es, dass unter den guten und besten
Ländern einerseits gesamtschulische Musterländer wie Finnland (ohne Noten bis
zur 8. Klasse) und andererseits die ostasiatischen Staaten mit einer
autoritären Bildungskonzeption liegen?
Vielleicht ist das Rätsel ja aber die Lösung! Es gibt
zwei Methoden zur Leistungssicherung: a) die autoritäre alten Stils mit großen
Klassen, drakonischen Strafen, b) die antiautoritäre mit hohem Personaleinsatz
(Lehrer-Schüler-Relation 1:10, Sozialarbeiter etc.). – Nur wir Deutsche meinen
dagegen, wir könnten mit 30 Schülern pro Klasse antiautoritären Unterricht
betreiben.
Quellen und Hinweise:
Kultusministerkonferenz:
Bewertung der bundesinternen Leistungsvergleiche (PISA-E), 25.06.2002.;
Pressemitteilung: Beschluss der KMK zu den IGLU-Ergebnissen
vom 08.04.2003; Statistische Veröffentlichung Nr.161 – Juli 2002: Schule in
Deutschland. Zahlen, Fakten, Analysen (www.kultusministerium.hessen.de)
Arbeitsgruppe
Bildungsforschung/Bildungsplanung der Universität Essen (www.uni-essen.de):
Gertrud Hovestadt: Schule in Deutschland 1999/2000 –
Statistische Grundlagen für einen Ländervergleich, Mai 2002
Hessisches
Kultusministerium: Pressemeldung vom 22.7.2003: »Im europäischen Wettbewerb
zählen Unterrichtsqualität und klare Leistungsstandards ...« (www.kmk.org)
Freie
und Hansestadt Hamburg/Behörde für Bildung und Sport: Aspekte der Lernausgangslage
und der Lernentwicklung – Klassenstufe 9 –, Kurzfassung der Ergebnisse des wissenschaftlichen
Berichts LAU 9, Nachdruck Januar 2002 (www.hamburger-bildungsserver.de)
Heinrich-Böll-Stiftung:
»Chancengleichheit oder Umgang mit Gleichheit und Differenz. 2. Empfehlung der
HBS«, in: Kommune Nr. 2/02; Autonomie von Schule in der Wissensgesellschaft.
3. Empfehlung der Bildungskommission, Juni 2002; Professionalität und Ethos.
Plädoyer für eine grundlegende Reform des Lehrerberufs. 4. Empfehlung der
Bildungskommission, Februar 2003 (www.boell.de)
Spiegel-Online, div. Veröffentlichungen zu PISA
und die Folgen (www.spiegel-online.de)
Nadja
Bossmann: »Zeugnisse für die Schulen. Ranglisten sollen Großbritanniens Eltern
helfen, das beste Schulangebot zu finden«, in: Die Zeit, Nr. 28/00, S.32
John
F. Jungclaussen: »Testen, testen, testen. Mit Bildungsstandards
und Schulvergleichen wird Englands Nachwuchs auf Leistung getrimmt. Ein Vorbild
für Deutschland?«, in: Die Zeit, Nr. 32/03, S. 61
Martin
Spiewak: »Die neue Zeitrechnung. Nicht alle Lehrer
arbeiten gleich viel: Deutsch erfordert mehr Aufwand als Sport. Ein neues Arbeitszeitmodell
soll die Schieflage ausgleichen«, in: Die Zeit, Nr. 6/2003 (www.zeit.de)
© Kommune. Forum für Politik, Ökonomie, Kultur – Ausgabe Oktober/November 2003 / 5/03.