Uschi Eid
Beim Wasser zählt die Qualität
Ob private
oder öffentliche Hand: Optimierung der Wasserversorgung jenseits ideologischer
Muster
Das »Uno-Jahr des Wassers« neigt sich dem Ende. Noch 2002 krönte der
deutsche Journalistenverband »Netzwerk Recherche« das Thema Wasserversorgung
zum »am meisten von der Öffentlichkeit missachteten Thema«. Ende 2003 stellt
sich die Situation ganz anders dar. In jüngster Zeit ist eine ebenso intensive
wie kontroverse Debatte entstanden zur Frage, wie die Anzahl der Menschen, die
über keinen Zugang zu sauberem Wasser und über keinen Anschluss zu
Abwasserentsorgung verfügen, bis zum Jahr 2015 halbiert werden kann.(1) Am Ende
des Wasser-Jahres ist offenkundig: Kaum ein Einzelproblem ist für die Länder
des Südens so wichtig wie die Wasserversorgung.(2)
Verbesserung der Trinkwasserversorgung und
Abwasserentsorgung
Worum geht es? Um die
im Jahr 2000 auf der UNO-Sondergeneralversammlung vereinbarten und auf der
UNO-Konferenz zur Nachhaltigen Entwicklung im Jahr 2002 in Johannesburg
bekräftigten Ziele zu erreichen, müssten täglich 300000 Menschen an eine saubere und
langfristig funktionierende Trinkwasserversorgung und etwa 400000 an
eine sanitäre Basisversorgung angeschlossen werden. In finanzieller Hinsicht
heißt das, dass weltweit im gesamten Wassersektor – je nach zu Grunde liegender
Berechnung und Technologie – jährlich zwischen 35 Milliarden (Water Aid) und 180 Milliarden US-Dollar (World Water
Council)(3) zur Verfügung gestellt werden müssten. Weder verfügt die
öffentliche Hand in vielen Ländern in Asien, Afrika und Lateinamerika über die
notwendigen Investitionssummen noch kann der fehlende Betrag über
Transferleistungen im Rahmen der Entwicklungshilfe aufgebracht werden. Aus
diesem Grund wird zunehmend versucht, die Finanzierungslücke über die
Beteiligung des Privatsektors zu schließen. Und genau an dieser Frage entzündet
sich die Debatte. Die beiden Pole bilden auf der einen Seite die organisierten
Globalisierungsgegner und –kritiker(4), die prinzipiell gegen jede Form der
Kommerzialisierung des Wassersektors kämpfen (»Wasser ist keine Ware«); auf der
anderen Seite befinden sich die Vertreter der Öffnung aller Branchen und Märkte
(»Wassermärkte weltweit liberalisieren«).
Wasser und GATS
Neue Nahrung erhielt
die gesamte Debatte durch den Streit um die Liberalisierung von
Dienstleistungen im Rahmen der GATS-Verhandlungen.(5) Der Vorwurf der Globalisierungskritiker
richtet sich vor allem gegen die EU. Sie unterstellen der EU, dass sie im
Rahmen der GATS-Verhandlungen Druck auf die Entwicklungsländer ausübe, ihren
Wassersektor zu öffnen und zu Gunsten europäischer privater Wasserversorgungsunternehmen
zur Privatisierung freizugeben. Geht man diesem Vorwurf nach, so stellt sich
heraus, dass er in dieser Form nicht haltbar ist. Denn einmal enthält GATS kein
allgemeines Liberalisierungsgebot, das alle WTO-Mitgliedsstaaten zur Liberalisierung
verpflichtet. Die Pflicht zur Zulassung ausländischer Dienstleistungsanbieter
im Wassersektor besteht nur dann, wenn hierfür von Seiten eines Staates
ausdrücklich eine Liberalisierungsverpflichtung eingegangen wurde. Zudem können
die WTO-Mitgliedsstaaten im Rahmen der von ihnen eingegangenen Liberalisierungsverpflichtungen
den Umfang, in dem sie ausländischen Wasserversorgungsunternehmen den Marktzugang
eröffnen, einschränken und mit klaren Auflagen versehen. Jedes WTO-Mitglied
entscheidet selbst, ob es Dienstleistungen im Wassersektor für den
internationalen Wettbewerb öffnet und unter welchen Bedingungen dies geschehen
soll. Staatliche Vorschriften, die etwa den Schutz der Konsumenten, die
Qualität der Wasserversorgung oder auch Umweltbelange betreffen, können trotz
freiwilliger Verpflichtung zur Liberalisierung aufrechterhalten werden.
Tatsache ist, dass die EU 72 Staaten aufgefordert hat, ihre Wassermärkte
zu öffnen. Die 35 Liberalisierungsangebote, die bislang von Entwicklungsländern
gemacht worden sind, beinhalten kein Angebot im Wasserbereich. Die aufgeheizte
Debatte um die Liberalisierung des Wassersektors in Entwicklungsländern, wie
sie bei uns derzeit geführt wird, entspricht somit nicht der bisherigen
Verhandlungsrealität. Auch die Tatsache, dass sich ausländische Konzerne immer
weniger in Entwicklungsländern engagieren – so werden weltweit nur fünf Prozent
der Wasserversorgung durch Investitionen privater Wasserunternehmen getragen –
konnte nicht dazu beitragen, die Debatte in pragmatischere Bahnen zu lenken und
zu entideologisieren.
Wasserversorgung in privaten Händen – jenseits von
Cochabamba
Der heftige Streit um die
Beteiligung des Privatsektors hat sich ausgeweitet. Ein Beispiel, das von den
Kritikern immer und immer wieder genannt wird, ist Cochabamba. Der
»Wasseraufstand« in der bolivianischen Stadt, deren Einwohner das transnationale
Unternehmen Aguas del Tunari im April 2000 nach dessen Preiserhöhungen quasi vertrieben,
ist zum Symbol für die angeblich verheerenden Schäden geworden, die
Privatunternehmen in der Wasserversorgung in Entwicklungsländern anrichten.
Tatsächlich ist Cochabamba ein Beispiel für einen gescheiterten Privatisierungsversuch
im Wassersektor. Bei genauerem Hinsehen allerdings können die Gründe des
Scheiterns ziemlich klar identifiziert und somit entmystifiziert werden. Es
wurde am Verbraucher vorbeigeplant, es mangelte an Transparenz, Flexibilität
und dem Willen zur Kommunikation mit dem Endverbraucher. Konkrete Beispiele
sind: Die nötigen Gebührenerhöhungen wurden ohne Konsultation der Bevölkerung
beschlossen; sie wurden bereits erhoben, noch bevor eine spürbare Verbesserung
der Dienstleistungen oder ein Ausbau des Versorgungsnetzes erfolgt war. Statt
die Gebührenerhöhungen zumindest mittelfristig vollständig für die Verbesserung
der Wasserversorgung zu reinvestieren, waren sie auch für ein teures
Bewässerungs- und Wasserkraftprojekt vorgesehen. Hinzu kam, dass informelle
Wasserverkäufer durch die Aktivitäten von Tunari und durch ein Verbot der
Nutzung von Grundwasser aus privaten Brunnen ihre Existenz gefährdet sahen. Sie
nutzten die Proteste ebenso wie die Kokabauern und die politische Opposition
und schlossen sich mit ihren Partikularinteressen dem Aufstand an.
Ein Gegenbeispiel liegt nur ein paar Hundert Kilometer von
Cochabamba entfernt, nämlich in Boliviens Hauptstadt La Paz.(6) Dort versuchte
die bolivianische Regierung in dem Vorort von La Paz, El Alto, die
Wasserversorgung der in den Neunzigerjahren von 350000 auf fast 1 Million Menschen
angewachsenen Armensiedlung durch den öffentlichen Versorger Sampana zu
verbessern. Dies scheiterte daran, dass zwar die Quote der Haushalte, die sich
einen Trinkwasseranschluss leisten konnten, auf 85 Prozent anstieg, aber gerade
die ärmste Bevölkerung nicht einbezogen wurde.
Die Bedingungen und Folgen des Scheiterns sollen hier
ausführlicher dargestellt werden, da sie exemplarisch für Entwicklungsländer
sind. Das Scheitern des öffentlichen Wasserversorgers hat zwei Hauptgründe:
Erstens politische Verstrickungen, der Aufsichtsrat ist vorwiegend mit
Politikern besetzt. Zweitens fehlt es dem meist defizitären Unternehmen sowohl
an Kapital, um in die Versorgung der ärmeren städtischen Randgebiete zu
investieren, als auch an Leistungsanreizen, dies zu tun. Die Folge ist: Die
armen Bewohner ohne Anschlüsse müssen ihr Wasser weiterhin bei den so genannten
fliegenden Wasserhändlern kaufen, die vielfach das Zehnfache des Preises für Leitungswasser
verlangen. Die ungenügende Wasserentsorgung hatte in der Umgebung von El Alto
entsprechend schlimme Folgen für den Rio Secco und damit den Titicacasee. 1997
entschloss sich die Weltbank zu einem Schritt, den sie ihren Kritikern zufolge
niemals hätte machen sollen: Sie knüpfte die Verlängerung eines Kredites an die
Übergabe der Wasserversorgung in private Hände. Den Zuschlag für die 30-jährige
Konzession erhielt das Konsortium AISA, an dem die französische Suez die
Mehrheit hält.
Durch Investitionen von insgesamt 53 Millionen US-Dollar
stieg im Großraum La Paz die Zahl der Wasseranschlüsse in den letzten fünf
Jahren auf 225000,
ein Plus von 45 Prozent. Ein Großteil der Anschlüsse (45000) wurde im ärmlichen El Alto verlegt.
Der Anteil der an Abwasserkanäle angeschlossenen Haushalte in El Alto stieg von
30 auf 54 Prozent. In La Paz selbst wird mittlerweile das Abwasser von rund 90
Prozent der Haushalte entsorgt, und auch im direkten Vergleich mit dem
Staatsunternehmen hat AISA die Nase vorn: In seinen ersten drei Jahren legte
das Privatunternehmen bereits 60 Prozent mehr neue Trinkwasser- und 180 Prozent
mehr Abwasseranschlüsse als der öffentliche Versorger in den letzten drei
Jahren. Und die Tarife des einzigen privaten Betreibers Boliviens gehören heute
landesweit zu den niedrigsten und sind sozial gestaffelt.
In La Paz zeigt sich, was mittlerweile in zahlreichen Fällen
privater Wasserversorgung gilt: Ob sie Erfolg haben, hängt vor allem davon ab,
ob von Beginn an kompetente Regulierer am Werk sind und eine Trennung von
Politik, Regulierer und Betreiber gelingt. Während sich in manch anderen
Ländern die Ausschreibungen häufig nur auf den niedrigstmöglichen Wasserpreis
bezogen, drehten die Regulierer von La Paz
von Beginn an den Spieß um. Sie konzentrierten den Wettbewerb auf eine armutsorientierte
Frage: Wer bietet die größten Investitionen in neue Anschlüsse? Zugleich legten
sie die Preise für fünf Jahre fest und schlossen damit das Problem aus, dass
ein Investor – wie in Cochabamba – zuerst die Preise erhöht und erst später das
Angebot verbessern will.
Dass die Verbesserung der Wasserversorgung durch die
Beteiligung von Privatunternehmen durchaus gelingen kann, zeigt sich nicht nur
in La Paz: Mittlerweile gibt es eine Fülle von erfolgreichen Ansätzen für eine
armutsorientierte Regulierung privater Wasserversorger, etwa in Städten Gabuns,
Südafrikas, der Elfenbeinküste, Chiles oder auch Kolumbiens. Im kolumbianischen
Cartagena (7) konnte der private Investor Aguas de Barcelona seit den Neunzigerjahren
große Effizienzgewinne erzielen und so den Zustand beenden, dass nur acht
Prozent der Bevölkerung 24 Stunden am Tag
Zugang zu Trinkwasser haben und 60 Prozent des Wassers verloren gehen
oder nicht bezahlt werden. In der Versorgung der ärmsten Viertel gibt es noch
Handlungsbedarf, dennoch ist durch die Investitionen des spanischen Konzerns
das Netz bis heute um 50 Prozent ausgebaut worden, neun von zehn Haushalten
besitzen Wasseranschlüsse, die Verluste sind auf gut 40 Prozent gesunken und
der spanische Privatversorger macht im Gegensatz zu seinem stadteigenen, durch
Interessenskollisionen blockierten Vorgänger noch Gewinn. Für Lateinamerika
insgesamt kommt die Weltbank zu folgenden Resultaten: Wo der Privatsektor sich
beteiligte, verbesserte sich der Zugang zu Trinkwasser und Abwasserentsorgung
zwischen 5 und 30 Prozent, und die Kindersterblichkeit nahm in der Folge um 5
bis 9 Prozent ab.
Ansätze deutscher Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor
Die ausführliche
Beschreibung obiger Beispiele soll keinesfalls bedeuten, dass ich grundsätzlich
der Privatisierung das Wort reden möchte. Es ging mir darum, dass es – entgegen
der vorherrschenden Meinung im öffentlichen Antiglobalisierungs-, Antiprivatisierungs-
und Antiliberalisierungsdiskurs – erfolgreiche Beispiele privater Wasserversorgung
gibt.
Um Wasserversorgung und Entsorgung für Menschen in der
Dritten Welt zugänglich zu machen, um Effizienz und Nachhaltigkeit im
Wassersektor zu fördern, Partnerländer in ihrer Wasserpolitik zu beraten und
ihre Institutionen zu fördern, hat die Bundesregierung die Kooperation im
Wassersektor zur höchsten Priorität erklärt und stellt pro Jahr hierfür rund
350 Millionen Euro zur Verfügung.(8) In diesem Rahmen fördert das BMZ auch die
Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Aus den hierbei gemachten, sehr
unterschiedlichen Erfahrungen wurden entsprechende Konsequenzen gezogen. Damit
die Beteiligung privater Unternehmen im Wassersektor im entwicklungspolitischen
Sinne wirksam ist, müssen die Partnerländer folgende Rahmenbedingungen
aufweisen oder schaffen: Politische, regulatorische und operative Funktionen
müssen getrennt sein; Wettbewerb und kommerzielle Leistungskriterien müssen
eingeführt werden und die sektoralen Rahmenbedingungen wie etwa eine klar
formulierte Wasserpolitik, gesetzliche Vorgaben, Tarifsysteme und Kontroll-
beziehungsweise Sanktionsmechanismen müssen hinreichend entwickelt sein.
Allerdings zeigt die praktische Erfahrung, dass diese genannten
Rahmenbedingungen nicht nur im Zusammenhang mit einer Privatisierung entscheidend
sind, sie sind es ebenso für ein langfristig wirksames und effizientes
Wirtschaften von öffentlichen Versorgungsunternehmen. Ob die Wasserversorgung
letztlich privat – sei es durch ausländische oder inländische Unternehmen –,
kommunal oder genossenschaftlich organisiert und langfristig sichergestellt
wird, darf keine Glaubensfrage sein, sondern sollte im jeweiligen lokalen oder
regionalen Kontext entschieden werden. International stellt sich uns die
Aufgabe, einen Dialog zwischen Politik, Experten und Interessenvertretern zu
organisieren, um diesen Prozess zu begleiten. Dabei gilt es, die Erfahrungen
aus negativen und positiven Beispielen auszuwerten und zum Beispiel im Sinne
eines möglichen Kriterienkatalogs politische Konsequenzen aus der Praxis zu
ziehen. Wir haben mit einem ähnlichen Vorgehen in der umstrittenen Frage von
Großstaudämmen international einen pragmatischen und sehr erfolgreichen Weg
beschritten. Dies sollte bei allen Gegensätzen auch in der Frage der
Beteiligung der Privatwirtschaft an der Wasserversorgung möglich sein. Ich sehe
keinen Grund, der dagegen spricht.
1
Zu diesem und den weiteren
Millennium Development Goals siehe www.un.org/english/engtxt.htm.
2
Siehe The United Nations: Water for People, Water for Life: The
United Nations World Water Development Report. New York 2003. Siehe auch
www.unesco.org/bpi/wwdr/World_Water_Report_exum_ger.pdf.
3
Siehe www .wateraid.orgul;
www.worldwatercouncil.org.
4
Siehe u.<|>a. Social
Watch Deutschland: Report 2003 – Die Armen und der Markt, Heidelberg
2003; Maude Barlow, Tony Clarke: Blaues Gold – Das globale Geschäft mit dem
Wasser, München 2003.
5
Informationen zum Stand der
GATS-Verhandlungen finden sich auf den Webseiten des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit (www.bmwi.de) und der Welthandelsorganisation
www.wto.org/english/trato_e/serv_e/gatsfacts1004_e.pdf.
6
Siehe u.<|>a. Kristin Komives: Designing Pro-Poor Water and
Sewer Concessions: Early Lessons from Bolivia. Policy Research Working
Papers, The World Bank Group 1999; Operations Evaluation Department: Bolivia
Water Management: A Tale of Three Cities. The World Bank Group, Nummer 222,
Spring 2002; Kreditanstalt für Wiederaufbau: Abwasserentsorgung in El Alto –
Schlussprüfungsbericht und BMZ-Einzelevaluierung 2002 (unveröffentlicht);
Richard Franceys: Why should governments serve the poor?, Id21 Research
Highlight, 2001-June-12, The Institute of Development Studies, University of
Sussex, Brighton (UK) 2001.
7
Zu Fortschritten wie auch
Problemen in Cartagena siehe z.B.: Andrew Nickson: Establishing and
Implementing a Joint Venture. Water
and Sanitation Services in Cartagena, Columbia. Working Paper, London (GHK International) 2001.
8
Siehe BMZ Materialien Nr.
114: Wasser-Antworten auf die globale Krise, Bonn 2001; BMZ Materialien
Nr. 099: Wasser – Konflikte lösen, Zukunft gestalten, Bonn 1999; BMZ
Arbeitspapier Nr. 8: GATS and the Liberalisation of Water Supply Services,
Bonn/Eschborn, Februar 2003.
((Kasten:))
Wasser: ein öffentliches Gut
– aber auch ein knappes Wirtschaftsgut
Auf der Bonner Süßwasserkonferenz im Dezember 2001(1)
wurde der Grundsatz bestätigt, dass Wasser prinzipiell ein öffentliches
Gut ist und als solches im Besitz der Öffentlichkeit verbleiben muss – auch
dann, wenn die dazugehörigen Dienstleistungen privatisiert werden. Das heißt
aber nicht, dass Wasser bei der Nutzung als Trinkwasser oder für sonstige
Zwecke kostenlos zu haben sei oder notwendigerweise – wenn es für Konsumzwecke
abgegeben wird – ein öffentliches Gut bleibt.
Hinzu kommt, dass Süßwasser in
einigen Regionen dieser Welt immer knapper wird: Erstens wächst die
Bevölkerung. Zusammen mit Wirtschaftswachstum und sozialer Entwicklung führt
das zu einem Anstieg der Nachfrage nach Wasser, sowohl für direkte menschliche
Nutzung als auch für die Landwirtschaft und Industrie. Zweitens sinkt der
Vorrat an brauchbarem Wasser. Auf Grund der Verschmutzung durch Haus- und
Industrieabwässer sowie durch unsachgemäßen und übermäßigen Einsatz von
Düngemittel und Agrarchemikalien nimmt die Wasserqualität ab. Drittens wird Wasser
vergeudet. Sowohl in der Landwirtschaft als auch bei der städtischen Versorgung
ist die Effizienz sehr gering. Oft sind die Preise zu niedrig, Wasserrechnungen
werden nicht ausgestellt oder Außenstände nicht eingetrieben, Leitungsnetze sind
marode und die Kosten schlecht funktionierender und schlecht geführter
Wasserversorgungsbetriebe sind viel zu hoch.
Damit die knappe Ressource Wasser
allen Menschen zugänglich gemacht werden kann, muss sie wie ein knappes
Wirtschaftsgut behandelt werden – auch das wurde im internationalen Konsens in
Bonn beschlossen. Und dieses Prinzip hat sowohl für öffentliche als auch für
private Wasserversorger zu gelten. Dies setzt voraus, dass Wasser, also die
Bereitstellung von Wasser, einen Preis hat. Die oft geäußerte Sorge, dass man
damit die Ärmsten trifft, da sich diese den Kauf von Wasser nicht leisten könnten,
ist ernst zu nehmen. Eine der Empfehlungen der Bonner Süßwasserkonferenz lautet
deshalb, dass zwar Kostendeckung über Nutzergebühren erreicht werden soll,
gestaffelte Tarife aber sicherstellen müssen, dass auch die Ärmsten sich Wasser
leisten können. Diese Grundvoraussetzung muss für private Anbieter genauso wie
für öffentliche gelten.
1
Die Handlungsempfehlungen
des Abschlussdokuments und weitere Konferenzdokumente sind abrufbar unter:
www.water2001.de.