1848, 1998 und das Dilemma des europäischen Nationalstaats

Hartwig Berger

Die Republik! die Republik! Donnerts der Welt in die Ohren! Der Deckel gesprungen, gebrochen die Gruft! Unermeßlicher Jubel durchschmettert die Luft! Europa ist wiedergeboren!
(Deutsche Volkszeitung, 1848)

Die Revolutionen des Jahres 1848 waren eine europäische Bewegung. Den Anfang machte Palermo am 12. Januar, termingerecht zum Geburtstag des in Neapel regierenden Königs. Zwei Wochen nach Ausbruch des sizilianischen Aufstands mußten die Truppen des Bourbonen Ferdinand abziehen. Sizilien sagte sich von Neapel los und setzte die liberale Verfassung von 1812 wieder in Geltung. Im allgemeinen Volksaufstand hatte selbst die Garde der Mafia mitgekämpft.

Ende Januar springt der Funke der Rebellion auf Neapel und verschiedene mittelitalienische Städte über. Zum europäischen Ereignis wird die Revolution jedoch über Paris. Eine breite Volksbewegung vertreibt nach drei Tagen Barrikadenkampf, am 24. Februar abends, den "Bürgerkönig" Louis Philippe und ruft die Republik aus. In seinem berühmten "Manifest an Europa" vom 5. März erklärt der Präsident der neuen Republik, der Schriftsteller und Historiker Lamartine, daß sein Land die Verträge der europäischen Restauration von 1815 aufkündigt, dennoch auf Krieg zur Veränderung der gezogenen Grenzen und Staatsgebilde verzichtet. Allerdings: "Frankreich erklärt sich zum Bündnispartner in Geist und Herz mit allen Nationen, die nach denselben Prinzipien (der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit) leben wollen."

Nach Paris verdichtet sich die Kettenreaktion: Am 27. Februar finden Volksversammlungen in Mannheim und Offenburg statt, am 9. März erzwingen die badischen Demokraten ein Nachgeben des Großherzogs in Karlsruhe. Am 4. März erhebt sich München, am 13. März zwingt das Volk in Wien, am 15. in Budapest das Metternich-Regime in die Knie. Am 18. März erhebt sich Mailand und vertreibt in fünftägigen Straßenschlachten die österreichische Armee aus der Stadt, am 22. wird in Venedig die Republik ausgerufen. Auch am 18. März weicht der preußische König vor den Forderungen des Berliner Volks zurück, kommt es zu den neben Mailand blutigsten Barrikadenkämpfen dieses Frühjahrs 1848. Der revolutionäre Aufbruch in vielen Städten wird von ungezählten Erhebungen auch der ländlichen Bevölkerung gegen Feudalherrschaft und Abgabelasten ergänzt.

Das nicht nur im Rückblick Faszinierende sind Gleichzeitigkeit und zumeist schnelle Erfolge dieser Bewegungen. "Verschont" von ihnen bleiben nur Skandinavien und Großbritannien, in denen das Bürgertum institutionell integriert und die Arbeiterbewegung, nach der gescheiterten Chartisten-Bewegung, überwiegend syndikalistisch orientiert ist. In Spanien und Portugal war die liberale Bewegung in den 20er Jahren gescheitert. Im russischen wie im osmanischen Reich bleibt der Apparat repressiver Einschüchterung intakt, obwohl die Armee des Zaren gegen Volkserhebungen in der osmanisch beherrschten Walachei "intervenieren" muß.

Faszinierend an 1848 ist auch die Gleichgerichtetheit der Ziele. Presse- und Versammlungsfreiheit, von Monarchie und Adel unabhängige Gerichtsbarkeit, Volksbewaffnung, Parlamente mit verbreiterten Wahlrechten und natürlich eine Verfassung werden überall gefordert. Bauern, Handwerker und städtisches Proletariat erheben sozialpolitische, teilweise sozialrevolutionäre Forderungen. Die Auflösung feudaler Abhängigkeiten auf dem Land wird überall verlangt. Die Abschaffung monarchischer Regierungsgewalt betreiben hingegen nur die Pariser Revolutionäre, anfänglich Venedig und im Deutschen Bund vor allem die Badischen Demokraten. Schließlich setzt sich fast überall das Verlangen nach "nationaler Selbstbestimmung" durch.

Die europäische Revolution zwang die zumeist absolutistisch regierten Fürstenstaaten überraschend leicht in die Knie. Vor dem Ansturm der Volksaufstände brach das autoritäre Europa wie ein Kartenhaus zusammen. Die unrühmliche Entlassung Metternichs, Träger und Symbol dieses Systems während dreieinhalb Jahrzehnten, ist Beispiel dafür. Und dennoch: Wenig mehr als ein Jahr später sind die 48er Revolutionen zur Gänze gescheitert, haben in allen betroffenen Ländern die alten Mächte das Heft wieder in der Hand. Die Bewunderung der Konsequenz und der Erfolge der 48er müssen wir um die resignierende Feststellung ihres Scheiterns ergänzen.

Warum sind diese erfolgreichen Revolutionen durchweg gescheitert? 150 Jahre danach, in einem Jahr, das für Gelingen oder Scheitern der europäischen Einigung entscheidend sein wird, sollten wir dieser Frage nachgehen, indem wir "1848" im Lichte seiner europäischen Bedeutung analysieren.

Verschiedene Gründe für die Niederlage der europäischen Revolution(en) nennen die Historiker: die inneren Gegensätze der Bewegung zwischen eher rechten Liberalen, Demokraten und Sozialisten, die Interessenunterschiede zwischen bürgerlichen und arbeitenden Klassen und die ungeklärt bleibende soziale Frage. Das Übersehen spezifischer Problemlagen der Bauern, der Bevölkerungsmehrheit jener Zeit, unter denen deshalb die alten Mächte zum Teil Hinterland und Rückhalt finden konnten. Die Tatsache, daß die Militärmaschine der Fürstenstaaten im Kern intakt blieb, vor allem aber: die Konflikte, Widersprüche und Desolidarisierungen, die mit der beabsichtigten Herstellung von Nationalstaaten aufbrachen.

Glanz und Elend des Völkerfrühlings

"Völkerfrühling" nannten nicht nur ZeitgenossInnen die europäische Märzbewegung. Sie meinten damit den Aufbruch zu Demokratie und Selbstbestimmung - und unterwarfen sich damit zugleich dem Gehäuse der Nationalität. "Volk" war nicht nur der "plebs", die bisher von politischen Gestaltungsrechten ausgeschlossenen Klassen, im Gegensatz zur alten "natio" des Adels. Volk meint 1848 auch "Nation" in einem durchaus neuen Sinn, nämlich der Herstellung eines Staates, dessen Bevölkerung durch gemeinsame Sprache und kulturelle Traditionen zusammengeschlossen sein soll. "Staat" ist demzufolge nicht mehr der territoriale Machtanspruch fürstlicher Herrschaft, er ist die Herrschaftsgewalt über ein Gebiet, dem eine ethnisch definierte Bevölkerung zugeordnet wird.

Daß eine auf diesem Staatsbegriff basierte nationale Selbstbestimmung an der sozialen Wirklichkeit des alten - wie auch des gegenwärtigen - Europa weit vorbeigeht, liegt auf der Hand. So begriffene Nationalstaaten existierten weder im Europa von 1848, noch existieren sie in Europa 1998. Selbst Frankreich war von der Bretagne bis zum Elsaß, vom teils flämisch besiedelten Nordosten bis zu den Regionen des Provenzalischen, des Okzitanischen, des Katalanischen und des Baskischen, durch hohe sprachliche und kulturelle Vielfalt geprägt. Im Deutschen Bund lebte polnische wie dänische, tschechische wie kaschubische, niederländische wie italienische Dialekte sprechende Bevölkerung. Zudem standen - etwa - "deutsche" Pfälzer und "französische" Lothringer kulturell einander zweifellos näher als Pfälzer Wein- und niederdeutsche Geestbauern. Und während sich die erstgenannten Gruppen weitgehend unkompliziert verständigen konnten, war das zwischen den Bauern des Wasgau und denen der Waterkant schier unmöglich. Volkskultur und Sprachen waren landschaftlich, nicht national geprägt.

Zur Aufbruchstimmung des Völkerfrühlings gibt es ein eindrucksvolles Gemälde des französischen Malers Fréderic Sorrieu, das auch die Berlin-Pariser Ausstellung "Marianne und Germania" zeigte. Unter dem Banner der jeweiligen Trikolore ziehen Delegationen aus allen europäischen Nationen in einer langen Kolonne um die Statue der Freiheit. Diese ist von den Trümmern monarchischer Insignien umgeben. Voran gehen die Vereinigten Staaten von Amerika, es folgen der Schweizer Bund, Frankreich, Deutschland, Sizilien und weitere Gruppen unter nationalen Trikoloren. Unter dem Himmel der christlichen Brüderlichkeit laufen alle in die "universelle, demokratische und soziale Republik".

Dieses Bild zeichnet treffend Ziele und Hoffnungen des republikanischen Flügels der 48er Revolution, und zwar länderübergreifend. Die Idee der "Vereinigten Staaten von Europa" stammt aus dieser Zeit, sie formulierte eine Perspektive, in der die zerstörerischen Widersprüche des Nationalstaatsprinzips überwindbar schienen. Für die Radikalen der 48er Revolution war die im "Völkerfrühling" mitschwingende Solidarität durchaus ernst gemeint. Unter dem Jubel der Berliner Revolutionäre wurden die Gefangenen des polnischen Aufstandes 1846 am 20. März in Moabit freigelassen. Der demokratische Club unterstützte das Verlangen der polnischen Bewegung auf nationale Selbständigkeit. Und die Sprecher der Linken, Robert Blum und Arnold Ruge, plädierten noch in der berühmten Polendebatte der Frankfurter Nationalversammlung, Juli 1848, klar für ein unabhängiges Polen und für die volle Gleichberechtigung der nationalen Minderheiten innerhalb der deutschen Staatsgrenzen.

Die internationalistische Linke blieb aber in den Parlamenten und Clubs von 1848 in der Minderheit. Der Ausgang der Frankfurter Polen-Debatte, nach der mit 342 zu 31 Stimmen die Eingliederung Westposens in einen deutschen Nationalstaat beschlossen wurde, spricht für sich. Das Recht der Polen auf Selbstbestimmung blieb im revolutionären Deutschland wesentlich nur Lippenbekenntnis.

Im Recht auf Selbstbestimmung der eigenen Nation nahmen dagegen die deutschen Liberalen und Demokraten eine genau gegenteilige Haltung ein. Im wichtigen Schleswig-Holstein-Konflikt machten sie auch die historische Zusammengehörigkeit der beiden Regionen geltend und übergingen völlig, daß die Bevölkerung von Schleswig überwiegend Dänisch sprach. Im Sinne der Teilung Posens wäre es hier konsequent gewesen, die Vereinnahmung Schleswigs durch Dänemark oder zumindest eine Teilung der Region nach der sprachlichen Mehrheitsverteilung zu fordern. Doch selbst die sozialrevolutionäre Linke, wie Karl Marx, war in dieser Frage nicht bereit, den Anspruch auf nationale Zugehörigkeit Schleswigs einem kritischen Nationalitätentest auszusetzen. Sie hätte für die Einheit von Schleswig-Holstein sogar einen europäischen Krieg mit England und Rußland riskiert.

Wie die Revolution an der Nationalstaatsbildung scheiterte, wird besonders deutlich in Ungarn. - Ein Zentrum der nationalstaatlichen Bestrebungen waren Preßburg, Buda und vor allem Pest, sie wurden hier getragen von einer gebildeten Mittelklasse, die Ungarisch sprach oder Ungarisch als Hochsprache gelernt hatte. Die Märzrevolution schuf ein Ungarn, das nationale Autonomie in der jetzt konstitutionell verankerten Donaumonarchie erhalten sollte, dessen Bevölkerung aber nur zu gut 50 Prozent "ungarische" Dialekte sprach. Knapp die Hälfte der Bewohner Ungarns hatten dagegen kroatische, slowakische, serbische, rumänische, deutsche, jiddische oder Roma-Mundarten als Muttersprache.

Trotz der enormen sprachlichen wie kulturellen Vielfalt forderte die Märzbewegung in Ungarn nationale Selbstbestimmung, ohne die nichtmagyarischen Einwohner des Landes auch nur zu erwähnen.

Die Nationalitätenkonflikte, die das autonom gewordene Ungarn kurz darauf erschütterten, wurden durch die selbstbezogene Ignoranz der städtischen Mittelklasse und des niederen Adels regelrecht erzeugt. Sie markierten den Beginn der Niederlage des revolutionären Ungarn. Noch im März formierte sich eine kroatische Nationalbewegung in Zagreb, die all das für sich forderte, worüber die Ungarn damals mit Wien für "ihr" Land verhandelten. Diese Bewegung stützte sich im übrigen auf ein Sprachkonstrukt "des" Kroatischen, das von einem Dialekt der eher Serbisch sprechenden Grenzbevölkerung abgeleitet war. Sie fesselte den ungarischen Staat in einen kriegerischen Dauerkonflikt, nachdem die Habsburg-Monarchie den kroatischen Offizier Jelacic zum Statthalter der Region eingesetzt hatte. Es gelang der Kroatisch sprechenden Mittelklasse, große Teile der ländlichen Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen, da sich deren Gegensatz zum Ungarisch sprechenden Landadel national umdefinieren ließ.

In Transsylvanien führte die Berufung auf das Nationalstaatsprinzip zu politischen Absurditäten mit blutigen Folgen. Die Region war überwiegend von Rumänen, Ungarn und Sachsen besiedelt. Da sie dem Königreich Ungarn zugerechnet war, wurde sie jetzt zum Gebiet der ungarischen Nation umdefiniert. Zugleich hatte das ungarische Parlament eine Landreform beschlossen, die Erbuntertänigkeit, Frondienste und Abgabelasten der Bauern an den Landadel aufhob. Die Reform wurde in Transsylvanien nur schleppend verwirklicht, da sich der Adel querstellte. Die Bauern sprachen Rumänisch und teilweise Sächsisch und konnten daher den Klassengegensatz zum Ungarisch sprechenden Adel national umdefinieren.

Eine zahlenmäßig geringe städtische Intelligenz forderte die Anerkennung der rumänischen Nation innerhalb Ungarns, scheiterte mit diesem Ansinnen aber bei der Regierung in Budapest. Diese wiederum ging in Transsylvanien teilweise gewaltsam und blutig gegen Landbesetzungen von Bauern vor, die sich das Gemeineigentum und anderes vom Adel angeeignetes Land zurückholen wollten. Obwohl die Aktionen der Bauern die Agrarreform fortsetzten, lehnte die Regierung sie ab und deutete sie als prorumänische Umtriebe.

Diese "Gefechtslage" führte zum Bündnis zwischen nationalbewußter städtisch-rumänischer Intelligenz, sozialrevolutionärer Bauernschaft und dem unter österreichischem Oberbefehl stehenden kaiserlichen Heer. Es kam zum Krieg zwischen dem ungarischen Staat und dieser widerspruchsvollen Koalition. Trotz Agrarreform stand die ungarische Revolution gegen die Bauern, trotz liberaler und auf Selbstbestimmung zielender Politik verbündete sich die rumänische Mittelklasse mit der monarchischen Reaktion. Im Ergebnis der blutigen Auseinandersetzung verloren Zehntausende ihr Leben, wurden die autoritären Verhältnisse in Stadt und Land Transsylvaniens wiederhergestellt. Ungarn, Rumänien und die Bauern waren gemeinsam die Verlierer.

So blieb die "Internationale der Nationalbewegungen" (Thomas Nipperdey) 1848 eine Quadratur des Kreises, an der die Gemeinsamkeit der einzelstaatlichen Revolutionen zerbrach. Mit der zerbrechenden Solidarität verspielten die 48er Bewegungen Europas auch ihre Erfolgschancen.

Eine lange Kette deprimierender Beispiele spricht für diese These. Der italienische Befreiungskampf Venetiens und der Lombardei wurde von kaiserlichen Truppen niedergeschlagen, die sich überwiegend aus ungarischen und kroatischen Kontingenten zusammensetzten. Diese waren von ihren Regierungen in der Hoffnung entsandt worden, im Austausch Zugeständnisse in der Frage nationaler Autonomie aushandeln zu können. Die Hoffnung auf Intervention des revolutionären Frankreich zerschlug sich sowohl in Norditalien im Sommer 1848 wie für Badens Revolutionäre im Frühjahr 1848 wie 1849. Einzelstaatliches Machtdenken hatte in der Pariser Regierung inzwischen eindeutig Vorrang gewonnen.

Auch in Deutschland hatte das Interesse an der französischen Republik schnell nachgelassen. Noch im März war diese als "Morgenröte der Befreiungsstunde für alle Völker, der Vorbote eines allgemeinen Sieges", begrüßt worden (so eine Flugschrift). Als hingegen die Pariser Juni-Revolution blutig niedergeschossen wurde, 1.600 Arbeiter ihr Leben ließen, insgesamt 11.000 verhaftet, ins Gefängnis geworfen oder verbannt wurden, hielten sich Interesse und Betroffenheit diesseits des Rheins sehr in Grenzen. Einzig die wenigen Zeitschriften der Arbeiterbewegung hielten hier die grenzübergreifende Solidarität aufrecht. Das Denken der deutschen 48er Bewegung war sonst - wie in anderen Ländern auch - überwiegend auf Probleme des eigenen Landes fixiert, gegenüber Frankreich überwog hingegen das Mißtrauen vor einerseits sozialrevolutionären "Exzessen" und andererseits staatlicher Machtpolitik.

Innerhalb des Deutschen Bundes verschärften die Debatten um eine groß- oder kleindeutsche Lösung latente Nationalkonflikte. Der Zerfall der böhmischen Nation im Deutschen Bund beginnt 1848. Die gewählten tschechischen Vertreter boykottierten die Frankfurter Nationalversammlung, da sich diese die Bildung eines deutschen Nationalstaates zum Ziel gesetzt hatte. Statt dessen beriefen sie einen Slawen-Kongreß nach Prag ein, der für eine panaustrische Lösung, den Erhalt der Donaumonarchie mit Autonomierechten auch für die slawischen Völker, eintrat. Die aufbrechenden nationalen Differenzen haben den Aufstand Prager Demokraten im Juni 1848 entscheidend geschwächt und den Sieg der reaktionären Truppen des Fürsten Windischgrätz mit ermöglicht.

Die Autonomiebestrebungen in Galizien erlebten ein Desaster, weil sie in der Ostprovinz bei einer ruthenischen Bevölkerungsmehrheit nur Widerstand wecken konnten, und weil die Polnisch sprechenden Bauern in Westgalizien keine gemeinsame Sache mit dem polnischen Adel machen wollten. Hier durchkreuzten die Klassenschranken die Idee der gemeinsamen Nation. Diese wurde noch ganz traditionell, als Adelsnation, begriffen. Dagegen zog die ungarische Bewegung durch ihre Agrarreform die nichtmagyarischen Bauern in der Slowakei auf ihre Seite; wenn sie auch - wie dargestellt - mit dem Prinzip nationaler Selbstbestimmung insgesamt ihr Grab schaufelte.

Unter dem Banner des Völkerfrühlings waren die europäischen Revolutionäre zunächst erfolgreich gegen die autoritären Fürstenstaaten angetreten. An den Widersprüchen des Versuchs, einen demokratisierten Verfassungsstaat auf nationaler Grundlage zu errichten, sind sie zumeist untergegangen.

Europa 1998 und der Nationalstaat

Was können wir aus den Revolutionen von 1848, ihren Erfolgen wie ihrem Scheitern, für die Politik in Europa 1998 schließen? Ein vereinigtes Europa würde das Modell der Nation endlich überwinden, mit dem seit über 200 Jahren auf unserem Kontinent staatliche Herrschaft entstanden, demokratisiert - und pervertiert ist. In den Staatsbildungen nicht nur 1848 stand der Wille zur Demokratisierung und Konstitutionalisierung im Vordergrund. Nur wurde deren Verwirklichung an das Substrat jeweils einer Nation gekoppelt, die es in der angenommenen Reinheit und Trennschärfe nicht gab, und die zudem nie deckungsgleich war mit den Territorien der Staaten, die gebildet werden sollten. Bis heute steht die europäische Staatenbildung in Europa unter einem fast wahnhaften Wiederholungszwang, dieses nicht lösbare und Krieg wie Bürgerkrieg begünstigende Dilemma zu wiederholen. Der Zerfall Jugoslawiens und die Entstehung Moldawiens, die Unterdrückung nationaler Minderheiten in der Slowakei oder - im blutigen Krieg - der Türkei, die Zypernfrage, die ungelösten Minderheitenprobleme in den baltischen Staaten, aber auch die nationalen Unabhängigkeitsbewegungen im spanischen Euzkadi, teilweise in Katalonien und in Oberitalien sind aktuelle Beispiele.

Die unheilbringende Verschränkung von Demokratie und Nationalstaatlichkeit zu lösen ist und bleibt eine Zukunftsaufgabe in Europa. Mit diesem Modell hat der Kontinent nur schlechte Erfahrungen gemacht. Wenigen insgesamt vertretbaren Beispielen demokratischer Nationalstaaten - England, Frankreich, die Niederlande, die skandinavischen Länder - stehen Fälle desto krasserer Negativität entgegen. In einem Land, dessen Nationalismus Europa mit den schlimmsten Menschheitsverbrechen heimgesucht hat, muß das nicht weiter erläutert werden.

Der Abschied vom Nationalstaat kündigt sich im gegenwärtigen Europa höchstens an. Bisher hat die Internationalisierung einer auf pure Kapitalvermehrung zielenden Wirtschaft den Nationalstaaten immer mehr die souveräne Handlungsbasis entzogen. In der Ideologie und in den Erwartungshaltungen der Menschen ist das Gespenst der staatlich zusammengehaltenen Nation jedoch weiterhin sehr lebendig. Der Aufschwung neuer Nationalismen ist gerade im Zeitalter der Globalisierung kein Zufall. Wer würde diesen Zusammenhang für die Abspaltung des wirtschaftlich potenten Slowenien bestreiten, die den Zerfall des Vielvölkerstaats Jugoslawien einleitete? Warum sind es gerade politische Strömungen in den weltwirtschaftlich integrierten Regionen des italienischen Nordens, die einem nationalen Separatismus das Wort reden? Weshalb hat der Autonomie- und Unabhängigkeitsgedanke vor allem in den wirtschaftlich stärksten Regionen der iberischen Halbinsel, in Katalonien und im spanischen Euzkadi, Fuß gefaßt?

Insgesamt ist in den jeweils reicheren Ländern die Überzeugung in breiten Bevölkerungsschichten verankert, daß der Staat für die Angehörigen "seiner" Nation zu sorgen habe, hingegen "Fremde" und Zugewanderte fernzuhalten oder doch mit deutlich minderen Rechtsansprüchen abzuspeisen sind. Rassismus und Nationalstaatsgedanke sind in der Moderne eng miteinander verwandt.

Zu Recht gilt das Konzept der europäischen Einigung als langfristige Strategie, die geeignet ist, die Nationalstaatsbildung auf unserem Kontinent schrittweise zurückzunehmen oder sie zumindest in transnationale Strukturen einzubinden. Daß aller Voraussicht nach Ablauf des Jahres 1998 elf europäische Länder mit einer gemeinsamen Währung starten werden, ist da ein wichtiger Schritt voran. In einer Zeit universeller Marktbeziehungen ist die Währung das vermutlich wichtigste Symbol nationaler Identität, nicht trotz, sondern gerade wegen der materialen Bedeutungslosigkeit von Geld. Der Ersatz von elf Nationalwährungen durch den Euro wird vermutlich dem Nationalbewußtsein wichtige Stützpfeiler im stark vermarkteten Alltagsleben entziehen.

Zugleich wird das die beteiligten Einzelstaaten zwingen, ihre Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sehr viel enger als bisher zu koordinieren. Wenn in einem Währungsraum die Einzelstaaten durch besondere Förderpolitik, Steuervergünstigungen, Umwelt- oder Lohndumping um Wirtschaftsbetriebe konkurrieren, lassen sie sich auf ein Spiel ein, in dem es nur Verlierer gibt. Ist der Euro eingeführt, bietet sich zu mehr Gemeinsamkeit in der Wirtschafts-, Umwelt-, Steuer- und Sozialpolitik keine Alternative. Nur die derzeitige deutsche Bundesregierung, die sehr eindimensional um die politische Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank besorgt ist, hat das bisher nicht begreifen wollen. Sonst hätte sie sich auf den Luxemburger Regierungsgipfeln im November und Dezember nicht sowohl gegen eine koordinierte Beschäftigungspolitik wie gegen eine europäische Wirtschaftsregierung - beides Vorschläge der französischen Linksregierung - so gesträubt.

Die Überwindung und Einbindung des europäischen Nationalstaats wird im Selbstlauf wirtschaftlicher Verflechtungen nicht gelingen. Der Euro wirkt nicht wie Hegels List der historischen Vernunft. Schon weil der Währungsraum geographisch wie demographisch den größeren Teil des Kontinents ausschließt, greift die ökonomistische Strategie zu kurz. Noch ist nicht ausgemacht, ob die gemeinsame Währung in zunächst elf Ländern den Zusammenhalt Gesamteuropas stärkt oder schwächt. Konkrete Beitrittsverhandlungen werden nur mit fünf mitteleuropäischen Ländern geführt, auch betreffen sie allein deren Aufnahme in die EU, nicht ihre Einbindung in den gemeinsamen Währungsraum.

Es wird also im günstigen Fall drei Ebenen in der europäischen Zusammenarbeit geben: die Euro-Länder (erst 11, bald 14 Staaten), die EU-Länder (maximal 21) und den Rest, der sich mit dem engeren Kreis hin und wieder im unverbindlichen Forum des Europarats versammelt. Wesentliche Probleme der wechselseitigen Beziehungen sind bisher nicht oder nur unzureichend bedacht. So soll die Einführung des Euro erklärtermaßen einen Modernisierungsschub in den teilnehmenden Ländern auslösen. Sollte diese Prognose wirklich eintreten, würde zugleich das Entwicklungsgefälle zwischen den "ins" und den "outs" in Europa weiter vergrößert, die Integration der "outs" würde damit erschwert.

Die Ausgrenzung der "ungeklärten" Nationalstaaten

Als überbrückende Strategie ist den Euro-Technokraten da bisher nur verstärktes wirtschaftliches Wachstum und das System der Heranführungshilfen eingefallen. Die Option "mehr Wachstum" ist aber umweltpolitisch nicht zu verantworten, da sie mehr Energie- und Ressourcenverbrauch sowie, darin eingeschlossen, verstärkten motorisierten Verkehr nach sich zieht. Sie erhöht zudem das Risiko gesamtwirtschaftlicher Depressionen durch Konjunktur"überhitzung".

Die Heranführungshilfen hingegen stellen kaum mehr als wirtschaftspolitische Placebos dar, die eine schwierige gesamteuropäische Umverteilungspolitik nicht ersetzen können. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen ab dem Jahr 2000 für die elf Kandidatenländer zusammen pro Jahr 3 Milliarden Euro (rund 6 Mrd. DM) als Beitrittsvorbereitung zur Verfügung gestellt werden, das sind 0,04 Prozent des Gemeinschafts-Bruttosozialprodukts. Zum Vergleich: Der Marshallplan erreichte für alle europäischen Länder, die seinerzeit in seinen Genuß kamen, 1 Prozent des damaligen Brutto-Sozialprodukts der USA (nach Berechnungen der Europa-Abgeordneten Edith Müller).

Eine Erhöhung der Heranführungshilfen erscheint also gemäß der inneren Logik der europäischen Förderpolitik unabweisbar. Die Chancen ihrer Durchsetzung sind jedoch gering, da Mitgliedsländer wie Spanien, Portugal und Griechenland klar angekündigt haben, daß sie eine Osterweiterung der EU nur zum Nulltarif und insbesondere nur dann akzeptieren, wenn sie keine Abstriche an der ihnen zufließenden Strukturhilfe hinnehmen müssen.

Allein aus den Erfahrungen des deutschen Föderalismus läßt sich aber lernen, daß ein einheitlicher Währungsraum starken Druck auf Einführung eines innereuropäischen Finanzausgleichs ausüben wird. Daß es selbst im vertrauten Schema des Nationalstaats massive Konflikte um einen Länderfinanzausgleich zwischen den Alpen und der Nordsee gibt, ist bekannt und dürfte im Laufe des Jahres 1998 noch intensiver erlebt werden. Das Entwicklungsgefälle innerhalb der EU ist jedoch zwischen dem Rhein und Guadalquivir oder der Ile de France und Sizilien eher größer. Es liegt in der Logik bisheriger Strukturpolitik, auf damit entstehende Migrationsströme, auf regionale und soziale Verarmung durch Finanztransfer in umgekehrter Richtung, von reichen in arme Euro-Regionen, zu reagieren. Damit wird es politisch schwieriger, die Transfermittel für europäische Länder außerhalb der EU zu halten, geschweige denn zu erhöhen.

Nun kann und darf die Aufgabe der gesamteuropäischen Einigung nicht mit Quantitäten des Geldtransfers aufgewogen werden. Und es muß auch gefragt werden, ob der schwierige sozio-ökonomische Strukturwandel, dem sich alle mittel- und osteuropäischen Länder zu stellen haben, überhaupt mit zugeschossenem Kapital bewältigt werden kann. Vielleicht sollte eine kritische europäische Öffentlichkeit, länderübergreifend, sich endlich der Frage stellen, ob denn die Kapitalwirtschaft, deren Vormarsch den schwierigen Strukturwandel erzwingt, diesen ohne Massenarbeitslosigkeit und Massenelend bewerkstelligen kann, ja, ob er überhaupt unter diesen Rahmenbedingungen durchführbar ist.

Wie soll denn etwa die Berufsstruktur eines noch gutgestellten Landes wie Polen nach dem zugemuteten Strukturwandel aussehen, einem Land, in dem 1995 27 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt waren, dessen Küstenstädte von auslaufender Werftindustrie abhängen, und wo über 10 Prozent der Menschen in einer altindustriellen und extrem umweltverseuchten Region - Gorny Slonsk (Oberschlesien) - leben, deren jetzige Wirtschaftsstruktur keine Zukunftsperspektive hat? Welche Wirtschaftssektoren sollen den massenhaft freigesetzten Menschen Beruf und Auskommen bieten, wenn sich Polens Erwerbsstatistik der EU angleicht, derzeit 5,5 Prozent landwirtschaftlich Erwerbstätige, in Deutschland nur 3 Prozent? Wie sollen Dienstleistungssektor und moderne Technologien je diese Chance bieten, wenn deren Expansion mit der gegenwärtigen Rationalisierung der Arbeit weiter zusammengeht? Die Informations- und Umwelttechnik der Zukunft wird eben nicht arbeitsintensiv sein.

Der ökonomistische Weg zur europäischen Einigung führt nicht weit. Er wird von Widersprüchen, wirtschaftlichen Krisen und sozialen Verwerfungen, wenn nicht Katastrophen begleitet sein. Ein Europa, das sein Schicksal in die Hände einer zum Wachstum verurteilten Kapitalwirtschaft legt, setzt nicht auf Vereinigung, eher auf gemeinsamen Untergang. Wie soll denn dieser Kontinent allein die zusätzlichen Umweltbelastungen verkraften, die zusätzlich erzeugten Klimagase verantworten, die eine prognostizierte Zunahme des motorisierten Verkehrs - um über 100 Prozent in zehn Jahren nur in der EU - bewirkt? Wie soll er das, wenn der massive Strukturwandel in allen, insbesondere in den mittel- und osteuropäischen Ländern, keine neuen Berufs- und Lebensperspektiven für breite Bevölkerungsschichten öffnet? Dem Abbau nationalstaatlichen Denkens wird das nicht förderlich sein.

Die Art der gesellschaftlichen Modernisierung, die Europa nach dem Selbstlauf der Kapitalwirtschaft bevorsteht, hat bisher nur dem Aufschwung nationalistischen Denkens und teilweise den Rückfall in primitive Nationalstaatlichkeit gefördert. Die Überwindung des Nationalstaats, die uns als historisches Vermächtnis der 48er Revolutionen, ihres Scheiterns bleibt, ist also eine primär gesellschaftspolitische Aufgabe. Sie darf nicht den globalen Finanzmärkten und auch nicht dem Selbstlauf der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Binnenmarkt, in assoziierten Märkten und im Euroraum überlassen werden. Ein Europa, das unter den Akkumulations- und Gewinnzwängen der Kapitalwirtschaft zusammenwächst, wird eine Renaissance nationalistischer Strömungen und eine Stärkung nationalstaatlicher Egoismen erleben.

Deshalb haben wir uns der Idee "Europa" nicht verschrieben. Nicht deshalb sind wir bis heute der länderübergreifenden Solidarität, die die Utopie des Völkerfrühlings von 1848 auch enthält, verpflichtet. Nicht deshalb schätzen wir die Gesellschaften dieses Kontinents gerade in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt.

Wenn wir dem Vermächtnis der 48er folgen, müssen wir den Prozeß der europäischen Einigung korrigieren. Vorrang vor wirtschaftlichen Verflechtungen muß die Herstellung einer gesamteuropäischen Verantwortungsgemeinschaft haben, in der die Sicherung von Demokratie, von individuellen und kollektiven Bürgerrechten und die Herstellung einer Umwelt- und Sozialunion mindestens gleichrangig zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit stehen. Im abgelaufenen Jahr wurde diese Kritik sowohl am Amsterdamer Vertrag zur Weiterentwicklung der Europäischen Union wie an den zu eng neoliberalen Vorgaben der Währungsunion geübt. Was die Einführung des Euro betrifft, hat die Kritik auch zu begrenzten Korrekturen geführt, zum europäischen Beschäftigungspakt und zur Verpflichtung engerer wirtschaftspolitischer Zusammenarbeit.

Das ist allerdings lange nicht ausreichend, und vor allem, es bleibt auf den Kreis der jetzigen EU-Mitgliedsländer beschränkt. Die Herstellung einer Demokratie, einer Umwelt- und einer Sozialunion ist aber eine gesamteuropäische Aufgabe. Sie darf weder auf die Zeit der Heranführung weiterer Länder an die EU verschoben werden, noch sollte sie dem sozio-ökonomischen Strukturwandel, der vor allen Dingen den mittel- und osteuropäischen Ländern bevorsteht, nachgeordnet werden. Dazu müssen jetzt die gesamteuropäischen Institutionen geschaffen werden, und zwar ohne Trennung in Kandidatenländer, mit denen Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden und solche, die im Wartestand gehalten werden.

Daß die Synthese von Demokratisierung und Nationalstaatlichkeit zu Schwierigkeiten führt, war eine Lehre der 48er Revolutionen. Und wir sollten aus der Geschichte auch gelernt haben, daß die staatliche Einbindung in gesamteuropäische Zusammenhänge einen möglichen Ausweg weist. Heute jedoch bleiben der EU-Erweiterung vor allem solche Regionen außen vor, in denen die Nationalstaatsbildung in die altbekannten Widersprüche und Konflikte führt. Die jetzigen Beitrittskandidaten sind, mit Ausnahme Estlands und Zyperns, die einzigen unproblematischen Nationalstaaten in Mittel- und Osteuropa. Die baltischen Länder, Moldawien und die Ukraine haben starke russische Minderheiten, die Slowakei verweigert den Rechten der Ungarn (und der Roma) bisher die Anerkennung, aus Rumänien wird eine erhebliche Diskriminierung der starken Minderheit der Roma und eine Ausgrenzung der Ungarn berichtet, nur Bulgarien hat gegenwärtig die Stellung der türkischen Minderheit erkennbar gelöst. Über den blutigen Zerfall Jugoslawiens in ethnisch weiter heterogene Nationalstaaten und die ungelöste albanische Frage muß nicht geredet werden. Es fällt aber auf, daß im europäischen Südosten einzig Slowenien, das Land, dessen Nationalstaatsbildung wegen der zu 90 Prozent "homogenen" ethnischen Struktur unproblematisch verlaufen konnte, in den Kreis der EU aufgenommen werden soll.

Aus dem europäischen Einigungsprozeß dürfen keinesfalls die Länder ausgeschlossen bleiben, die aus dem Teufelskreis des inneren Nationalismus herausmüssen. Das Dilemma dieser Länder kann auch nicht dadurch gelöst werden, daß ihre Ausgrenzung - wie im Fall der Slowakei und der Türkei - zu Recht mit ethnischen Diskriminierungen und Verfolgungen durch den jeweiligen Staatsapparat begründet wird. Europa braucht eine neue Vereinigungsstrategie, die vor allem die vom Scheitern bedrohten Nationalstaaten unter der eindeutigen Voraussetzung und Bedingung einbezieht, daß sie Demokratie, Gleichberechtigung und Autonomie von Minderheiten im Staat sicher gewährleisten. Auch Länder wie Bosnien-Herzegowina, Serbien, Mazedonien und Albanien sind ein-, nicht auszuschließen. Sei es in einer nicht ökonomisch geleiteten Erweiterungsstrategie der EU, sei es in einem Europarat, der sich vom unverbindlichen Konferenztisch zu einer ernsthaften Demokratie-, Umwelt- und Sozialunion entwickelt.

Die Alternative dazu ist eine ständige Kriegs- und Bürgerkriegsgefahr in den unstabilen Nationalstaaten, mit negativen Folgen für alle europäischen Länder. Es gilt aber, die 48er Utopie des Völkerfrühlings in ihrem solidarischen, nicht in ihrem ausgrenzenden Gehalt endlich einzulösen. Daran sollten wir denken, wenn wir das Jubiläum dieser europäischen Revolution von Palermo bis Berlin, von Paris bis Krakau feiern.