Erwerbs- und Bürgerarbeit

Über Erwerbsneigungen, Engagementsbereitschaften und andere Vorlieben

Holger Backhaus-Maul

 

 

Die postmaterialistischen Debatten der 80er Jahre über die Sinnentleerung und das Ende der Erwerbsarbeit haben in den 90er Jahren ihre politikbildende Kraft (weitgehend) verloren. Der Erwerbs- und der daraus abgeleitete KonsumentInnenstatus sind heute von herausragender Bedeutung für das individuelle Selbstbewußtsein und die gesellschaftliche Wertschätzung der Bürgerinnen und Bürger. TransferleistungsempfängerInnen soll nun die "Bürgerarbeit" angetragen werden.

 

Deutschland ist - wie seine west- und ostdeutschen Vorgängerinnen - eine Erwerbsgesellschaft. Das so liebevoll als Erwerbsneigung bezeichnete Streben der Deutschen ist ungebrochen, und die Zahl der Erwerbstätigen und der Arbeitssuchenden steigt kontinuierlich an. Die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik Deutschland ist seit Jahren durch ein beständiges Wirtschaftswachstum gekennzeichnet, das aber nicht zu einer nachhaltigen Senkung der Erwerbslosenquote beigetragen hat. Hierbei haben wir es mit einem Phänomen globalen Wirtschaftens zu tun, bei dem Kapitalgewinne in schwindelerregende Höhen steigen, während ArbeitskraftbesitzerInnen mit stagnierenden oder sinkenden Realeinkommen "belohnt" werden.

Auf diese sukzessive Entwertung menschlicher Arbeitskraft reagieren die wirtschaftlich führenden Nationalstaaten mit unterschiedlichen Strategien. Die USA und die Niederlande etwa sind bestrebt, durch eine Politik der institutionellen Flexibilisierung mehr Personen in den Erwerbsarbeitsmarkt einzubinden, während in Deutschland vergleichbare nationalstaatliche Strategien in vergangenen Legislaturperioden nicht feststellbar waren. In den USA wurde die Erwerbslosenquote (vor allem) durch die Expansion des Niedriglohnsegments im Dienstleistungssektor gesenkt, während in den Niederlanden die Zahl der Erwerbstätigkeiten bei relativ gleichem Arbeitsvolumen im wesentlichen durch die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen und Freistellungsregelungen erhöht wurde. In Deutschland wurden beschäftigungspolitische Aufgaben in den 90er Jahren in die sozialen Sicherungssysteme verschoben. Die überfällige beschäftigungs- und gesellschaftspolitische Debatte wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

Unter diesen Bedingungen einer konventionellen Politik des "Weiter so" wirkt der Abschlußbericht der "Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen" mit seinen Vorschlägen zur Verbesserung der Beschäftigungslage zunächst einmal erlösend. Insbesondere der dritte Teil des Abschlußberichts befaßt sich ausführlich mit beschäftigungs- und einkommenspolitischen Maßnahmen:

1. Die Senkung der Lohnneben- und der Arbeitskosten wird als ein wesentlicher Anreiz für unternehmerisches Handeln angesehen. Besonderes Augenmerk wird dabei einerseits auf niedrige Beiträge und Steuern für Leistungen der sozialen Sicherung und andererseits auf verbesserte Möglichkeiten zur individuellen Vermögensbildung gerichtet (vgl. Kommission 1997: S. 74-104, 111-114).

2. Durch eine Erhöhung des Anteils von Teilzeitarbeitsplätzen und verbesserte Optionen für einen befristeten Ausstieg aus der Erwerbsarbeit soll die Gesamtzahl der Erwerbstätigen erhöht werden (vgl. Kommission 1997: S. 140-145).

3. Die Kommission vertritt - unter Verweis auf entsprechende beschäftigungspolitische Strategien in den USA - die Meinung, daß es in Deutschland zu wenige Arbeitsplätze im Niedriglohnsegment gibt, die preiswerte Dienstleistungsangebote erstellen (vgl. Kommission 1997: S. 125-126). Die ungenutzten Potentiale sieht die Kommission in folgenden Bereichen:

-- "einfache hauswirtschaftliche Dienste wie Raumpflege, Wäsche waschen, Mahlzeiten zubereiten und einkaufen,

-- einfache soziale Dienste, das heißt solche für hilfs- und betreuungsbedürftige Menschen, wie einfache häusliche Altenhilfe und einfache Kinderbetreuung,

-- einfache Freizeitdienste wie aushilfsweises Bedienen in der Gastwirtschaft, Gepäcktragen am Bahnhof oder Helfen am Skilift (?!,H. B-M.),

-- einfache "Lifestyle-Dienste", zum Beispiel Zugezogenen in der neuen Stadt helfen, sich zurechtzufinden".

"Einfach" sind diese Dienste in dem Sinne, daß Menschen sie ohne Kenntnisse und Fähigkeiten erbringen können. Zumeist haben sie eine geringe Produktivität und werden - wenn sie über den Markt erbracht werden - entsprechend gering bezahlt" (Kommission 1997: S. 116). Der Schaffung derartiger Dienstleistungsarbeitsplätze im Niedriglohnsegement wird von der Kommission eine hohe arbeitsmarktpolitische Bedeutung beigemessen (vgl. Kommission 1997: S. 116-136): "Eine Ausweitung einfacher, personenbezogener Dienste würde nicht nur das Erwerbsarbeitsvolumen erhöhen, sondern auch die Arbeitslosigkeit senken. Einfache Dienste sind besonders geeignet, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, da sie besonders arbeits- und damit beschäftigungsintensiv sind" (Kommission 1997: S. 117).

 

Absichten und Effekte

Das beschäftigungspolitische Kernstück des Berichts kommt in der schlicht formulierten Forderung "einfache personenbezogene Dienste ausbauen" (Kommission 1997: S. 116) zum Ausdruck. Eine derartige politische Strategie ist nach Einschätzung der Autoren aber voraussetzungsreich. Einerseits muß bei einer nennenswerten Anzahl von Personen - trotz niedriger Löhne - die Bereitschaft entstehen, einfache Dienstleistungsarbeiten zu erbringen. Andererseits muß in einer Gesellschaft, in der viele einfache Dienstleistungen in Eigenarbeit erledigt werden, die Bereitschaft geweckt werden, diese Leistungen von Dritten gegen ein geringes Entgelt käuflich zu erwerben.

Eine ausdifferenzierte und zugleich preiswerte Palette personenbezogener Dienstleistungsangebote ermöglicht es den Kerngruppen der Erwerbsgesellschaft, durch Zukauf spezifischer und - gemessen am eigenen Gehalt - "billiger" Dienstleistungsangebote, extensiver als bisher zu arbeiten. Infolgedessen könnte die Erwerbsneigung der Kerngruppen des Arbeitsmarktes durch die Expansion eines preiswerten Dienstleistungssektors weiterhin wachsen, während zugleich in den Randbereichen und im Niedriglohnsegment des Arbeitsmarktes neue Arbeitsplätze entstehen.

Wenn ein derartiger Dienstleistungssektor mit Niedriglöhnen politisch gewollt und gefördert wird, rechnet die Kommission mit sinkenden Realeinkommen im Bereich der unteren Einkommensgruppen und einer forcierten Ausdifferenzierung zwischen den Einkommensgruppen: "Statt geringe Erwerbseinkommen durch Transfers zu ergänzen, kann die Bevölkerung auch hinnehmen, daß der Lebensstandard von Teilen der Erwerbsbevölkerung zusammen mit deren Einkommen abnimmt" (Kommission 1997: S. 138). Die Verbilligung der Ware Arbeitskraft hat nach Ansicht der Kommission "unerwünschte Wirkungen": Die Einkommensungleichheit wächst. Armut wird ausgeprägter. Soziale Spannungen steigen insbesondere in urbanen Ballungsräumen" (Kommission 1997: S. 139).

Die Kommission benennt derartige unerwünschte Entwicklungen in aller Deutlichkeit und verweist darauf, daß es hierzu nicht einer wissenschaftlichen, sondern einer politischen Entscheidung bedürfe. Dem Selbstverständnis der Kommission zufolge besteht ihre Aufgabe darin, Handlungsalternativen zu beschreiben, während Politik die Aufgabe hat, zu entscheiden - Niklas Luhmann hätte an dieser Differenzierung seine Freude gehabt. Gleichwohl wird die Kommission - gemessen an ihrem eigenen wissenschaftlichen Anspruch - elementaren Kriterien wissenschaftlichen Argumentierens nicht gerecht, da sie nur selektiv die ihrem politischen Auftrag entsprechenden Strategien präsentiert und auf die Darstellung unterschiedlicher Handlungsalternativen und -szenarien verzichtet. Die fachlich produktive und professionell sinnvolle Unterscheidung zwischen wissenschaftlichem Bericht einerseits und politischen Absichten und Empfehlungen andererseits verliert im Handgemenge der Politikberatung ihre Konturen. So verläßt die Kommission bei der Suche nach geeigneten Strategien im Abschlußkapitel des dritten Bandes den Pfad der wissenschaftlichen Darstellung, wenn sie mit aller "Bescheidenheit" in der Rolle des politischen Akteurs nichts geringeres als die Abschaffung des Systems der sozialen Sicherung fordert (vgl. Kommission 1997: S. 206-210, kritisch dazu Offe/Fuchs 1998). Dabei geht es ihr um die "Beschränkung der staatlich organisierten umlagefinanzierten Daseinsvorsorge auf das existentiell Notwendige" (Kommission 1997: S. 297) sowie um die Regionalisierung der Sozialversicherungen und damit um das Ende einer finanziellen Umverteilung im nationalstaatlichen Rahmen (vgl. Kommission 1997: 203).

 

Pfade nach Utopia?

Die Kommission zielt mit ihren beschäftigungs- und einkommenspolitischen Strategien somit auf zwei Bevölkerungsgruppen: Erstens auf die Kerngruppen des Arbeitsmarktes und zweitens auf die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossenen, aber erwerbsgeneigten Bevölkerungsgruppen, wie etwa (Dauer-)Arbeitslose, Hausfrauen/-männer oder Jugendliche (vgl. auch Kommission 1997: S. 165). Den Kerngruppen des Arbeitsmarktes empfiehlt die Kommission, weniger zu arbeiten und sich etwa freiwilligen Tätigkeiten zuzuwenden, und beläßt es bei derartig unverbindlichen Hinweisen. Ihr Hauptaugenmerk richtet die Kommission auf die zweitgenannte Gruppe. Für die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossenen, aber erwerbsgeneigten Bevölkerungsgruppen hat die Kommission die Übernahme einfacher, geringbezahlter Dienstleistungstätigkeiten vorgesehen.

In den übrigen Fällen, in denen die Integration in einfache Dienstleistungstätigkeiten nicht erfolgreich oder möglich zu sein scheint, sollen unbezahlte freiwillige und gemeinnützige Tätigkeiten angeboten werden. Für derartige Tätigkeiten hat das Kommissionsmitglied Ulrich Beck den Begriff der Bürgerarbeit kreiert. Sie nimmt in den beschäftigungs- und einkommenspolitischen Überlegungen der Kommission eine intermediäre Schlüsselposition zwischen Erwerbstätigkeit und Sozialhilfebezug ein: Einerseits soll sie für die Kerngruppen des Arbeitsmarktes derart attraktiv sein, daß einige von ihnen ganz oder teilweise, für immer oder befristet, auf Erwerbsarbeit verzichten. Andererseits soll Bürgerarbeit TransferleistungsbezieherInnen dazu bewegen, sich in Erwartung von Sinnangeboten, Gemeinschaftserlebnissen und Qualifizierungsmöglichkeiten als BürgerarbeiterInnen zu betätigen. Diese politische Wunschvorstellung steht im Gegensatz zu den empirischen Befunden einer von der Kommission in Auftrag gegebenen Expertise.

In diesem von Rolf G. Heinze, Heiner Keupp und ihren MitarbeiterInnen anhand der Auswertung des sozioökonomischen Panels erstellten Gutachten kommen die Autoren zu dem Schluß, daß die Kerngruppen der Erwerbsgesellschaft, und eben nicht arbeitsmarktferne Gruppen wie etwa LangzeitbezieherInnen von Sozialhilfeleistungen, die Träger von Bürgerarbeit sind: Das freiwillige Engagement wächst mit steigender Erwerbsbeteiligung (vgl. Heinze/Keupp 1997 sowie Kommission 1997: S. 149). Auf diesen Befund weist auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seinen Stellungnahmen zum Kommissionsbericht hin (vgl. DIW 1998; Wagner 1998). Folglich kommt es darauf an, den Kerngruppen des Arbeitsmarktes, die zugleich die Aktivgruppen des freiwilligen Engagements sind, attraktive und sinnstiftende Engagementmöglichkeiten anzubieten. Im Kommissionsbericht wird dieser Personenkreis - in Verkennung der empirischen Befunde - bei der konkreten Ausgestaltung von Bürgerarbeit vor Ort aber nicht berücksichtigt. Die Kommission richtet ihr Augenmerk statt dessen auf die "engagementabstinenten" EmpfängerInnen von Transferzahlungen. So antwortete Ulrich Beck in einem Interview auf die Frage, wer sich freiwillig sozial engagieren sollte: "Menschen, die vorübergehend arbeitslos sind, Jugendliche vor der Berufsausbildung, Mütter nach dem Erziehungsurlaub, ältere Menschen im Übergang zur Rente - es gibt da ganz unterschiedliche Gruppen" (vgl. König 1998). Wenn politischer Wunsch und empirische Realität so weit auseinander klaffen, dauert es nicht lange, bis ein politischer Handlungsbedarf konstatiert wird.

Folgt man den Äußerungen führender Kommissionsmitglieder wie Beck, so geht es letztlich nicht darum, Bürgerarbeit als ein attraktives, unentgeltliches und selbstgewähltes Betätigungsangebot für Kerngruppen des Arbeitsmarktes auszugestalten, sondern die EmpfängerInnen staatlicher Transferleistungen (Sozialhilfe/Grundsicherung) nachdrücklich und öffentlichkeitswirksam auf ihre Verantwortung zur Bürgerarbeit hinzuweisen. Bürgerarbeit - so Ulrich Beck - "muß eine attraktive Arbeitsform werden. Sie sollen nicht entlohnt, aber belohnt werden - mit einem Bürgergeld, das als minimale Existenzsicherung letztlich allen zur Verfügung steht, die darauf angewiesen (sind, H. B-M). Die Maßstäbe sind die gleichen wie bei der Sozialhilfe. Deshalb kann das erforderliche Geld aus den Haushalten der Sozialhilfe, gegebenenfalls der Arbeitslosenhilfe entnommen werden" (vgl. König 1998).

Unter diesen Bedingungen ist davon auszugehen, daß Bürgerarbeit erhebliche Verteilungswirkungen zugunsten der Kerngruppen des Arbeitsmarktes entfaltet. Die BürgerarbeiterInnen sollen durch ihre kostenlosen Tätigkeiten öffentliche Aufgaben zum Vorteil aller erfüllen, während die Kerngruppen des Arbeitsmarktes mit ihren Steuern und Beiträgen nur noch Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung auf Sozialhilfeniveau zu finanzieren haben. Damit werden die finanziell leistungsstarken Gruppen in erheblichem Umfang aus ihrer Verantwortung zum sozialen Ausgleich und bürgerschaftlichen Engagement entlassen, während die von der Erwerbsarbeit Ausgeschlossenen zur Bürgerarbeit und materiellen Bescheidenheit aufgefordert werden.

Warum aber sollte Bürgerarbeit für Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen reizvoll sein? Die Bereitschaft zur Übernahme gering bezahlter Dienstleistungstätigkeiten soll nach Ansicht der Kommission vor allem durch grundlegende Veränderungen im System der sozialen Sicherung, insbesondere in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, nachhaltig befördert werden.1

Den von der Erwerbsarbeit Ausgeschlossenen soll allenfalls eine existenzsichernde Grundsicherung auf Sozialhilfeniveau angeboten werden. Wenn damit aber Erwerbsarbeit als der zentrale gesellschaftliche Integrationsmodus für eine nennenswert große Bevölkerungsgruppe dauerhaft außer Kraft gesetzt wird, stellt sich die Frage der sozialen und politischen Integration. Auf diese sozialintegrative und politische Leerstelle verweist das Konzept der Bürgerarbeit, bedient sich aber paternalistischer Vorstellungen und fürsorgerischer Instrumente aus längst vergangen geglaubten Zeiten.

 

Literatur:

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (1998): "Bürgerarbeit": Kein sinnvoller Weg zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit, Wochenbericht, Nr. 4/1998

Heinze, Rolf G.; Keupp, Heiner (1997): Gesellschaftliche Bedeutung von Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit. Gutachten für die Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, Bochum/München

Koch, Hannes (1998): Veredelte Almosen, in: taz, 22.1.98

König, Jens (1998): "Mutter Teresa und Bill Gates in einer Person", Interview mit Ulrich Beck, in: taz, 2.2.98

Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen (1997): Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland. Entwicklung, Ursachen und Maßnahmen, Teil III, Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungslage, Bonn: Eigenverlag

Offe, Claus; Fuchs, Susanne (1998): Wie schöpferisch ist die Zerstörung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 43, 3, S. 295-300

Wagner, Gerd (1998): Soziale Abenteuer als Pseudoalternative, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 43, S. 3, 300-306

 

1 Unter der populären Losung "Soziale Sicherung umbauen" (Kommission 1997: S. 92) wird die Herausnahme sozialpolitisch gewünschter Leistungstatbestände bzw. sog. versicherungsfremder Leistungen aus den Sozialversicherungen vorgeschlagen. Hierbei handelt es sich z.B. um die Berücksichtigung von Erziehungs- und Pflegezeiten in der Rentenversicherung sowie um die Mitversicherung von nicht erwerbstätigen Familienmitgliedern in der Krankenversicherung (Kommission 1997: S. 111-114). Mit der Ausgliederung derartiger Leistungen aus den Sozialversicherungen wird die Leistungserbringung abhängig vom sozialpolitischen Willen der jeweiligen Bundesregierung. Noch weitreichendere Folgen ergeben sich aus den Überlegungen, die Statussicherung von Sozialversicherten zukünftig nicht mehr als eine öffentliche Aufgabe anzusehen. Vielmehr empfiehlt die Kommission Privathaushalten einen Einkommensmix aus Kapitaleinkünften, betrieblichen Leistungen und Sozialtransfers. Die Kommission plädiert damit für eine Aufgabenbegrenzung und Niveauabsenkung in den Sozialversicherungen sowie für eine einkommensunabhängige Grundsicherung. Das System der sozialen Sicherung erhält damit zusehends den Charakter einer staatlich garantierten Basisabsicherung bzw. "Teilkaskosicherung".